Rz. 201

Der Gegenstand der gesonderten Feststellungen i. S. d. § 179 AO ergibt sich aus § 151 Abs. 1 S. 1 BewG. Gesondert festzustellen sind danach:

  1. Grundbesitzwerte[1]
  2. der Wert des Betriebsvermögens oder eines Anteils am Betriebsvermögen[2]
  3. der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 11 Abs. 2 BewG
  4. der Anteil am Wert von anderen als den in Nrn. 1–3 genannten Vermögensgegenständen und von Schulden, die mehreren Personen zustehen[3],

wenn die Werte entweder für die Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer oder für eine andere Feststellung von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung für die Besteuerung trifft das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständige, die Entscheidung über die Bedeutung für eine andere Feststellung das die Feststellung anfordernde FA.[4]

 

Rz. 202

Die Notwendigkeit, gesonderte Wertfeststellungen zu treffen, kann sowohl in Fällen bestehen, in denen die festgestellten Werte unmittelbar als Besteuerungsgrundlage der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer zugrunde gelegt werden, als auch in Fällen, in denen sie sich nur mittelbar auf die Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer auswirken.

Ein mittelbarer Einfluss besteht zum einen dann, wenn die festgestellten Werte für die Feststellung davon abhängiger anderer Werte von Bedeutung sind. Hiernach sind z. B.

  • Grundbesitzwerte für Betriebsgrundstücke festzustellen, wenn

    • bei der Feststellung des Betriebsvermögenswerts der Substanzwert[5] zu ermitteln ist,
    • die Wertermittlung im vereinfachten Ertragswertverfahren erfolgt und die Grundstücke zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen gehören[6] oder
    • der Anteil eines Gesellschafters am Betriebsvermögen zu ermitteln ist und die Grundstücke zu dessen Sonderbetriebsvermögen gehören[7];
  • Anteil- oder Betriebsvermögenswerte festzustellen, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder an einem Betriebsvermögen zu einem Betriebsvermögen oder dem Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören, für das der Substanzwert[8] zu ermitteln oder das im vereinfachten Ertragswertverfahren zu bewerten ist.[9]
 

Rz. 203

Ein mittelbarer Einfluss besteht aber auch dann, wenn im Rahmen der Erbschaft- oder Schenkungsteuerfestsetzung der festgestellte Wert für die Bewertung eines anderen Wirtschaftsguts von Bedeutung ist. So kann es sich verhalten, wenn

  • in Fällen der mittelbaren Grundstücksschenkung der Ermittlung der Bereicherung nicht der für den Erwerb des Grundstücks hingegebene Geldbetrag, sondern der Wert des Grundstücks zugrunde gelegt wird, oder
  • bei der Bewertung von Nutzungen aus einem Grundstück, deren Jahreswert nach § 16 BewG auf den 18,6ten Teil des Grundstückswerts begrenzt ist.
 

Rz. 203a

Ein gesondert festgestellter Grundbesitzwert entfaltet Bindungswirkung für alle Schenkungsteuerbescheide, bei denen er in die steuerliche Bemessungsgrundlage einfließt. Das gilt auch für die Berücksichtigung eines früheren Erwerbs nach § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wertfeststellung zu einer Steuerfeststellung geführt hat. Ein Stpfl. kann sich nicht darauf berufen, er habe den – materiell unzutreffenden – Wertfeststellungsbescheid nicht angefochten, weil die Steuerfestsetzung für den Vorerwerb aufgrund der Freibeträge 0 EUR betragen habe.[10]

 

Rz. 204

Im Einvernehmen der Verfahrensbeteiligten kann auf die Durchführung eines Feststellungsverfahrens verzichtet werden, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt.[11] Ein Fall von geringer Bedeutung liegt insbesondere vor, wenn der Verwaltungsaufwand der Beteiligten außer Verhältnis zur steuerlichen Auswirkung steht und der festzustellende Wert unbestritten ist.[12]

Bei einer Grundstücksschenkung kann auf eine Feststellung des Grundbesitzwerts zunächst verzichtet werden, wenn absehbar ist, dass der Steuerwert der freigebigen Zuwendung unter dem persönlichen Freibetrag des Erwerbers liegt und auch eine Zusammenrechnung mit früheren Erwerben[13] nicht zu einer Steuerfestsetzung führt.[14] Gleiches gilt bei einem Grundstückserwerb von Todes wegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b oder 4c ErbStG – Familienheim –.[15] Auf die Anforderung der Feststellung eines Grundbesitzwerts, der nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG wegen Überschreitens der Wohnungsgrößengrenze nur teilweise steuerfrei ist, kann zunächst verzichtet werden, wenn der steuerpflichtige Anteil zusammen mit etwaigen anderen Zuwendungen vom Erblasser – auch unter Berücksichtigung etwaiger Vorerwerbe – den persönlichen Freibetrag des Erben nicht überschreitet.[16] Das Betriebsfinanzamt verzichtet zunächst auf die Anforderung eines Grundbesitzwerts gem. § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG, wenn der Substanzwert (§ 11 Abs. 2 BewG) offensichtlich nicht zum Ansatz kommt, es sich bei dem Grundstück um betriebsnotwendiges Vermögen handelt (kein Vermögen i. S. d. § 200 Abs. 2 BewG), es sich nicht um Verwaltungsvermögen handelt (§ 13b Abs. 2 ErbStG) und kein junges Betriebsvermögen i. S. d. § 200 Abs. 4 BewG vorliegt.[17]

Zunächst unterbliebene Feststellungen können im Bedar...

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