Rz. 46.7

[Autor/Stand] BFH-Urteil v. 27.2.2019 – I R 73/16. Erstmalig aufgegriffen hatte der BFH die Grundsätze der Hornbach-Baumarkt-Entscheidung in seinem Urteil v. 27.2.2019 (I R 73/16)[2] und den darauf Bezug nehmenden Folgeurteilen. Gegenständlich war dort die Frage nach der Möglichkeit, Wertminderungen in Gesellschafterdarlehensforderungen auf der Basis von § 1 zu berichtigen.[3] Der BFH ging davon aus, dass die Hornbach-Baumarkt-Doktrin keinen Automatismus darstellt, der die zwischenstaatliche Zuordnung von Besteuerungsrechten durchgehend verdrängt.[4] Nach seiner Einschätzung hätte der EuGH die nationalen Gerichte lediglich zu einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung in der Form aufgerufen, wonach trotz Vorliegens wirtschaftlicher Gründe der Wahrung des Fremdvergleichsgrundsatzes Vorrang einzuräumen sein mag. Daneben sei im Rahmen dieser Abwägung auch dem Gegenstand der Korrektur Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere das (quantitative) Ausmaß der Verletzung des Fremdvergleichsgrundsatzes für den Fall in Betracht zu ziehen, dass die Einkünfteberichtigung wegen wirtschaftlicher Gründe unterbleibt.[5] Vor diesem Hintergrund kam der BFH zu dem Ergebnis, dass Substanzverluste einer Darlehensforderung anders zu werten sind als die unterbliebene Abrechnung von Garantiegebühren für die Gestellung einer Patronatserklärung, wie dies in dem vom EuGH entschiedenen Sachverhalt gegenständlich war. Im Rahmen der Revisionsentscheidung I R 81/17[6] verweist der BFH außerdem darauf, "dass dann, wenn die Ausreichung von Fremdkapital durch einen Gesellschafter eine unzureichende Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital ausgleicht und diese Finanzierung die Voraussetzung dafür ist, dass die darlehensempfangende Gesellschaft die ihr zugedachte wirtschaftliche Funktion (weiter) erfüllen kann, eine unterschiedliche Behandlung von Einlage und Darlehensausfall mit Rücksicht auf den auch unionsrechtlich anerkannten Geltungsanspruch der Gewinnabgrenzung nach Maßgabe fremdüblicher Bedingungen ausgeschlossen ist."

 

Rz. 46.8

[Autor/Stand] (Zu) enge Auslegung verletzt Niederlassungsfreiheit. Diese Interpretation der Hornbach-Baumarkt-Entscheidung ist in vielschichtiger Weise unzutreffend. Zunächst ist der den nationalen Gerichten durch den EuGH erteilte Auftrag zu beachten. Dieser bestand ausdrücklich in einer Überprüfung der Frage, ob dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit offensteht, im Rahmen von § 1 AStG wirtschaftliche Gründe – die auch gesellschaftsrechtlich motiviert sein können – für die Vereinbarung von im Einzelfall fremdunüblichen Bedingungen vorzubringen. Eine solche Möglichkeit hält § 1 AStG aber gerade nicht bereit (vgl. Rz. 386).[8] Weiterhin ist der Auftrag des EuGH nicht als das vom BFH verstandene Wahlrecht des Rechtsanwenders zu sehen, in Abhängigkeit von den konkreten Umständen des Einzelfalls wirtschaftlichen Gründen auf Seiten des Steuerpflichten eine mehr oder weniger gewichtige bzw. keine Bedeutung beizumessen. Vielmehr ist der Hornbach-Baumarkt-Doktrin deutlich zu entnehmen, dass dem Vorliegen wirtschaftlicher Gründe stets nachzugehen ist.[9] Einer einzelfallbezogenen Würdigung wäre allein die Frage zugängig, welche wirtschaftlichen Gründe im konkreten Sachverhalt für eine mögliche Abweichung vom Fremdvergleichsgrundsatz greifen und welche nicht.[10] Vom BFH wurde diese Prüfung gänzlich ausgeblendet. Ebenso wenig ging es dem EuGH darum, die nationalen Gerichte abwägen zu lassen, ob einzelfallbezogen entweder den vom Steuerpflichtigen dargetanen Gründen oder der Wahrung des Fremdvergleichsgrundsatzes der Vorzug gegeben werden sollte. Vielmehr gilt: Liegen wirtschaftliche Gründe vor, muss – entgegen der durch den BFH getroffenen Einschätzung – das Ziel einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten zwingend zurücktreten.[11]

 

Rz. 46.9

[Autor/Stand] Kein unionsrechtliches Gebot der Gleichbehandlung von EK und FK. Auch kann weder der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Hornbach-Baumarkt noch der EuGH-Rechtsprechung insgesamt der durch den BFH aufgeworfene „ Rechtfertigungsgrund ” einer steuerlichen Gleichbehandlung von Fremd- und Eigenkapital entnommen werden. Vielmehr dürfte gerade vor dem Hintergrund der diametral unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Zins- und Dividendenerträgen auch in Bezug auf die Geltendmachung von Substanzverlusten das Gegenteil zutreffend sein.[13] Das gilt erst recht in Zusammenhang mit Forderungen aus Lieferung und Leistung, die im Zeitpunkt der Warenlieferung in vollem Umfang zu Erträgen geführt haben.

 

Rz. 47

[Autor/Stand] Keine unionsrechtliche Differenzierung zwischen Konzern- und Fremdüblichkeit. Schließlich können die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Hornbach-Baumarkt[15] nur so verstanden werden, als sie auch der durch den BFH vorgenommenen Differenzierung zwischen "Konzernüblichkeit" einerseits sowie "Fremdüblichkeit" andererseits[16] jede Legitimation nehmen. Denn der EuGH sieht in d...

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