Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für den Zufluss gutgeschriebener Darlehenszinsen durch Novation bei Anlagebetrug

 

Leitsatz (redaktionell)

Ob ein steuerpflichtiger Zufluss gutgeschriebener Darlehenszinsen aufgrund einer Novation anzunehmen ist, kann, wenn - wegen der Vielzahl der Darlehensanleger - im Einzelfall nicht direkt festgestellt werden kann, ob der Gläubiger tatsächlich in der Lage gewesen wäre, den Leistungserfolg in Gestalt der Vereinnahmung der gutgeschriebenen Beträge ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen, nur aus Rückschlüssen aus dem tatsächlichen Geschäftsgebahren des Schuldners auf das Auszahlungsbegehren des Klägers bzw. sonstiger Anleger hergeleitet werden, wobei das Aufklärungsrisiko zu Lasten des Beklagten geht.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer 1992, ob ihm Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 171.000 DM zugeflossen sind.

Der ledige Kläger betreibt einen Handel mit Geschirr für Großküchen, wobei der Verkauf direkt oder durch den Besuch von Märkten erfolgt. 1991 erwarb er einen PKW Mercedes 300 D für 63.267 DM, im Folgejahr einen Mercedes Bus 210 D für 40.007 DM und ein Mehrfamilienhaus in H für 245.000 DM. Dies veranlasste den Beklagten bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1992 bei dem Kläger anzufragen, woher die Geldbeträge zur Finanzierung der genannten Anschaffungen stammten. Der Kläger teilte hierzu mit:

  • die Volksbank ... hätte die Anschaffung des Wohnhauses mit einem Darlehen in Höhe von 190.000 DM finanziert,
  • der Restbetrag in Höhe von 55.000 DM stamme aus eigenen Ersparnissen und Zuwendungen von Eltern und Verwandten,
  • die Erlöse aus der Veräußerung eines Mercedes 190 D und eines Wohnwagens hätten zur Zahlung der PKW-Neuanschaffungen gedient und
  • ein zusätzlicher Dispo-Kredit bei der Raiffeisenbank ... sei aufgenommen worden.

Mit Bescheid vom 22. 04. 94 setzte der Beklagte die Einkommensteuer ohne Überprüfung der Angaben des Klägers erklärungsgemäß fest.

Anlässlich einer Überprüfung des später als Anlagebetrüger verurteilten -Z.-stellte die Steuerfahndung folgende Sachverhalte fest:

Am 20. 01. 1992 gewährte der Kläger dem Z. ein Darlehen in Höhe von 130.000 DM. Dieses hatte eine Laufzeit von drei Monaten. Als Rückzahlungssumme war ein Betrag von 286.000 DM zugesagt worden. Die Darlehensrückzahlung erfolgte am 22. 04. 1992 (Fotokopie der Quittung vom 22. 04. 92, Bl 20 PrA). Der Kläger soll 36.000 DM bar erhalten und mit Z. einen neuen Darlehensvertrag über 250.000 DM abgeschlossen haben. Für dieses Darlehen sollten am 15. 07. 1992 625.000 DM zurückgezahlt werden. Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit beim Darlehensnehmer fiel die Forderung aus.

Am 03. 04. 1992 stellte der Kläger Z. einen Betrag in Höhe von 75.000 DM zur Verfügung, der an ihn am 15. 05. 1992 90.000 DM einschließlich Zinsen zurückzahlte (Fotokopie der Quittung vom 15. 05. 92, Bl 21 PrA).

Aufgrund dieser Darlehensgewährungen sollen dem Kläger nach den Ermittlungen der Steuerfahndung Zinserträge in Höhe von 171.000 DM zugeflossen seien.

Darüber hinaus ermittelte die Steuerfahndung im Wege einer Geldverkehrsrechnung für das Kalenderjahr 1992 einen ungeklärten Vermögenszuwachs in Höhe von 122.125 DM. Daher nahm sie für das Kalenderjahr 1992 bei den Einkünften des Klägers aus gewerblicher Tätigkeit eine Zuschätzung in Höhe von 40.000 DM vor.

Der Beklagte folgte diesen Feststellungen und erließ am 05. 01. 1999 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 1992.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, der ohne Erfolg blieb. Seinen Einspruch hatte er im wesentlichen damit begründet, dass bei dem ersten Darlehen kein Bargeld geflossen sei, er vielmehr Familienschmuck hingegeben habe, der von Herrn Z mit 130.000 DM bewertet worden sei, für die Gewährung des zweiten Darlehens ein Campingwagen in Zahlung gegeben worden sei, der mit 39.000 DM bewertet worden sei, es zu einer Auszahlung des ersten Darlehens lediglich in Höhe von 36.000 DM gekommen sei und die Novation nicht freiwillig erfolgt sei, weil er hierzu aufgrund fehlender Liquidität von Herrn Z gezwungen worden sei und es schon ab Mai 1992 bei Z. zu erheblichen Auszahlungsproblemen gekommen sei.

Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass es sich vorliegend nicht um steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen handele. Es lägen vielmehr Einkünfte aus Spekulationsgeschäften vor. Da die vereinbarten Zinsen mehr als doppelt so hoch wie die üblichen Zinsen gelegen hätten, seien die getroffenen Vereinbarungen gemäß § 138 BGB sittenwidrig. Sofern es zu Zinszahlungen gekommen sei, bestünde ein Rückerstattungsanspruch. Dieser sei vom Konkursverwalter des Z. in zahlreichen Fällen erfolgreich beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken (u. a. in Kopie vorgelegtes Urteil vom 05. Juli 1999 7 U 43/99) geltend gemacht worden. Es seien auch keine Zinsen zugeflossen. Z. sei bereits zu Be...

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