Rz. 145

[Autor/Stand] Gleiche oder vergleichbare Verhältnisse. Neben der Unabhängigkeit der Geschäftspartner besteht das zweite Merkmal des Fremdvergleichs in der Notwendigkeit einer Vergleichbarkeit der Verhältnisse. Dazu gehört sowohl die Betrachtung der einzelnen Leistung bzw. des einzelnen Geschäfts als auch die Berücksichtigung aller Umstände, die auf das einzelne Geschäft einwirken können. Letztlich hat damit die Durchführung eines Fremdvergleichs ihren Ausgangspunkt in einem Vergleich der konzerninternen Leistungsbeziehung mit potenziellen Referenztransaktionen unabhängiger Unternehmen im Hinblick darauf, ob diese unter gleichen oder zumindest vergleichbaren Verhältnissen zustande gekommen sind. Nach Auffassung der Rspr.,[2] der Finanzverwaltung[3] und der OECD[4] ist eine Vergleichbarkeit der Verhältnisse gegeben, wenn sich die Vergleichstatbestände nach ihrer Art, ihren Merkmalen, ihrem Umfang und den maßgeblichen Markt- bzw. Branchenverhältnissen entsprechen. Dabei sind insbesondere folgende Merkmale zur Prüfung der Vergleichbarkeit der Verhältnisse zu berücksichtigen:[5]

  • die vertraglichen Bedingungen, die dem Geschäftsvorfall zugrunde liegen;
  • die von den am Geschäftsvorfall beteiligten Unternehmen ausgeübten Funktionen unter Berücksichtigung der genutzten Vermögenswerte und übernommenen Risiken, einschließlich der Zusammenhänge zwischen diesen Funktionen und der allgemeinen Wertschöpfung der internationalen Unternehmensgruppe, der die Beteiligten angehören, der Begleitumstände des Geschäftsvorfalls und der branchenüblichen Gepflogenheiten;
  • die Eigenschaften des übertragenen Wirtschaftsguts oder der geleisteten Dienste
  • die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten und des Marktes, auf dem sie tätig sind, sowie
  • die von den Beteiligten verfolgten Geschäftsstrategien.
 

Rz. 146

[Autor/Stand] Keine Beschränkung auf den hypothetischen Fremdvergleich. Die Formulierung des Fremdvergleichsgrundsatzes in § 1 Abs. 1 Satz 1 könnte angesichts der Verwendung des Konjunktivs ("vereinbart hätten") eine Beschränkung auf den hypothetischen Fremdvergleich implizieren.[7] Hiergegen spricht allerdings der systematische Zusammenhang, der zwischen § 1 Abs. 1 Satz 1 und § 1 Abs. 3 Satz 1 ff. besteht. Zwar wird dort nur auf eine "Geschäftsbeziehung i.S. des Absatzes 1 Satz 1" Bezug genommen, doch stehen die Ausdrücke "Fremdvergleichspreise", "Vergleichbarkeit (...) mit Geschäftsvorfällen zwischen voneinander unabhängigen Dritten", "Verfügbarkeit von Werten zu vergleichbaren Geschäftsvorfällen voneinander unabhängiger Dritter", "der zum Vergleich herangezogenen Geschäftsvorfälle zwischen voneinander unabhängigen Dritten" und "Vergleichswerte" im Kontext des tatsächlichen Fremdvergleichs. Insofern ist es u.E. zweifelsfrei, dass der Fremdvergleichsgrundsatz für den hypothetischen wie für den tatsächlichen Fremdvergleich gleichermaßen gilt. Diese Feststellung erstreckt sich allerdings nicht auf die durch den Gesetzgeber vorgenommene Konkretisierung in Gestalt der Informationstransparenz, die § 1 Abs. 1 Satz 3 für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes vorgibt (vgl. Rz. 220 ff.). Diese hat – wenn überhaupt – allenfalls Berechtigung im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs.[8] Gleiches gilt für die Rechtsfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters in ihrer verdoppelten Ausprägung, die im Rahmen des tatsächlichen Fremdvergleichs verfehlt ist. Anderenfalls stellt sich die Frage, ob etwa im Rahmen eines äußeren Preisvergleichs abgeleitete Vergleichspreise für Referenztransaktionen nur deshalb auszuscheiden sind, weil das Handeln der Transaktionspartner dem Sorgfaltsmaßstab offenkundig nicht genügt. Die Vergleichbarkeit der Verhältnisse ist nach alledem auch und gerade bei Anwendung des tatsächlichen Fremdvergleichs von entscheidender Bedeutung.

 

Rz. 147

[Autor/Stand] Grad der Vergleichbarkeit. Eine Vergleichbarkeit der Verhältnisse setzt – im Unterschied zur Identität – nicht voraus, dass die zu vergleichenden Transaktionen absolut deckungsgleich sind. Insbesondere ist im Hinblick auf die Verrechnungspreispraxis festzustellen, dass an das Kriterium der Vergleichbarkeit der Verhältnisse keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Der BFH verlangt in diesem Zusammenhang, dass die Preise "auf zumindest im Wesentlichen identischen Leistungsbeziehungen beruhen".[10] Es kann daher keine Identität der wesentlichen Vergleichbarkeitskriterien für die Erfüllung der Vergleichbarkeit der Verhältnisse zur Durchführung eines Fremdvergleichs gefordert werden. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die zu vergleichenden Transaktionen mit Bezug auf ihre wesentlichen Merkmale "ähnlich" sind.[11] Auch die OECD-Leitlinien gehen von Fremdvergleichsbandbreiten aus, für deren Werte angenommen werden muss, dass Vergleichbarkeitsdefizite, etwa infolge von Informationsmängeln oder Verfahrensmängeln bei der Auswahl von Vergleichswerten, verbleiben, die nicht identifiziert oder quantifiziert werden können und deshalb nicht an...

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