Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweiserbringung bei dauernder Berufsunfähigkeit i.S.v. § 16 Abs. 4 EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Die dauernde Berufsunfähigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne (§ 16 Abs. 4 Satz 1 EStG) ist anhand amtlicher Bescheinigungen nachzuweisen. Die Vorlage einer fachärztlichen Bescheinigung reicht nicht aus.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 4; SGB VI § 240 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen ist.

Der mit seiner Ehefrau zusammen veranlagte Kläger war im Streitjahr 2003, damals 53-jährig, als Steuerberater selbständig tätig.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2003 machten die Kläger Versicherungsbeiträge i.H.v. 11.186,00 € als Vorsorgeaufwendungen steuermindernd geltend und erklärten Vermietungseinkünfte i.H.v. 16.752,00 € (aus Beteiligung) und 4.046,00 €. Außerdem erklärte der Kläger einen laufenden Gewinn aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. 2.372,00 € und einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 37.377,00 €. Für den Veräußerungsgewinn wurde ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG wegen dauernder Berufsunfähigkeit beantragt. Der Erklärung beigefügt war eine Veräußerungsbilanz zum 02.01.2003, eine Ermittlung nach § 16 Abs. 1 EStG und eine Einnahme-Überschussrechnung für die Zeit vom 01.01. - 31.12.2003.

Der Beklagte führt mit gemäß § 165 Abs. 1 S. 2 AO teilweise vorläufigem Einkommensteuerbescheid vom 19.01.2005 eine Einkommensteuerveranlagung für die Kläger durch, wobei er von den Angaben in der Erklärung insoweit abwich, als er bei den Vermietungseinkünften nur die mit vorliegenden Zinsbescheinigungen nachgewiesenen Darlehenszinsen i.H.v. 20.977,00 € als Werbungskosten berücksichtigte und einen Betrag i.H.v. 79,00 € ebenso wie pauschale Verwaltungskosten i.H.v. 360,00 € nicht anerkannte.

Der laufende Gewinn aus selbständiger Tätigkeit wurde bei der Einkommensteuerveranlagung i.H.v. 4.852,00 € angesetzt, der Veräußerungsgewinn i.H.v. 34.588,00 €, ein Veräußerungsfreibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG wurde dabei nicht berücksichtigt, der Veräußerungsgewinn jedoch dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG unterworfen. Hierzu wurde im Bescheid erläutert, der freiberufliche Gewinn sei anhand der eingereichten Unterlagen von Amtswegen ermittelt worden. Telefonkosten für den Zeitraum bis zur Betriebsaufgabe (02.01.2003) seien mit 200,00 € zuzüglich Umsatzsteuer geschätzt worden, es sei eine entsprechende Berichtigung der Umsatzsteuerveranlagung erfolgt. Die Umsatzsteuererstattung erhöhe den laufenden Gewinn bzw. Übergangsgewinn, die Nachzahlung für 2003 mindere den Aufgabegewinn. Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sei nicht gewährt worden, da das 55. Lebensjahr nicht vollendet sei bzw. keine Berufsunfähigkeit vorliege.

Die Einkommensteuer wurde mit diesem Bescheid auf 8.302,00 € festgesetzt, der Solidaritätszuschlag auf 456,61 €.

Mit Schreiben vom 19.01.2005 machte der Kläger geltend, dass er den Freibetrag nach § 34 Abs. 3 EStG beantrage, da er absehbar auf Dauer berufsunfähig sei. Mit seinen Augen habe er beim Wechseln von Nahsehen und Bildschirmsehen erhebliche Probleme, wobei ja der permanente Wechsel der Aktenbearbeitung und des Bildschirmarbeitens einen großen Teil seiner Arbeit ausmache. Weiterhin sei durch Schmerz bei Bewegung im Schulterbereich, insbesondere bei der Arbeit am Keyboard die entsprechende Arbeit nicht normal durchzuführen. Beide Einschränkungen verursachten einen unverhältnismäßigen Aufwand. Deshalb habe er auch mit Wirkung zum 31.12.2005 auf seinen Titel als Steuerberater verzichtet, mit anderen Worten sei er kraft Gesetzes nicht mehr als Steuerberater tätig. Er beantrage daher, einen entsprechenden Steuerbescheid für 2003 zu erlassen.

Am 07.02.2005 erging ein nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderter Einkommensteuerbescheid 2003, in dem die anteiligen Vermietungseinkünfte aus der Hausbesitzgemeinschaft mit dem (lt. Feststellungsbescheid vom 21.01.2005) einheitlich und gesondert festgestellten Betrag von 17.947,00 € berücksichtigt wurden und die Einkommensteuer auf 8.746,00 €, der Solidaritätszuschlag auf 481,03 € festgesetzt wurde. In den Erläuterungen zum Bescheid war ausgeführt, allein wegen der Darlegungen in seinem Schreiben vom 19.01.2005 könne nicht von einer dauernden Berufsunfähigkeit ausgegangen werden. Die dauernde Berufsunfähigkeit sei anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Dabei reiche die Vorlage eines Bescheids des Rentenversicherungsträgers aus, wonach die Berufsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung vorliege. Im Übrigen könnten auch amtsärztliche Bescheinigungen den Nachweis erbringen (R 139 Abs. 14 der Einkommensteuerrichtlinien EStR 2003).

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein mit der Begründung, der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG werde beantragt, da er absehbar auf Dauer berufsunfähig sei. Der erhöhte Freibetrag wegen dauernder Berufsunfähigkeit sei zu gewähren, wenn der Unternehmer durch Invalidität veranlasst werde, seinen Betrieb zu veräußern oder aufzugebe...

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