Rz. 200

Zu den Erben als solchen treffenden Nachlassverbindlichkeiten gehören auch Nachlasskosten- und Erbschaftsverwaltungsschulden, die erst nach dem Erbfall entstehen. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG umschreibt die wesentlichen insoweit anfallenden Verbindlichkeiten.[1] Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff der "Kosten" umfasst nur solche, die in bezifferbaren Aufwendungen (Geldleistungen) bestehen oder jedenfalls in Geld messbar sind.[2] Hierzu gehören nicht die von einem Erwerber selbst erbrachten Dienstleistungen.[3]

[1] Überblick bei Götz, ZEV 2010, 561; Brüggemann, ErbStG 2011, 24 ff.
[3] FG Nürnberg v. 9.8.1994, IV 322/92, EFG 1995, 27.

6.4.1 Bestattungskosten

 

Rz. 201

Nach § 1968 BGB hat der Erbe die Kosten der standesgemäßen Beerdigung zu tragen. Der zivilrechtliche Begriff der Beerdigungskosten entspricht dem in § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG verwendeten Begriff der Bestattungskosten; allerdings verzichtet § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG auf den Maßstab des Standesgemäßen, sodass erbschaftsteuerlich auch darüber hinausgehende Aufwendungen abzugsfähig sind.[1] Berücksichtigungsfähig sind im Einzelnen – neben den eigentlichen Beerdigungskosten (Bestatter, Grabstätte, kirchliche und bürgerliche Trauerfeier) – die Kosten für Todesanzeigen und Danksagungen, Reisekosten der Angehörigen (einschl. der von den Erben getragenen Reisekosten für anreisende Angehörige) sowie Ausgaben für Trauerkleidung, soweit sie für die Trauerfeier angeschafft wurden. Ferner können auch Aufwendungen für eine etwaige Exhumierung, Überführung und endgültige Bestattung abgezogen werden.[2] Bestattungskosten sind auch ohne rechtliche Verpflichtung abzugsfähig, wenn eine sittliche Pflicht zur Übernahme von Bestattungs- und anderen Kosten angenommen werden kann. Dies ist namentlich bei Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern der Fall.[3] Auch der nichteheliche Lebensgefährte des Erblassers kann als Begünstigter eines Vertrags zugunsten Dritter sittlich verpflichtet sein, die genannten Kosten zu übernehmen.[4] Diese großzügige Verwaltungsauffassung darf nicht über den Wertungswiderspruch hinwegtäuschen, dass bei Nachlassverbindlichkeiten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nrn. 1 und 2 ErbStG grundsätzlich eine rechtliche Verpflichtung erforderlich ist und eine nur sittliche Verpflichtung nicht genügt.[5]

 

Rz. 202

Die Beerdigungskosten werden aufgrund entsprechender rechtlicher Verpflichtung häufig von Dritten (z. B. Sterbegeldversicherung, Arbeitgeber, Beihilfe) übernommen. Da dem Erben insoweit keine eigenen Aufwendungen entstehen, kann ein Abzug nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG nicht erfolgen.[6] Der Pauschbetrag des § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 ErbStG kann jedoch in voller Höhe – d. h. nicht um die vom Dritten übernommenen Bestattungskosten gekürzt – in Anspruch genommen werden.

 

Rz. 203

Werden die Bestattungskosten von einem Dritten ohne rechtliche Verpflichtung getragen, so ist bei den Erben gleichfalls kein Abzug nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG möglich. Bezüglich der sich hieraus für den Erben ergebenden Auswirkungen auf die Abzugsfähigkeit eines Pauschbetrags nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 ErbStG ist danach zu differenzieren, ob der die Bestattungskosten tragende Dritte am Erbfall als Erwerber beteiligt ist oder nicht. Aufgrund der Befreiung des Erben von seiner auf § 1968 BGB beruhenden Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten kann im Verhältnis zum Erben eine freigebige Zuwendung[7] vorliegen. Das ist allerdings nur anzunehmen, sofern der Dritte auf seinen gegen den Erben bestehenden Anspruch auf Kostenersatz endgültig verzichtet.

 

Rz. 204

Eine Bereicherung des Erben um die ersparten Bestattungskosten ist zu erfassen, falls ihn der Erblasser zu Lebzeiten – z. B. durch vorab erfolgte Begleichung der Bestattungskosten – von diesen freigestellt hat. Hier gehört der entsprechende Sachleistungsanspruch zum steuerpflichtigen Erwerb; für den Erben ist der Pauschbetrag des § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 ErbStG nicht zu kürzen. Eine solche Kürzung tritt auch dann nicht ein, wenn noch der Erblasser die seine Bestattung betreffenden Verbindlichkeiten[8] begründet hatte.

 

Rz. 205

Bei Bestattungsvorsorge-Treuhandkonten zahlt der Auftraggeber (d. h. der spätere Erblasser) die voraussichtlichen Bestattungskosten auf ein Treuhandkonto ein, dem der Treuhänder (Bestattungsinstitut) später die Bestattungskosten entnimmt. Auch hier gelten die dargestellten Grundsätze: Das Treuhandkonto gehört zum Nachlass des Erben. Dieser kann die Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abziehen. Der Pauschbetrag des § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 ErbStG bleibt dem Erben in vollem Umfang erhalten.

[1] Damit bleibt ein Wertungswiderspruch zur gesetzlichen Regelung für das Grabdenkmal, dessen Kosten nur im Rahmen des Angemessenen abzugsfähig sind.
[2] Zu den an sich schon den Beerdigungskosten zuzuordnenden Kosten des Grabdenkmals vgl. Rz. 206.
[3] R E 10.9 Abs. 2 ErbStR 2019.
[5] Mai,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge