"..., sonst den unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, die bezugs- oder anfallsberechtigt sind, ..."

 

Rz. 126

[Autor/Stand]"Sonstige" Zurechnung. Die Zurechnung nach § 15 unterliegt einer Rangfolge. Diese ergibt sich gesetzestechnisch aus dem Wort "sonst". Auf der ersten Stufe steht die Zurechnung beim Stifter, soweit dieser im Zeitpunkt der Zurechnung unbeschränkt steuerpflichtig ist (vgl. Rz. 111, 119). Es folgt auf der zweiten Stufe die Zurechnung bei denjenigen unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, die bezugs- oder anfallsberechtigt sind. Die Zurechnung auf dieser zweiten Stufe bedingt nicht, dass der Stifter nicht mehr existiert, also insb. verstorben ist; sie setzt vielmehr bereits bei fehlender unbeschränkter Steuerpflicht des Stifters ein. Diese Betrachtungsweise des Gesetzes ist logisch inkonsequent. In der von § 15 aufgestellten Rangfolge liegt die konkludente Behauptung des Gesetzgebers, dass der Stifter ganz allgemein der Familienstiftung nähersteht als der Bezugs- oder Anfallsberechtigte, da es auf eine Bezugs- oder Anfallsberechtigung des Stifters nicht ankommt (vgl. Rz. 32, 111). Dieses Näherstehen gilt dann aber für jeden Stifter unabhängig von seiner unbeschränkten Steuerpflicht. Logischerweise hätte deshalb eine Zurechnung nur gegenüber dem oder den Stiftern so lange erfolgen müssen, als der oder die Stifter noch leben. Weitere Unklarheiten im Zusammenhang mit den Bezugs- und Anfallsberechtigten bestehen im Zusammenhang mit der anteiligen Zurechnung und werden dort besprochen (vgl. Rz. 146 ff.)

 

Rz. 127

[Autor/Stand] Bezugsberechtigte Person. Unter welchen Voraussetzungen eine Person "bezugsberechtigt" ist, definiert das Gesetz nicht. Unmittelbar ergibt sich nur eine Negativabgrenzung dahin gehend, dass die Erben des Stifters bzw. der Stifter nicht als solche Zurechnungsadressaten gelten. Dies ist nachvollziehbar. Da die Zurechnung beim Stifter auf seiner Verantwortung für die Errichtung der Stiftung beruht und der Erbe Rechtsnachfolger des Stifters ist, könnte dies eine Zurechnung beim Erben rechtfertigen. Praktisch bedeutsam ist die Frage allerdings ohnehin nicht allzu häufig, da regelmäßig die Erben zu der in § 15 Abs. 2 bezeichneten Personengruppe gehören. Da das Steuerrecht den Begriff der Bezugsberechtigung im Zusammenhang mit einer Stiftung auch nicht anderweitig eine konturierte Bedeutung beilegt, ist er nach der allgemeinen juristischen Methode auszulegen. Für eine grammatische Auslegung ist der Begriff "bezugsberechtigt" in seine Wortteile "Bezug" (vgl. nachfolgend Rz. 128) und "berechtigt" zu zerlegen. Die Auslegung dieses zweiten Wortteils ist von praktischer Bedeutung und ein zentrales Problem der Anwendung von § 15 (vgl. nachfolgend Rz. 129–137).

 

Rz. 128

[Autor/Stand] Wortteil "Bezug". Der Wortteil "Bezug" bedeutet Beziehen von Gütern in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 EStG). In diesem Sinne wird er in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG ("andere Bezüge"), in § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG und § 40 Abs. 1 EStG ("sonstige Bezüge" bzw. "Bezüge") und auch in § 22 Nr. 1 EStG ("wiederkehrende Bezüge") verwendet. Der Begriff ist demnach weit auszulegen. Darunter fällt jeder Vorteil in Geld oder Geldeswert, den eine ausländische Familienstiftung einer anderen Person einseitig zuwendet. Der Vorteil kann auch aus der Nutzung von Vermögen der Stiftung bestehen, wobei ein marktübliches Entgelt den Vorteil entfallen lässt.

 

Rz. 129

[Autor/Stand] Wortteil "berechtigt". Der Wortteil "berechtigt" ist an sich i.S. eines Rechtsanspruchs zu verstehen. Unumstritten ist daher auch, dass derjenige, der einen Rechtsanspruch auf Leistungen gegenüber der Stiftung besitzt, Bezugsberechtigter ist.[5] Ungeklärt und in den Einzelheiten hoch umstritten ist indessen, ob Personen ohne einen solchen Rechtsanspruch ebenfalls Bezugsberechtigte sein können und wenn ja, welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen. Eine vergleichbare Frage stellt sich bei dem "Zwischenberechtigten" einer ausländischen Vermögensmasse gem. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG. Dort vertritt der BFH in inzwischen ständiger Rechtsprechung eine enge Sichtweise: "Zwischenberechtigter ... ist, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über eine Rechtszuständigkeit an dem in der Vermögensmasse gebundenen Vermögen und/oder an den durch die Vermögensmasse erzielten Erträgen verfügt, sei es – nach deutschem Rechtsverständnis – in Gestalt dinglichen Rechts oder in Gestalt schuldrechtlicher Ansprüche."[6] Für die "Bezugsberechtigung" nach § 15 hat die BFH-Rspr. die gegenteilige Position eingenommen, wonach ein einklagbarer Rechtsanspruch nicht Voraussetzung sein soll, da der Wortteil "Berechtigung" inhaltlich weiter gehe als "Rechtsanspruch".[7] Dabei ließ sich der erkennende I. Senat von der Überlegung leiten, dass der Gesetzeszweck verfehlt würde, wenn der Anwendungsbereich des § 15 auf die wenigen Familienstiftungen beschränkt bliebe, deren Statuten den Destinatären echte Forderungsrechte gewähren.[8]

 

Rz. 130

[Autor/Stand] Rechtspositi...

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