2.4.1 Hintergrund der Regelungen

 

Rz. 43

Ehegatten steht es zivilrechtlich frei, durch Ehevertrag die Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs zu beeinflussen (vgl. oben Rz. 3 ff.). Den Streit darüber, ob solche Vereinbarungen auch bei der Berechnung der fiktiven Ausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 zu beachten sind, hat erst ein Machtwort des Gesetzgebers mit Wirkung ab 1.1.1994 beendet, indem die Sätze 2–4 neu eingefügt wurden.[1]

[1] Zur Historie vgl. Weinmann, in Moench/Weinmann, ErbStG, § 5 Rz. 43.

2.4.2 § 5 Abs. 1 S. 2 ErbStG

 

Rz. 44

Nach § 5 Abs. 1 S. 2 bleiben güterrechtliche Vereinbarungen, die von den Vorschriften der §§ 13731383, 1390 BGB abweichen, unberücksichtigt. Demnach sind sämtliche ehevertragliche Regelungen hinsichtlich der Ermittlung des fiktiven Zugewinnausgleichsanspruchs zu negieren.[1] Eine anlässlich einer unentgeltlichen Zuwendung vereinbarte Anrechnungsbestimmung (§ 1380 BGB) können die Ehegatten jedoch treffen, ohne dass dieser § 5 Abs. 1 S. 2 entgegenstünde. Denn hierbei handelt es sich um keine ehevertragliche Regelung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 ErbStG.

[1] A. A. wohl Kamps, DStR 2018, 2465, 2469; Eckert, DStR 1989, 347.

2.4.3 § 5 Abs. 1 S. 3 ErbStG

 

Rz. 45

Gem. § 5 Abs. 1 S. 3 findet die Vermutung des § 1377 Abs. 3 BGB für erbschaftsteuerliche Zwecke keine Anwendung. Dies bedeutet, dass sich der überlebende Ehegatte nicht auf die dort enthaltene gesetzliche Vermutung berufen kann, wonach im Zweifel das Endvermögen dem Zugewinn entspricht. Vielmehr ist ungeachtet etwaiger Nachweisprobleme die Höhe des Anfangsvermögens zu ermitteln (zu Einzelheiten oben Rz. 28 f.).

2.4.4 § 5 Abs. 1 S. 4 ErbStG

 

Rz. 46

Tritt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht mit der Eheschließung ein, sondern wird er erst während der Ehe durch Ehevertrag vereinbart, gilt für erbschaftsteuerliche Zwecke der Tag des Vertragsabschlusses als Zeitpunkt, auf den das Anfangsvermögen zu bestimmen ist.[1]

 

Rz. 47

Rechtsfolge dieser mit Wirkung ab dem 1.1.1994 eingeführten Regelung ist, dass nur diejenige fiktive Ausgleichsforderung steuerfrei bleibt, die sich während der tatsächlichen Dauer der Zugewinngemeinschaft, nämlich ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags, errechnet.[2] Die Bedeutung der Sätze 2–4 beschränkt sich aber auf die Fälle des erbrechtlichen Ausgleichs des Zugewinns (Rz. 8), denn wird die Zugewinngemeinschaft auf andere Art und Weise beendet (Rz. 12, 58), sind ehevertragliche Modifikationen auch mit steuerlicher Wirkung zu beachten (Rz. 60).

[1] Zur Verfassungsmäßigkeit der Norm BFH v. 18.1.2006, II R 64/04, BFH/NV 2006, 948.
[2] Zur Historie und Kritik an der Regelung vgl. Ebeling, in Kapp/Ebeling, § 5 ErbStG Rz. 55–58.

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