So steht zu erwägen, ob eine Einwilligung in einen Grundrechtseingriff nicht nur dann unwirksam ist, wenn sie von außen beeinflusst oder gar hervorgerufen wurde (Täuschung/Drohung), sondern auch, wenn ihr ein fehlerhaftes inneres Vorstellungsbild des Berechtigten (Motivirrtum) zugrunde liegt. Ein solches läge hier vor, wenn die Steuerpflichtige keine Kenntnis davon hatte, dem Fahndungsprüfer den Zutritt zu ihrer Wohnung verweigern zu können.

Für die Wirksamkeit einer Einwilligung wird eine Einsichtsfähigkeit und Freiwilligkeit des Einwilligenden gefordert. Frei bzw. freiwillig ist eine Entscheidung, wenn sie in Kenntnis der für die Entscheidung relevanten Umstände getroffen wird. Erforderlich ist ferner ein Bewusstsein um die Freiheit der Entscheidung, also auch ein Bewusstsein um das Recht zur Weigerung[19], sowie um den Umstand und die Tragweite des staatlichen Handelns.[20] Wusste die Steuerpflichtige hier nicht um ihr Recht zur Zutrittsverweigerung, wäre ihre Einwilligung insoweit unwirksam.

Weiter fehlt es an der Freiwilligkeit nach dem Urteil des BFH "jedenfalls" bei Täuschung, Drohung oder Zwang, nicht dagegen "wohl" bei bloßen Irrtümern.[21] Dabei nimmt der BFH Bezug auf eine Entscheidung des BVerfG zur unzulässigen Öffnung von Verteidigerpost in einer Justizvollzugsanstalt.[22] Darin wird überdies gefordert, dass die erteilte Einwilligung frei von unzulässigem Druck erfolgt.

 

Beispiel:

In dem dort entschiedenen Fall wurde der Insasse einer JVA von einem Vollzugsbeamten dazu aufgefordert, einen als Verteidigerpost eingeordneten Briefumschlag in seinem Beisein zu öffnen und ihm den Inhalt zu zeigen, um die Privilegierung der Korrespondenz zu überprüfen. Der spätere Beschwerdeführer gab dieser Aufforderung nur deshalb nach, weil er eine wichtige Mitteilung seines Verteidigers erwartete und einem Konflikt mit den Vollzugsbeamten vorbeugen wollte.

Diese Konstellation ist der hiesigen, in der ein Beamter der Steuerfahndung unerwartet und ohne Rechtsgrundlage auf der privaten Türschwelle erscheint, durchaus vergleichbar. Dass dem Einsatz eines Steuerfahnders typischerweise ein erheblich einschneidendes Gewicht zukommt, selbst wenn er angibt, "nur" Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, hat der BFH ausdrücklich festgehalten. Eine in diesem Sinne unzulässige Drucksituation für die Steuerpflichtige lag vor. Die von der Steuerpflichtigen erteilte Einwilligung ist vor diesem Hintergrund unwirksam.

[19] Vgl. Kunig/Berger in v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 13 Rz. 33.
[20] Gornig in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 13 Rz. 45.
[21] Sachs in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Vor Art. 1 Rz. 56.

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