Rz. 226

[Autor/Stand] Letztmalige Nutzung von Wertminderungen. Nach Auffassung des BFH zu den bisherigen Fassungen des § 6 werden nur Vermögenszuwächse der Wegzugsbesteuerung i.S.v. § 6 unterworfen, Wertminderungen in den Anteilen führen aber nicht zu einem berücksichtigungsfähigen (fiktiven) Veräußerungsverlust (ausf. dazu Rz. 540 ff.). Nach Auffassung des Gesetzgebers gilt dieses Verständnis auch für § 6 i.d.F. des ATADUmsG.[2] Selbst wenn der Steuerpflichtige im Wegzugszeitpunkt sowohl wertgesteigerte als auch wertgeminderte Anteile hält, soll es nicht zu einer (gegenläufigen) Berücksichtigung der Wertminderungen i.R. des § 6 kommen. Dies gilt nach Verwaltungsauffassung auch dann, wenn diese Anteile an derselben Gesellschaft bestehen.[3] Der Steuerpflichtige bzw. sein Berater sollten sich daher vor dem Wegzug Gedanken machen, wie Wertminderungen in den Anteilen noch vor Wegzug mit steuerrechtlicher Wirkung realisiert werden können.[4] Jede steuerrechtliche "Veräußerung" i.S.v. § 17 EStG ist hier grds. geeignet, eine entsprechende vorgezogene Verlustrealisation herbeizuführen.[5] Soweit die Verlustabzugsverbote i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG oder § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht greifen, kann die Verlustrealisation bspw. durch echten Verkauf an Mitgesellschafter oder Familienangehörige erfolgen. Denkbar ist auch die verdeckte Einlage in eine andere Kapitalgesellschaft (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG) oder die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Mitunternehmerschaft. Schließlich kommen auch die in § 17 Abs. 4 EStG angesprochenen "Veräußerungen" in Betracht, die jedoch (wenn überhaupt) i.d.R. schwieriger bzw. nur mit längerer Vorlaufzeit (v.a. sog. Sperrjahr bei Liquidation und Kapitalherabsetzung) darstellbar sind. Die (auch unmittelbar) vor den Wegzug gezogene verlustrealisierende Maßnahme ist kein Missbrauch von Gestaltungsmaßnahmen.[6] Dem Steuerpflichtigen steht es grds. frei, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts steht nicht nur im Einklang mit § 17 EStG, sondern entspricht auch dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.[7] Jenseits der Fälle des § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG bzw. § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG verstößt der Steuerpflichtige mit der Veräußerung seiner Anteile nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung, sondern macht lediglich von einer ihm durch das Gesetz eingeräumten Möglichkeit Gebrauch. Stimmt die Gestaltung mit den gesetzlichen Zielen überein, bedarf es weiterer, insbesondere außersteuerlicher Motive hierfür grundsätzlich nicht.[8]

 

Rz. 227

[Autor/Stand] Ausschüttungsmanagement. Hat eine inländische Kapitalgesellschaft, an der der Wegziehende beteiligt ist, thesaurierte Gewinne, kann es zu deren doppelter Berücksichtigung für steuerliche Zwecke kommen, wenn die thesaurierten Gewinne einerseits gewinnerhöhend auf den gemeinen Wert der Anteile im Wegzugszeitpunkt Einfluss genommen haben und es bei einer Ausschüttung der Gewinnrücklagen nach dem Wegzug zu einer weiteren steuerlichen Erfassung kommt (s. Beispiel in Rz. 39). Schlimmstenfalls wird hierdurch die durch § 6 Abs. 1 ausgelöste Steuer bei Überschreiten der Auskehrungsgrenze sofort (anteilig) fällig gestellt (§ 6 Abs. 4 Abs. Satz 5 Nr. 5) oder ein späterer Weg über die Rückkehrregelung ganz oder teilweise versperrt (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2). Bei einem dauerhaften Wegzug kann es sich daher ggf. anbieten, die thesaurierten Gewinne bereits vor dem Wegzug auszuschütten.[10] Hat der Steuerpflichtige die Wegzugsbesteuerung in Deutschland ohne vorgezogene Gewinnausschüttung in Kauf genommen, ist im DBA-Fall zu erwägen, dass anstelle einer Gewinnausschüttung (deutsches Quellensteuerrecht i.H.v. 15 %, vgl. Art. 10 Abs. 2 OECD-MA) die Beteiligungsgesellschaft vom Gesellschafter eigene Anteile erwirbt, die sie anschließend ggf. einzieht. Aus Sicht des Gesellschafters handelt es sich nach Verwaltungsauffassung[11] und BFH[12] steuerrechtlich um eine Veräußerung i.S.v. § 17 EStG.[13] Erhebt der Zuzugsstaat keine Steuer auf Veräußerungsgewinne (z.B. Schweiz) oder berücksichtigt er als Anschaffungskosten der Beteiligung den gemeinen Wert im Zuzugszeitpunkt, kann der Weg über den Erwerb eigener Anteile vorteilhafter sein als eine Ausschüttung. In Deutschland bliebe eine weitere Besteuerung aus, wenn der gemeine Wert der Anteile unverändert ist oder abkommensrechtlich kein deutsches Besteuerungsrecht an dem Veräußerungsgewinnen mehr besteht. Bei nur vorübergehendem Wegzug des Steuerpflichtigen in einen DBA-Staat gelten diese Überlegungen nicht in gleichem Maße. Verzieht der Steuerpflichtige vorübergehend (§ 6 Abs. 3) in einen DBA-Staat, der auf Gewinnausschüttungen keine Steuer erhebt, kann eine nachgelagerte Gewinnausschüttung bei Ansässigkeit im ausländischen Staat interessant sein. Bei der Ausschüttung wird das deutsche Quellensteuerrecht i.d.R. auf 15 % reduziert (Art. 10 Abs. 2 OECD-MA), sodass sich in der Gesamtschau für den Steuerpflichti...

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