Rz. 1671

[Autor/Stand] Grundsätzliche Überlegungen. Eine schematische Antwort auf die Frage, welches Unternehmen (Produktions- oder Vertriebsgesellschaft) Markterschließungskosten zu tragen hat, lässt sich nicht geben. Liegen die Markterschließungsmaßnahmen im Interesse sowohl der Produktions- als auch der Vertriebsgesellschaft, sind die entsprechenden Kosten von beiden Unternehmen zu tragen. Hinsichtlich des Aufteilungsmaßstabs besteht dabei ein Ermessensspielraum des Stpfl. Steht zB im Rahmen von Markterschließungsaktivitäten die Aufwertung bzw. Steigerung des Bekanntheitsgrades einer Marke im Vordergrund, sind die entsprechenden Kosten im Wesentlichen vom Markeninhaber zu tragen. Dies gilt auch, wenn durch eine Expansionsstrategie des Produzenten (bzw. des Strategieträgers) der Absatz in bestimmten Märkten gezielt gesteigert werden soll. Auch in diesen Fällen hat die Produktionsgesellschaft ein maßgebliches Interesse an den Markterschließungsmaßnahmen, da durch diese der Absatz und damit der Deckungsbeitrag der Produktionsgesellschaft gesteigert werden. Eine Kostenbeteiligung der Vertriebsgesellschaft ist allerdings insofern sachgerecht, als diese an den Ertragschancen und Risiken der Markterschließungsmaßnahmen entsprechend ihrer Kostenbeteiligung partizipiert. Allerdings wird man mit steigendem Funktions- und Risikoprofil einer Vertriebsgesellschaft davon ausgehen müssen, dass diese auf Grund der Übernahme zusätzlicher Funktionen und Risiken im Rahmen der Anwendung der Wiederverkaufspreismethode eine höhere Handelsspanne erwartet. Da sich diese Handelsspanne aus den Komponenten Kosten, Risikoprämie und Gewinnaufschlag zusammensetzt (Anm. 676 ff.), müssten sich hiermit auch die von der Vertriebsgesellschaft anteilig übernommenen Markterschließungskosten abdecken lassen. Vor diesem Hintergrund geht es aus Sicht der Vertriebsgesellschaft nicht so sehr um die Frage, ob und mit welchem Anteil sie sich an den Markterschließungskosten zu beteiligen hat, sondern vielmehr darum, ob die der Vertriebsgesellschaft zugestandene Handelsspanne auf Dauer ausreichend die von ihr übernommenen Kosten (einschließlich der Markterschließungskosten) und Risiken abdeckt. Agiert die Vertriebsgesellschaft indessen als Low-Risk-Distributor, Kommissionär oder Handelsvertreter, sind die Markterschließungskosten auf Grund des geringen Risikoprofils dieser Vertriebsformen grundsätzlich von der Produktionsgesellschaft bzw. dem Lieferanten (zB auch einem Handelsunternehmen) zu tragen. Risikoschwache Vertriebsgesellschaften müssen sich daher idR nicht an den Markterschließungskosten beteiligen.[2] In allen übrigen Fällen liegt es allerdings im gemeinsamen Interesse der Produktions- und Vertriebsgesellschaft, den Absatz (und damit Umsatz) ihrer Produkte durch geeignete Maßnahmen zu fördern bzw. zu sichern, mit der Folge, dass sich beide Unternehmen – je nach Grad des betrieblichen Interesses und der unternehmerischen Chancen und Risiken – an den Markterschließungskosten zu beteiligen haben.

 

Rz. 1672

[Autor/Stand] Auffassung der OECD. Die OECD-Leitlinien führen im Hinblick auf die Frage, welche Konzerngesellschaft die Markterschließungskosten zu tragen hat, aus, dass die Markterschließungsstrategie entweder durch den Produzenten selbst oder aber durch den Vertreiber, der getrennt vom Produzenten agiert, umgesetzt und die daraus entstehenden Kosten von beiden getragen werden könnten.[4] Ferner ist als weiterer Gesichtspunkt zu berücksichtigen, ob die Beziehung zwischen den Vertragspartnern der Geschäftsbeziehung konsistent zu der Allokation der Markterschließungskosten ist. Diese, für die Praxis wenig hilfreiche Feststellung wird allerdings konkretisiert durch den Hinweis, dass zB bei Fremdgeschäften eine konzernunabhängige Gesellschaft, die lediglich als "Sales-Agent" mit keinem oder nur geringem Vermarktungsrisiko handle, üblicherweise nicht die Kosten einer Markteroberungsstrategie zu tragen habe.[5] Preisrelevant sei darüber hinaus, ob eine Konzerngesellschaft Markterschließungsmaßnahmen auf ihr eigenes Risiko hin entfalte und den Wert eines Produkts durch eine Marke oder einen Firmennamen steigere oder den Firmenwert in Verbindung mit dem Produkt steigere. Damit stellt auch die OECD hinsichtlich der Frage der Aufteilung von Markterschließungskosten letztlich darauf ab, welche Funktionen, welches Risiko und welches Interesse die an der Umsetzung der Markterschließungsmaßnahmen beteiligten Konzerngesellschaften übernommen haben und welche Konzerngesellschaft hierdurch einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt (sog. "Benefit-Test"). Diese Auffassung deckt sich im Wesentlichen mit der Auffassung der deutschen Finanzverwaltung, die feststellt, dass für die Frage der steuerlichen Einkunftsabgrenzung insb. auf die Funktionen der beteiligten verbundenen Unternehmen abzustellen ist.[6]

 

Rz. 1673

[Autor/Stand] Aufteilungsgrundsätze der Finanzverwaltung. Nach Auffassung der Finanzverwaltung werden unter fremden Dritten die Markterschließungskosten vo...

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