Rz. 17

Der reduzierte Verschonungsabschlag[1] findet auf alle Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entstanden ist.[2] Die Steuer entsteht bei Erwerben von Todes wegen grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers und bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung.[3]

 

Rz. 18

Bei der Prüfung, ob die Grenze von 26 Mio. EUR überschritten ist, sind mehrere Erwerbe von derselben Person innerhalb von 10 Jahren zusammenzurechnen.[4]

 

Rz. 19

 
Hinweis

Umstritten ist, ob bei der Zusammenrechnung auch Erwerbe begünstigten Vermögens, für die die Steuer bereits vor dem 30.6.2016 entstanden ist[5], mit einzubeziehen sind.[6] Die maßgebliche Anwendungsregelung lautet auszugsweise wie folgt: "§ 13c Abs. 2 S. 3 bis 5 ErbStG n. F. findet auf frühere Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entsteht".

 

Rz. 20

Dies wird teilweise so verstanden, dass alle Erwerbe vor dem 30.6.2016 und nach dem 30.6.2016 (innerhalb von 10 Jahren) zusammenzurechnen sind.[7] Richtigerweise sind bei der Zusammenrechnung aber nur solche (früheren und späteren) Erwerbe von "begünstigtem Vermögen"[8] einzubeziehen, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entstanden sind. Alle Erwerbe, für die die Steuer vor dem 30.6.2016 entstanden ist, dürfen dagegen nicht mit einbezogen werden.[9]

 

Rz. 21

Für diese Auslegung spricht bereits der Gesetzeswortlaut, der eine Zusammenrechnung nur für den Erwerb "begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2" vorsieht.[10] Begünstigtes Vermögen in diesem Sinne gibt es aber überhaupt erst seit dem 1.7.2016. Die Legaldefinition des begünstigten Vermögens[11] ist ihrerseits erst zum 1.7.2016 in Kraft getreten.[12] Das begünstigte Vermögen wurde mit Wirkung zum 1.7.2016 völlig neu geregelt. Das seit dem 1.7.2016 maßgebende "begünstigte Vermögen"[13] ist aufgrund der weitreichenden Gesetzesänderungen (u. a. Aufgabe des Alles-oder-Nichts-Prinzips, Neuregelungen beim Verwaltungsvermögen, Vorweg-Abschlag für Familienunternehmen) in keiner Weise mit dem bis zum 30.6.2016 begünstigten Vermögen vergleichbar. Eine Zusammenrechnung scheidet somit aus.

 

Rz. 22

Die Beschränkung der Zusammenrechnung auf Erwerbe seit dem 1.7.2016 vermeidet zudem eine unzulässige Rückwirkung und entspricht somit dem Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung.

[3] § 9 ErbStG; s. R E 9.1–9.3 ErbStR 2019.
[4] § 13c Abs. 2 S. 2–5 ErbStG; s. dazu R E 13c.1 Abs. 4 S. 4 und R E 13c.4 ErbStR 2019.
[7] So grundsätzlich auch die FinVerw in R E 13c.4 ErbStR 2019 und allgemein R E 13a.2 ErbStR 2019.
[9] S. zum Ganzen auch § 13a Rz. 83 ff., 89 m. w. N.

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