Zum Zufluss von Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag
Hintergrund: Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag
X schloss in 1995 einen Bausparvertrag "System A" bei der A Bausparkasse AG. Im Bausparantrag beantragte er die Ausgestaltung des Vertrags als "Renditesystem". Als Bausparsumme gab er 100.000 DM an.
Nach den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) erhält der Bausparer bei Verzicht auf das Bauspardarlehen einen Bonus. Dieser besteht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhöhung des Guthabenzinses um 2,5 % auf insgesamt 4,75 % jährlich. Der Bonus ist bei Auszahlung des gesamten Bausparguthabens fällig und wird dem Bausparkonto zu diesem Zeitpunkt gutgeschrieben. Der Bausparer kann über den Bonus nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügen.
Am 31.7.2013 wurde dem X von der Bausparkasse ein Betrag von 84.491 EUR ausgezahlt. Dabei handelte es sich u.a. um das Bausparguthaben von 58.203 EUR, Zinsen für Sparguthaben von 763 EUR und einen "Schlussbonus" von 24.714 EUR. Darüber hinaus wurden X weitere Guthabenzinsen in Höhe von 247 EUR gutgeschrieben.
Aufgrund einer Kontrollmitteilung der OFD erhielt das FA unter dem 21.08.2017 Kenntnis davon, dass X im Streitjahr Kapitalerträge in Höhe von 25.725 EUR erhalten hatte, für die kein Abzug von Kapitalertragsteuern durchgeführt worden war.
Das FA erließ darauf einen ESt-Änderungsbescheid, mit dem es die Bonuszinsen von 24.714 EUR berücksichtigte.
Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab. X habe über den Bonus nur in Verbindung mit dem Bausparguthaben verfügen können. Die Bonuszinsen seien dem X somit erst zusammen mit der Auszahlung des Bonusguthabens in 2013 zugeflossen. Einen früheren Zufluss der Bonuszinsen durch den jährlichen "Vermerk auf dem Bonuskonto" lehnte das FG ab, da es bereits an einem Anspruch auf die bonuszinsen vor 2013 gefehlt habe. Ein Anspruch auf die Zinsen habe frühestens bei Zuteilungsreife des Bausparvertrags und dem Verzicht auf das Bauspardarlehen entstehen können.
Entscheidung: Zufluss mit Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht in 2013
Der BFH wies die Revision zurück. Die Bonuszinsen wurden zusammen mit dem Bausparguthaben erst am 31.7.2013 dem Bausparkonto gutgeschrieben und an den X ausgezahlt. Entgegen der Auffassung des X führte der jährliche Ausweis der Bonuszinsen auf dem Bonuskonto noch nicht zu einem Zufluss i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Die Zinsen waren somit erst in 2013 der Besteuerung zu unterwerfen.
Bonuszinsen als Entgelt für die Nutzung von Kapitalvermögen
Bei den von der Bausparkasse gutgeschriebenen Bonuszinsen handelt es sich um eine Erhöhung der dem X für die Überlassung des Bausparguthabens gewährten Guthabenzinsen. Die Bonuszinsen stellen deshalb – ebenso wie die Guthabenzinsen – ein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG dar. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie im Streitfall – die Erwartung einer Rendite aus dem Bausparguthaben im Vordergrund steht. Dabei genügt es, wenn die Absicht, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, nur als Nebenzweck verfolgt wird (BFH v. 8.12.1992, VIII R 78/89, BStBl II 1993, S. 301).
Noch kein Zufluss durch Vermerk auf dem Bonuskonto
Ein Zufluss durch Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kommt nur in Betracht, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung besteht. Aus der Art und Weise der Verbuchung kann der Gläubiger keine Ansprüche herleiten. Ein Anspruch muss vielmehr vorausgesetzt werden, wenn es darum geht, ob der Schuldner durch eine bestimmte Buchung auf diesen Anspruch leisten und die Zahlung bewirken wollte (BFH v. 30.11.2010, VIII R 40/08, BFH/NV 2011, S. 592, Rz. 24). Im Streitfall wurde ein solcher Anspruch nicht dadurch bewirkt, dass die Bonuszinsen bei der Bausparkasse jährlich auf einem Bonuskonto "vermerkt" wurden. Denn ein Anspruch auf die Bonuszinsen entstand frühestens mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags und erforderte insbesondere einen Verzicht auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. X hat jedoch erst im Streitjahr 2013 auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens verzichtet.
