Rz. 132

[Autor/Stand] Fremdvergleichsgrundsatz als Tatbestandsvoraussetzung und als Einkünftekorrekturmaßstab. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 sind Einkünfte aus Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen zu berichtigen, sofern die Einkünfte dadurch gemindert werden, dass Bedingungen, insbesondere Preise (Verrechnungspreise) zugrunde gelegt worden sind, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten. Voraussetzung für eine Einkünftekorrektur nach dieser Vorschrift ist somit, dass die Bedingungen (insbesondere Verrechnungspreise), die die Einkünfte gemindert haben, nicht "fremdüblich" sind, d.h. einem Fremdvergleichsgrundsatz nicht standhalten. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist infolgedessen einerseits Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Satz 1, andererseits aber auch Bewertungsmaßstab auf der Rechtsfolgenseite, nämlich zur Bewertung der Einkünftekorrektur der Höhe nach durch den Ansatz eines Fremdvergleichspreises.

 

Rz. 133

[Autor/Stand] Auslegung des Fremdvergleichsgrundsatzes. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist in § 1 Abs. 1 als Tatbestandsvoraussetzung normiert, aber an dieser Stelle nicht weiter erläutert. Eine Konkretisierung erfolgt vielmehr in § 1 Abs. 3, 3a, 3b und 3c. Im Übrigen ist der Inhalt des Fremdvergleichsgrundsatzes dann durch Auslegung zu bestimmten. Herangezogen werden können die Verlautbarungen der Finanzverwaltung,[3] ebenso wie die international gültigen Verrechnungspreisgrundsätze der OECD.[4] Schließlich erfolgt eine Auslegung durch die Rechtsprechung.

 

Rz. 134

[Autor/Stand]"Verrechnungspreis" als Oberbegriff. Der Begriff "Verrechnungspreis" ist in der Praxis des konzerninternen Liefer- und Leistungsaustausches als ein Oberbegriff anzusehen. Der konzerninterne Liefer- und Leistungsaustausch lässt sich wiederum in unterschiedliche Transaktionsarten unterteilen, wie z.B.

  • Lieferung von Gütern und Waren[6],
  • Dienstleistungen[7],
  • Arbeitnehmerentsendungen[8],
  • Konzern- und Kostenumlagen[9],
  • Finanzierungsleistungen[10],
  • Nutzungsüberlassung immaterieller Wirtschaftsgüter[11],
  • Erbringung von IT-Leistungen[12] und
  • Leistungsbeziehungen von Versicherungsunternehmen[13].

Je nach Art des konzerninternen Liefer- und Leistungsaustausches könnte man stattdessen z.B. auch von "Warenpreis", "Lieferpreis", "Dienstleistungsgebühr", "Entsendegebühr", "Kostenumlage", "Zins", "Avalprovision", "Lizenzgebühr", "Know-how-Gebühr", "Pachtentgelt", "Mietzins", "Leasinggebühr", "Nutzungsgebühr" oder ähnlichen Entgelten sprechen (vgl. auch Rz. 16 ff.). Insofern bezieht sich der Begriff "Verrechnungspreis" auf alle Arten von konzerninternen Transaktionen. Unter dem Begriff "Verrechnungspreis" ist steuerrechtlich der zwischen den nahestehenden Unternehmen tatsächlich vereinbarte Preis (= Entgelt) zu verstehen. Zum Preis gehört alles, was Entgeltcharakter hat. In diesem Sinne ist der Verrechnungspreis eine "Ist-Größe". Zwar sieht § 90 Abs. 3 AO vor, dass der Steuerpflichtige dokumentiert, wie der Verrechnungspreis zustande gekommen ist. Diese Dokumentation[14] ist jedoch keine begriffliche Voraussetzung für die Existenz eines Verrechnungspreises. Das Vorliegen eines Verrechnungspreises hängt nicht davon ab, ob er anhand einer der bekannten fremdvergleichskonformen klassischen Verrechnungspreismethoden[15] zutreffend oder unzutreffend abgeleitet wurde oder werden kann. Für den Verrechnungspreis gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Von einem Verrechnungspreis ist allerdings auch dann zu sprechen, wenn er entweder von einem Vertragspartner "diktiert" oder nach langwierigen Preisverhandlungen im Wege einer Einigung gefunden wurde. Der Verrechnungspreis kann zwar innerhalb von Bandbreiten oder Einigungsbereichen liegen. Er hat jedoch im Übrigen mit diesen Begriffen nichts zu tun. Der Verrechnungspreis ist auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung anzusetzen. Er liegt deshalb der Ermittlung des Unterschiedsbetrages i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG unabhängig davon zugrunde, ob er i.S. eines Fremdvergleichs angemessen ist oder nicht. Der Verrechnungspreis kann auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung "steuerrechtlichen Korrekturen" ausgesetzt sein, deren Rechtsgrundlage in der verdeckten Gewinnausschüttung, der Entnahme, der Einlage oder in § 1 liegen kann (vgl. auch Rz. 20.6 ff.).

 

Rz. 135

[Autor/Stand] Definition des Verrechnungspreises in § 1 Abs. 1 Satz 1 grds. verfehlt. Mit Wirkung seit dem 1.1.2008 wird der Begriff "Verrechnungspreis" in § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG als "andere Bedingungen, insbesondere Preise", die der Steuerpflichtige seiner Einkünfteermittlung zu Grunde legt, definiert. Diese Legaldefinition wurde auch im Zuge der Reform des § 1 durch das AbzStEntModG[17] und ATADUmsG[18] keiner Neufassung unterzogen. Daher ist diese gesetzliche Definition nach wie vor unzutreffend.[19] Richtigerweise ist der Verrechnungspreis das tatsächlich vereinbarte Entgelt für eine zwischen verbundenen Unternehmen erbrachte Lieferung oder Leistung. Dabei gilt im Zusa...

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