Rz. 76

[Autor/Stand] Verhältnis zu § 2 Nr. 1 KStG. Das Verhältnis von § 15 zu § 2 Nr. 1 KStG ist unter einem doppelten Gesichtspunkt zu betrachten: Mit Blick auf die Rechtsfolgen stehen die Vorschrift losgelöst nebeneinander. Die Zurechnung von Stiftungseinkünften erfolgt unabhängig davon, ob die Stiftung inländische Einkünfte (i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 49 EStG) erzielt und damit in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist.[2] Umgekehrt ist die Stiftung mit ihren inländischen Einkünften nicht etwa insoweit von der deutschen KSt befreit, als diese Einkünfte der Zurechnung nach § 15 unterliegen (vgl. Rz. 111 f., 301). Anders erscheint das Verhältnis beider Normen unter dem Blickwinkel der vom jeweiligen persönlichen Anwendungsbereich erfassten Rechtsformen. § 2 Nr. 1 KStG kommt hier die Funktion eines Maßstabs zu. Eine Rechtsform mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland kann nur insoweit ausländische Stiftung i.S.v. § 15 sein, als sie, sollte sie inländische Einkünfte erzielen, in Deutschland gem. § 2 Nr. 1 KStG körperschaftsteuerpflichtig wäre. § 15 normiert einen großen Kreis an ausländischen Rechtsformen, deren Einkünfte potentiell einer Zurechnung unterfallen können, und bezieht – über Stiftungen i.e.S. hinaus – gem. § 15 Abs. 4 auch Zweckvermögen, Vermögensmassen sowie die rechts- wie nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen mit ein. Dieser ausgreifende Anwendungsbereich findet aus teleologischen Gründen dort seine Grenze, wo die ausländische Rechtsform ihrer Natur nach kein KSt-subjekt ist und stattdessen bereits unter allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Gesichtspunkten als transparent zu betrachten ist. Denn wo es keine Abschirmwirkung gibt, muss § 15 diese nicht durchbrechen (vgl. zu Ziel und Zweck des § 15 ausführlich Rz. 21). Dies folgt auch aus § 3 Abs. 1 KStG[3], wobei die Zurechnungsvorschriften des AStG – entsprechend dem Wortlaut: "weder nach diesem Gesetz [Körperschaftsteuergesetz] noch nach dem Einkommensteuergesetz" – außer Betracht bleiben.[4] Ob eine ausländische Rechtsform "Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse" i.S.v. § 2 Nr. 1, ggf. i.V.m. § 3 Abs. 1 KStG ist, entscheidet sich anhand des Rechtstypenvergleichs (vgl. noch näher unter Rz. 163).[5]

 

Rz. 77

[Autor/Stand] Verhältnis zu den Einkunftstatbeständen des EStG. Die Zurechnung von "Einkünften einer Stiftung" zu einem anderen Steuersubjekt (Stifter oder Bezugs-/Anfallsberechtigte) setzt denklogisch die vorgreifliche Zuordnung dieser Einkünfte zur Stiftung voraus. Dazu muss die Stiftung Einkünfte erzielen (i.S.v. § 2 Abs. 1 EStG), also in eigener Person den Tatbestand der Einkünfteerzielung (§ 38 AO) verwirklichen. Für die Rechtslage vor dem JStG 2009 entspricht dies der herrschenden Meinung.[7] Die Einfügung durch Abs. 6 (durch das JStG 2009) hat daran nichts geändert,[8] denn Abs. 7 spricht nach wie vor von den "Einkünften der Stiftung".

 

Rz. 78

[Autor/Stand] Verhältnis zu § 39 AO allgemein. Einige der in der Praxis besonders bedeutsamen Einkunftstatbestände bestimmen die persönliche Zurechnung von Einkünften nach der Zuordnung des Vermögens, welches die entsprechenden Einnahmen hervorbringt. Gesetzlich normiert ist dies für Dividendenbezüge und Liquidationsüberschüsse (§ 20 Abs. 5 Satz 1, 2 EStG). Es gilt aber darüber hinaus auch für andere Modalitäten des § 20 EStG,[10] für Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG[11] und – jedenfalls nach jüngerer Rechtsprechung – auch für Gewinnanteile des Mitunternehmers (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).[12] In allen genannten Fällen ist die steuerliche Vermögenszuordnung gem. § 39 AO vorgreiflich für die Zurechnung von Einkünften gem. § 15;[13] für die Zurechnung von Stiftungsvermögen gilt dies erst recht. Wirtschaftsgüter und Schulden, die der Stiftung nach zivilrechtlichen Grundsätzen gehören, sind ihr grundsätzlich auch steuerrechtlich zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Dies setzt § 15 voraus und baut darauf auf. Abweichend davon werden Wirtschaftsgüter und Schulden der Stiftung unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO dem wirtschaftlichen Eigentümer, insb. dem Stifter, zugerechnet. Mangels Stiftungseinkünften verbleibt dann für eine Zurechnung nach § 15 kein Raum mehr. Diese Sperrwirkung des wirtschaftlichen Eigentums macht sich vor allem dort bemerkbar, wo der Stifter nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ein Rückgriff auf § 15 in Bezug auf die ggf. steuerpflichtigen Bezugs- oder Anfallsberechtigten ist ausgeschlossen. Ob eine entsprechende Zurechnung auch für Zwecke der ErbSt vorzunehmen ist, kann nur im Einzelfall beurteilt werden.[14]

 

Rz. 79

[Autor/Stand] Konkretisierung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO mit Blick auf die ausländische Familienstiftung. Die Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO erfolgt weniger durch Subsumtion von Sachverhalten unter Normativbegriffen als durch die Bildung von Fallgruppen unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Gestaltung und der Eigenheiten der betroffenen Wirtschaftsgüter.[16] Die BFH-Rspr. ist in dieser Hinsicht bis...

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