Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskosten: Regelmäßige Arbeitsstätte eines Zugbegleiters

 

Leitsatz (amtlich)

Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Zugbegleiters befindet sich im Zug. Dies gilt auch dann, wenn er seinen Dienst stets am selben Bahnhof beginnt und beendet und die Einnahmen nach Fahrtende dort einzahlen muss. Der Betriebssitz am Start- und Ziel-Bahnhof ist deshalb keine regelmäßige Arbeitsstätte.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Tatbestand

Strittig geblieben ist der Werbungskostenabzug einer Zug-Servicemitarbeiterin für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte dem Grunde nach.

Die Klägerin war im Streitjahr 2013 als Zug-Servicemitarbeiterin mit unregelmäßigem Wechseldienst nichtselbständig beschäftigt (Blatt 7 ESt-A). Von ihrer Arbeitgeberin, der DB Fernverkehr AG, erhielt sie für die Strecke zwischen Wohnort und K ein sogen. Job-Ticket (Blatt 7 ESt-A).

In ihrer Einkommensteuererklärung gab sie an, an 191 Tagen eine einfache Entfernung von 94 km zwischen ihrer Wohnung und der regelmäßiger Arbeitsstätte gefahren zu sein und vertrat die Ansicht, im Hinblick auf die drei Urteile des BFH vom 9. Juni 2011 zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte (VI R 58/09, BStBl II 2012, 34; VI R 36/10, BStBl II 2012, 36 und VI R 55/10, BStBl II 2012, 38) nicht nur die einfache Entfernung, sondern die Hin- und Rückreise geltend machen zu können (Blatt 5 ESt-A). Außerdem beanspruchte sie für die von ihr getragenen Kosten zur Reinigung der Dienstkleidung den Abzug eines Betrages in Höhe von 691 € als Werbungskosten (Blatt 3 Rücks. ESt-A).

Von diesen Erklärungsangaben wich der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 30. Juli 2014 ab. Aufwendungen für die wegen fehlender regelmäßiger Arbeitsstätte als Dienstfahrten eingestuften Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erkannte er mit dem Hinweis auf das gestellte Job-Ticket und des daraus resultierenden Fehlens eigener Kosten nicht an. Die Aufwendungen für die Reinigung der Dienstkleidung berücksichtigte er im Wege der Schätzung mit einem Betrag in Höhe von 180 € (25/26 ESt-A).

Ihren am 22. August 2014 erhobenen Einspruch begründete die Klägerin u. a. damit, dass sie - entgegen der Annahme des Beklagten - sehr wohl eine regelmäßige Arbeitsstätte gehabt hätte, und zwar in K, wie der Arbeitgeberbescheinigung vom 13. August 2014 (Blatt 30 ESt-A) entnommen werden könnte. Es sei ihre Pflicht gewesen, sich bei Dienstbeginn an ihrer Arbeitsstätte in K zu melden und die nötigen Arbeitsmaterialien und -unterlagen entgegen zu nehmen. Bei Dienstende habe sie ebenfalls zur Arbeitsstätte gemusst; dort habe sie die Diensttasche übergeben und die Einnahmen vom Zug eingezahlt. Bei einer Übernachtung in einer auswärtigen Dienststelle habe sie sich am ersten Tag bei ihrer Arbeitsstätte zum Dienst gemeldet und am zweiten Tag ihre Tätigkeit direkt auf dem Zug begonnen; beendet worden sei der Dienst wieder bei ihrer Arbeitsstätte in K. Es lägen somit keine Dienstreisen vor, sondern Fahrten zwischen Wohnort und Dienstort.

Durch Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 2014 wies der Beklagte den Einspruch aus folgenden Gründen zurück: Im Falle eines Flugzeugführers habe der BFH in seinem Urteil vom 26. Februar 2014 (VI R 68/12, BFH/NV 2014, 1029) entschieden, dass dieser schwerpunktmäßig in einem Flugzeug tätig sei und mangels Ortsfestigkeit keine regelmäßige Arbeitsstätte hätte. Der hiesige Streitfall wäre vergleichbar. Als Zugbegleiterin sei die Klägerin schwerpunktmäßig in einem Zug tätig. Dort sei der qualitative Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Bestätigt werde dies auch durch die Dauer der Tätigkeit im Zug, die zur Gewährung von Verpflegungsmehraufwendungen führte. Dass die Klägerin ihren Dienst in K begonnen und beendet habe, hätte die dortige Dienststelle nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte im Sinne der neueren Rechtsprechung gemacht, da die dortigen Tätigkeiten im Vergleich zur Tätigkeit im Zug von untergeordneter Bedeutung seien. Da die Klägerin somit über keine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt hätte, komme auch nicht die Gewährung der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 2014 verwiesen.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Anerkennung der Entfernungspauschale für 191 Fahrten à 94 km nach K. Hierzu hat sie von ihrem Verfahrensbevollmächtigten vortragen lassen:

Der Beklagte habe rechtsfehlerhaft die Anwendung der Entfernungspauschale verneint. Die Entscheidung des BFH vom 26. Februar 2014 sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Im Falle eines Flugzeugführers stelle sich die Situation so dar, dass dieser nicht einem bestimmten Flughafen zugewiesen sei, von dem aus er regelmäßig seine Tätigkeit beginne und an diesem die Tätigkeit auch gewöhnlich beende. Vielmehr starte und lande der Pilot an verschiedensten Flughäfen zu unterschiedlichen Zeiten und weise damit keinen festen Bezugspunkt auf. Maßgeblich sei nach dem Urteil des BFH vom 26. Febr...

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