Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsdauer eines Übergangswohnheims für Aussiedler

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorläufigkeit gemäß § 165 AO hinsichtlich der Mietdauer schränkt die Änderungsmöglichkeit gemäß § 164 Abs. 2 AO betreffend die Nutzungsdauer des Gebäudes - und damit die AfA - nicht ein.

Die Nutzungsdauer für ein Übergangswohnheim für Aussiedler, das der Steuerpflichtige mit Abbruchabsicht erworben hat, beträgt 50 Jahre.

 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 4, § 10d Abs. 1 S. 1; AO §§ 164-165

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.07.2009; Aktenzeichen IX B 22/09)

 

Tatbestand

Streitig ist für die Frage der Dauer und Höhe der Abschreibung eines Gebäudekomplexes, ob er mit einer Abbruchverpflichtung erworben wurde.

Die Kläger werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. In einer am 12. März 1993 erstellten Selbstauskunft des am 5. September 1964 geborenen Klägers gegenüber der L-Bank gab dieser an, seit 1985 im Bereich der Finanzdienstleistungen tätig zu sein, seit 1992 als Geschäftsführer der M Assekuranzmakler GmbH mit Sitz in M. Als monatliches Gehalt gab er ein solches von netto 26.000 DM an. Als Vermögen gab er unter anderem an, in D/Baden-Württemberg ein gemischt genutztes Grundstück mit einem Wert von 20 Millionen DM und darauf lastenden Verbindlichkeiten von 14 Millionen DM bei einer Tilgung von jährlich 1.109.000 DM und Zinsaufwand von 1.053.000 DM an Grundvermögen zu besitzen.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 24. Juni 1992 erwarb der Kläger ein Grundstück in 89165 D, I-Straße ... sowie R-Weg (Fl.Nrn.: .../1 mit 3,9879 Hektar und .../5 mit 0,0006 Hektar.). Die Gesamtfläche betrug 3,9885 Hektar. Auf dem Flurstück .../1 befanden sich ein Übergangswohnheim und Lagerhallen, im Übrigen handelte es sich um Freifläche. Der Kaufpreis betrug 16.750.000,- DM zuzüglich Nebenkosten, insgesamt 17.525.563,90 DM. Im Jahre 1994 kamen nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von 3.065,95 DM hinzu. Auf den Kaufvertrag wird Bezug genommen ( Blatt 34 bis 55 der Rechtsbehelfsakte ). Die Fälligkeit des Kaufpreises war abhängig u. a. von der Bestandskraft des von der Stadt D für das Grundstück aufgestellten Bebauungsplanes. Der Kläger ging laut Abschnitt VII des Vertrages die Verpflichtung ein, die Gebäude auf dem Grundstück nach Ende der Mietzeit abzureißen. Der Bebauungsplan wurde am 25. September 1992 bestandskräftig und sah für das gesamte Areal eine Erschließung als Wohngebiet vor.

Die Vermittlung des Kaufes war durch die M Immo Service-GmbH, gegründet am 11. Januar 1991, erfolgt. Gesellschafter waren die Kläger, mit der Geschäftsführung war die Klägerin beauftragt.

Bei dem Grundstück handelte es sich um ein nicht mehr als solches genutztes Fabrikgelände, welches im Jahr 1990 von zwei Investoren für ca. 4 Mio DM erworben worden war. Die Investoren hatten in den ehemaligen Produktionshallen ein Übergangswohnheim für ca. 350 Spätaussiedler errichtet. Dabei wurden ca. 10 Mio DM aufgewandt. Mit Vertrag vom 24. Juni 1991 mietete das Land Baden-Württemberg das Übergangswohnheim für einen siebenjährigen Zeitraum vom 01. Oktober 1991 bis zum 30. September 1998 und behielt sich eine Verlängerungsoption für weitere drei Jahre vor. Der Mietzins betrug 173.838,51 DM monatlich. Der Beklagte ging wegen der durch die Voreigentümer angesetzten AfA von einer 50-jährigen Nutzungsdauer aus. Für die Vermietung weiterer Lagerhallen an eine Chemie-Firma wurden 25.875,52 DM monatlich erzielt. Das Mietverhältnis war befristet bis zum 31. August 1998. Die Mietfläche verminderte sich sukzessive, wobei die Miete sich bis 1998 auf 12.760,-- DM monatlich minderte. Nicht mehr vermietete Flächen standen leer.

Aus städteplanerischen Gründen war mit den vorgenannten Investoren vereinbart worden, dass das Wohnheim spätestens im Jahr 2001 abgerissen werden sollte. Laut einem Gemeinderatsbeschluss der Stadt D vom 26. November 1990 war geplant gewesen, dass danach unter Abriss der bestehenden Fabrikhallen eine Wohnbebauung entsprechend dem genannten Bebauungsplan erfolgen sollte. Dies war seitens der Stadt die Bedingung für eine Baugenehmigung für das Übergangswohnheims gewesen. Eine Abrissverpflichtung bezüglich der Lagerhallen und des Übergangswohnheimes bis spätestens August 2001 wurde durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit und die Verpflichtung zur Übernahme der Abrisskosten durch Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 3 Mio DM für die Stadt D gesichert. Vor dem Hintergrund der Abrissverpflichtung und dem zeitlich begrenzten Mietvertrag wurden vorwiegend Leichtbaumaterialien eingesetzt.

Finanziert wurde der Erwerb durch den Kläger im Wesentlichen durch ein Darlehen in Höhe von 16.790.000,- DM mit der W-Bank, mit Datum der Unterschrift der finanzierenden Bank vom 13. November 1991 (gemeint war 1992!) und des Klägers vom 07. Dezember 1992 auf dem Darlehensvertrag. Auf den Vertrag wird Bezug genommen (Anlage 5 des "Grünen Leitzordners"). Ausweislich des Vertrages setzte der Kläger Eigenkapital in Höhe von 710.000,-- DM ein. Ein Teilbetrag des Kredits ...

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