Entscheidungsstichwort (Thema)

Die Gestaltung von Baumarktprospekten nach Vorgaben des Corporate Designs ist keine künstlerische Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Einnahmen aus der Gestaltung von Baumarktprospekten unterliegen der Gewerbesteuer, wenn sie nicht die notwendige Gestaltungshöhe für die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit aufweisen.

Ein nachträglicher Wechsel des Steuerpflichtigen von der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zum Zweck der Bildung von Gewerbesteuerrückstellungen ist nicht zulässig.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 4 Abs. 3; AO § 141 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin gewerblich oder freiberuflich tätig ist.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der im Streitjahr Frau S. A. und Herr C. S. zu je 50% beteiligt waren. Die Klägerin ist im Bereich der visuellen Kommunikation tätig. Sie konzipiert und gestaltet Erscheinungsbilder, Imagebroschüren und Geschäftsberichte und setzt Sachverhalte visuell um. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit liegt in der Gestaltung von Angebots- und Prospektwerbung für Handelsunternehmen. Arbeitsbeispiele finden sich auf Bl. 47 ff. der Feststellungsakte und der Internetseite der Klägerin (www...de).

Die Gesellschafterin Frau S. A. studierte von 1987 bis 1991 an der Merz-Akademie in Stuttgart Grafik-Design und erwarb den Abschluss "Dipl. Grafik-Designerin (FH)". Anschließend war sie von 1991 bis 1993 als angestellte Grafik-Designerin tätig, bevor sie sich 1993 selbständig machte und im Jahr 1997 zusammen mit Herrn C. S. die Klägerin gründete (Bl. 15 d. Vertragsakte).

Der Gesellschafter Herr C. S. studierte von 1984 bis 1986 Photo-Design an der früheren Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie, die zwischenzeitlich in die Fachhochschule München integriert ist. Nach einer Assistenzzeit von 1986 bis 1987 arbeitete er seit 1987 selbständig mit einem eigenen Atelier für Photo-Design, bevor er im Jahr 1997 die Klägerin gründete (Bl. 15 d. Vertragsakte).

Die Klägerin ermittelte im Streitjahr ihren Gewinn nach Einnahmen-Überschuss-Rechnung und erklärte Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 EStG.

Hauptkunde der Klägerin ist eine europaweit agierende Baumarktkette, die Firma X AG. Für sie erstellt die Klägerin das Grafik-Design zur gesamten Prospektwerbung innerhalb Deutschlands wie z.B. Beilagen in Tageszeitungen. Arbeitsbeispiele finden sich auf Blatt 57 ff. d. Feststellungsakte und auf Blatt 14 d. Außenprüfungs-Handakte Band III. Daneben erstellt sie graphische Grundkonzepte für die Prospektwerbung des X-Konzerns europaweit. Die Klägerin gestaltet die Prospekte anhand der Fotos, Texte und Preisangaben der zu bewerbenden Waren. Die technische Weiterverarbeitung, insbesondere die Bildbearbeitung, die Einhaltung drucktechnischer Vorgaben und die Abwicklung mit der Druckerei erfolgt über eine andere Firma, die Firma D. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Arbeitsbeschreibung der Klägerin für die Erstellung von X-Handzetteln auf Bl. 70 d. BpA verwiesen. Eine Tochtergesellschaft der X AG mit Sitz in der Schweiz, die Firma C Werbeagentur AG, veranlasst den Druck der Werbeprospekte. Über sie erfolgt zugleich die Auftragsdurchführung und Rechnungsbegleichung (Bl. 94 d. BpA).

Die anteiligen Umsätze, die die Klägerin mit der Fa. D Werbagentur AG tätig, belaufen sich im Streitjahr auf 363.708,00 Euro und damit 94 % der Umsätze der Klägerin. Der Rest der Umsätze entfällt auf die Gestaltung von Broschüren und Druckvorlagen für andere Unternehmen wie z.B. die Y AG. In den Jahren nach 2004 stiegen die Umsätze im Zusammenhang mit der X-Werbung stetig an, im Jahr 2008 auf 642.650 Euro (Bl. 36 d. Feststellungsakte).

Der Beklagte führte vom 21. April 2009 bis 1. Oktober 2009 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 durch. Im Rahmen der Betriebsprüfung kamen der Prüferin Zweifel, ob die Klägerin mit ihren für die X AG getätigten Arbeiten wie erklärt Einkünfte aus Selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb erzielt. Sie übersandte daher Unterlagen an den Künstlerausschuss der Oberfinanzdirektion Rheinland-Pfalz in Mainz, der in seiner Sitzung am 19. Juni 2009 einstimmig folgenden Beschluss fasste (Bl. 178 d. Akte "Vorgänge Bp" - BpA):

"Die Künstlereigenschaft im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz konnte für die Gestaltung der X-Prospekte nicht anerkannt werden, da eine kommerzielle und nicht freischaffend künstlerische Tätigkeit betrieben wird."

Der Künstlerausschuss entschied in folgender Besetzung (Bl. 195 d. BpA):

Vorsitz: A

ehem. Vorsteher FA ...

Prof. em. B

Universität ... (Bildende Kunst)

Prof. C

Fachhochschule ... (Design)

Prof. D

Fachhochschule ... (Design)

Prof. E

Fachhochschule ... (Design)

Prof. F

Fachhochschule ... (Design)

Auf entsprechende Bitte der Klägerin folgte am 18. Oktober 2009 eine ausführliche Stellungnahme des Vorsitzenden des "Künstlerausschusses OFD Rheinland-Pfalz" zu seiner Entscheidung (Bl. 195 d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge