Rz. 1981

[Autor/Stand] Ermittlung des Sachverhalts durch die Finanzverwaltung. Im Grundsatz ist die Finanzverwaltung nach § 88 Abs. 1 AO zur Ermittlung des "Sachverhalts" einer Arbeitnehmerentsendung von Amts wegen verpflichtet.[2] Soweit die Finanzverwaltung die näheren Umstände einer Arbeitnehmerentsendung nicht abschließend aufklären kann, wird die Finanzverwaltung eine inländische Konzerngesellschaft, die als aufnehmendes oder entsendendes Unternehmen an einer Arbeitnehmerentsendung beteiligt ist, zur Mitwirkung an der Sachverhaltsermittlung auffordern.[3]

 

Rz. 1982

[Autor/Stand] Mitwirkungspflichten bei Arbeitnehmerentsendungen. Sofern inländische Konzerngesellschaften an einer Arbeitnehmerentsendung entweder als entsendendes oder als aufnehmendes Unternehmen beteiligt sind, resultiert aus § 90 Abs. 1 Satz 1 AO für das inländische Unternehmen die Verpflichtung, an der Ermittlung der für die Besteuerung erheblichen Tatsachen mitzuwirken.[5] Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den hier behandelten Arbeitnehmerentsendungen um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt, ist zudem die erweiterte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO zu beachten. Aus § 90 Abs. 2 AO resultiert für das inländische entsendende bzw. aufnehmende Unternehmen eine Sachverhaltsaufklärungs- und Beweismittelbeschaffungspflicht. Im Zusammenhang mit einer Arbeitnehmerentsendung kommt neben der Erteilung von Auskünften bspw. die Vorlage des mit dem entsandten Arbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrages, des Schriftverkehrs im Zusammenhang mit der Entsendung oder eine Tätigkeitsbeschreibung in Betracht.[6] Die Verpflichtung zur Beweismittelbeschaffung kann sich allerdings nur auf die im Ausland bereits vorhandenen Beweismittel erstrecken. Regelmäßig wird es sich um Beweismittel handeln, die für die Ermittlung der Interessenlage herangezogen werden können. Dabei ist allerdings zur beachten, dass sich die Vorlagepflicht ausschließlich auf Sachverhaltsfeststellungen und nicht auf Sachverhaltswürdigungen in Form von Gutachten und Stellungnahmen erstreckt.[7] Dies bedeutet, dass bspw. keine Vorlagepflicht für Verrechnungspreisgutachten besteht, die zur Angemessenheit von Vergleichsgehältern Stellung nehmen. In Bezug auf die aus § 90 Abs. 2 AO resultierenden Vorlagepflichtigen ist allerdings das Verhältnis zu § 90 Abs. 3 AO zu beachten. Die aus § 90 Abs. 3 AO resultierende Verpflichtung des Stpfl. zur Erstellung einer Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation betreffend die Arbeitnehmerentsendung hat im Ergebnis eine vorrangige schriftliche Auskunftsverpflichtung des Stpfl. zur Folge.

 

Rz. 1983

[Autor/Stand] Beweislastverteilung bei Arbeitnehmerentsendungen. Eine an einer Entsendung als entsendendes oder als aufnehmendes Unternehmen beteiligte inländische Konzerngesellschaft ist dazu verpflichtet, Einzelheiten der Entsendung darzulegen und unter den Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 AO auch nachzuweisen. Zudem sind die aus § 90 Abs. 3 AO resultierenden Anforderungen an die Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation zu beachten. Werden diese Verpflichtung nicht erfüllt, kann die Finanzverwaltung bei der Besteuerung des inländischen Unternehmens von dem Sachverhalt ausgehen, für den die größte Wahrscheinlichkeit spricht.[9] Im Ergebnis liegt in der Praxis im Hinblick auf die aus § 90 Abs. 3 AO resultierende Verpflichtung zur Erstellung einer Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation die Verpflichtung zum Nachweis der Fremdüblichkeit der Arbeitnehmerentsendung bei dem Stpfl.

 

Rz. 1984

[Autor/Stand] Erfüllung der Mitwirkungspflichten durch den Steuerpflichtigen. Kommt der Stpfl. seinen Mitwirkungspflichten nach, liegt die Beweislast bei der Finanzverwaltung. Dies bedeutet, dass die Finanzverwaltung durch Beschaffung betriebsexterner Fremdvergleichsdaten den Nachweis führen muss, dass ein ordentlicher Geschäftsleiter eines unabhängigen Unternehmens für den entsandten Arbeitnehmer nur einen geringeren Gehaltsaufwand getragen hätte.

[Autor/Stand] Autor: Hick, Stand: 01.03.2016
[2] Zu Einzelheiten vgl. Wünsch in Pahlke/Koenig, § 90 AO Rz. 11 ff.
[3] So auch BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 – Tz. 2.1, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 129 ff.
[Autor/Stand] Autor: Hick, Stand: 01.03.2016
[5] Zu Einzelheiten vgl. BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 – Tz. 3.2, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 129 ff.
[6] Vgl. hierzu auch Nientimp in Kroppen, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, VerwGr.ArbN. Rz. 47.
[7] Vgl. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2005, 1549 (1550); Finsterwalder, DStR 2005, 765 (767).
[Autor/Stand] Autor: Hick, Stand: 01.03.2016
[9] Vgl. Wünsch in Pahlke/Koenig, § 90 AO Rz. 43.
[Autor/Stand] Autor: Hick, Stand: 01.03.2016

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