Rz. 209

Für die Poolvereinbarung ist grundsätzlich keine besondere Form vorgesehen. Aus Gründen der Nachweisbarkeit (insb. gegenüber der FinVerw) dürfte die Einhaltung der Schriftform jedoch empfehlenswert sein.[1] Darüber hinaus dient eine schriftliche Vereinbarung auch der Streitvermeidung zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft.

 

Rz. 210

Weitergehende Formvorschriften sind bei Poolvereinbarungen zu beachten, die sich auf Geschäftsanteile an einer GmbH beziehen. Die Poolvereinbarung muss für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer u. a. die Verpflichtung der Gesellschafter enthalten "über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen". Eine Vereinbarung, durch "welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird", bedarf zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung.[2] Eine Poolvereinbarung über Geschäftsanteile an einer GmbH muss somit regelmäßig notariell beurkundet werden. Eine nicht beurkundete Poolvereinbarung ist formunwirksam und damit nichtig.[3]

Der BFH ist im Hinblick auf die Formvorschriften möglicherweise großzügiger. Der 2. Leitsatz zu dem Urteil vom 20.2.2019[4] lautet jedenfalls wie folgt: "Die Verpflichtung zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung der hinsichtlich der Verfügung gebundenen Gesellschafter kann bei einer GmbH schriftlich oder mündlich vereinbart werden. Nicht ausreichend für eine wirksame Poolvereinbarung ist eine einheitliche Stimmrechtsausübung aufgrund eines faktischen Zwangs, einer moralischen Verpflichtung oder einer langjährigen tatsächlichen Handhabung".

Die Ausführungen des BFH beziehen sich allerdings nur auf die Stimmrechtsausübung und nicht auch auf die Verfügungsbeschränkung. Für die Verpflichtung zur einheitlichen Verfügung über GmbH-Geschäftsanteile dürften nur mündliche Vereinbarungen daher nicht genügen. In dem Fall des BFH wurde die Verfügungsbeschränkung auch notariell beurkundet, sodass es auf diese Frage nicht ankam.[5]

 

Rz. 211

Eine formunwirksame Verpflichtung zur Anteilsübertragung kann grundsätzlich durch eine notariell beurkundete Anteilsübertragung geheilt werden.[6] Die Heilung tritt aber frühestens mit Beurkundung der dinglichen Übertragung ein. Im maßgebenden Zeitpunkt der Entstehung der Steuer fehlt es somit an einer wirksamen Verpflichtung der Gesellschafter zur einheitlichen Verfügung über die Anteile.

 

Rz. 212

Die nicht beurkundete Poolvereinbarung könnte allenfalls dann anerkannt werden, wenn sie die Beteiligten gleichwohl vollziehen. Nach der Abgabenordnung ist die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich, soweit die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen.[7] Diese Regelung ist Ausdruck der im Steuerrecht geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise, sodass schon fraglich ist, inwieweit sie in dem vom Zivilrecht geprägten Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht überhaupt anwendbar ist. Im vorliegenden Zusammenhang geht es indes nicht um die Besteuerung der (unwirksamen) Poolvereinbarung, sondern des Erwerbs von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Die Wirksamkeit der Poolvereinbarung ist lediglich für die Verschonung der erworbenen Gesellschaftsanteile von Bedeutung. Es handelt sich mithin um eine bloße Vorfrage der Besteuerung. Der tatsächliche Vollzug der formunwirksamen Poolvereinbarung führt daher nicht dazu, dass bei der Besteuerung des Erwerbs der Gesellschaftsanteile die Anteile der einzelnen Gesellschafter zum Zweck des Erreichens der Mindestbeteiligung zusammengerechnet werden können. Es erscheint im Übrigen auch nicht sachgerecht, Gesellschaftern, die die zivilrechtliche Unwirksamkeit ihrer Poolvereinbarung in Kauf nehmen, in den Genuss einer steuerlichen Verschonung kommen zu lassen.

 

Rz. 213

Bei Poolvereinbarungen wird es sich zudem oftmals auch um Verträge unter nahen Angehörigen handeln. Diese werden steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie auch zivilrechtlich wirksam sind. Der tatsächliche Vollzug der Vereinbarung ist für die Anerkennung zusätzlich erforderlich, genügt aber für sich alleine nicht.

 

Rz. 214

Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass es bei einer nur privatschriftlichen Poolvereinbarung über GmbH-Geschäftsanteile (entgegen der Auffassung der FinVerw, R E 13b.6 Abs. 6 ErbStR 2011) an einer wirksamen Verfügungsbeschränkung fehlt. Eine Zusammenrechnung der Anteile zum Erreichen der Mindestbeteiligung ist damit nicht möglich. Die Verschonung kann demnach schon aus diesem Grund nicht gewährt werden.

[1] So R E 13b.6 Abs. 6 ErbStR 2019; großzügiger jetzt aber BFH v. 20.2.2019, II R 25/16, BStBl II 2019, 779, LS 2 und Rz. 27 ff., wonach sogar mündliche Stimmrechtsvereinbarungen genügen können; zustimmend H R E 13b.6 ErbStR 2019.

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