Auch kein jährlicher Zufluss
Ein jährlicher Zufluss der Bonuszinsen lässt sich auch nicht aus der vereinbarten Verzinsung ableiten. Denn auch diese Verzinsung sollte erst im Falle eines Darlehensverzichts zum Tragen kommen. Die Ausgestaltung der Verzinsung als eine auf den Vertragsbeginn rückbezogene Erhöhung der Guthabenzinsen lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass dem X die Bonuszinsen bereits seit Vertragsschluss zustanden. Auch unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Bausparvertrags als Renditevertrag kann nicht davon ausgegangen werden, dass bereits zu Beginn der Laufzeit des Bausparvertrags ein Verzicht auf das Bauspardarlehen vereinbart worden sei und X über die Bonuszinsen bereits mit dem jährlichen Ausweis der Zinsen auf dem Bonuskonto habe verfügen können. X hatte keine Verfügungsbefugnis über die jährlich auf dem Bonuskonto vermerkten Beträge vor einem Verzicht auf die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens und einer Auszahlung des Bausparguthabens.
Keine Verfügungsbefugnis aufgrund Novation
Es fehlt bereits an dem Vorliegen einer Novationsvereinbarung zwischen X und der Bausparkasse. Außerdem führte der bloße Ausweis der Zinsen auf dem Bonuskonto für den Fall des Verzichts des X auf das Bauspardarlehen noch nicht zu einem Zinszahlungsanspruch. Deshalb bestand auch keine Veranlassung für eine Schuldumschaffung. X hat auch nicht bereits bei Vertragsabschluss im Wege einer "Vorausverfügung" eine Entscheidung über die Wiederanlage zukünftiger Zinsgutschriften getroffen. Denn dafür hätte er zumindest die Möglichkeit haben müssen, sich frei zwischen der jährlichen Auszahlung und der Wiederanlage der Bonuszinsen zu entscheiden (BFH v. 30.11.2020, VIII R 40/08, BFH/NV 2011, S. 592). Das war vorliegend nicht der Fall. X hatte nicht die Möglichkeit, den Bausparvertrag mit einem anderen als dem von der Bausparkasse angebotenen Inhalt abzuschließen. Danach hatte X nicht die Wahl zwischen Sparverträgen mit oder ohne Auszahlung jährlich fällig werdender Bonuszinsen.
Hinweis: Bindende Sachverhaltswürdigung des FG
Die Würdigung des FG in tatsächlicher Hinsicht, X habe vor dem Streitjahr noch keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Zinsen erlangt, hält der BFH nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens für möglich. Sie ist daher für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindend. Dass auch eine andere Würdigung möglich gewesen wäre, steht der Bindung des BFH nicht entgegen (BFH v. 20.11.2008, III R 53/05, BFH/NV 2009, S. 564). Insofern kommt der Sachdarstellung der Beteiligten vor dem FA bzw. dem FG besondere Bedeutung zu.
BFH Urteil vom 15.11.2022 - VIII R 18/20 (veröffentlicht am 02.03.2023)
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grundsätzlich kann man schon darüber nachdenken. Die bisherige ältere Rechtsprechung zu Verütungen für mehrjährige Tätigkeiten betrifft ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit. Diese Beschränkung dürfte aber – insbesondere durch Verwendung des Begriffs "Vergütung" anstelle von "Entlohnung" – nicht mehr zulässig sein, mit der Folge, dass grundsätzlich auch Einkünfte aus anderen Einkunftsarten, wie zB KapVerm begünstigungsfähig sind (siehe hierzu Graf, in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 34 EStG Rn. 12).
Eine Zusammenballung von Einkünften setzt hier aber voraus, dass der Zufluss nicht dem vertragsgemäßen oder dem typischen Verlauf entspricht, vgl. R 34.4 Abs 1 S 3 EStR 2012. Aus diesem Grund ist laut Graf, in Littmann/Bitz/Pust, auch eine Tarifermäßigung bei den Bundesschatzbriefen (bei denen die Zinsen endfällig ausbezahlt werden) ausgeschlossen (glA auch Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 67 (Dezember 2015); aA Kirchhoff, § 34 EStG Rz 27).
MfG, Frank Holst, Haufe Online Redaktion