Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemühen um einen Ausbildungsplatz als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Kindergeld

 

Leitsatz (amtlich)

Eine vorgelegte allgemeine Liste über Firmen, bei denen telefonisch wegen eines Ausbildungsplatzes nachgefragt wurde, reicht für den Nachweis um eine Suche nach einem Ausbildungsplatz nicht aus. Allein aus derartigen Telefonaten kann nicht auf die ernsthaftige Bereitschaft geschlossen werden, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen. Telefonische Anfragen können nur dann im Einzelfall als Nachweis ausreichen, wenn detailliert und glaubhaft dargelegt wird, mit welchen Firmen zu welchen Zeitpunkten (erfolglose) Gespräche geführt worden sind.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Nr. 2c

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.11.2009; Aktenzeichen III B 251/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob sich der Sohn der Klägerin in der Zeit von Juni 2006 bis Juli 2007 um einen Ausbildungsplatz bemüht hat.

Die Klägerin hat den Sohn F geboren am 29. November 1986. F hat im Juli 2004 die Schulausbildung abgebrochen, zuletzt war er auf der Berufsbildenden Schule für Gewerbe und Technik in T. Vor Vollendung des 18. Lebensjahres von F hat die Klägerin einen Antrag auf Kindergeld gestellt, der am 07. November 2004 mit der Begründung abgelehnt wurde, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nicht vorliegen würden. F sei bei der Agentur für Arbeit nicht als arbeitsuchendes Kind gemeldet. Nachdem F am 23. Dezember 2004 sich bei der Berufsberatung gemeldet hat, wurde Kindergeld ab Dezember 2004 gewährt.

Am 01. August 2005 hat F ein Jahrespraktikum im Altenzentrum N begonnen, das er aber kurz nach Beginn wieder abgebrochen hat. Vom 11. August bis 25. August 2005 hat er ein Betriebspraktikum bei M GmbH, Zweirad-Spezialist in T absolviert (Bl. 66 Kindergeldakte). Am 30. Oktober 2007 hat er ein Praktikum bei der Firma V in T begonnen.

Mit Bescheid vom 30. November 2007 hat die Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für F ab Juni 2006 aufgehoben und Kindergeld für den Zeitraum Juni 2006 bis Juli 2007 in Höhe von 2.156,00 € zurückgefordert. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 07. Februar 2008 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 28. Februar 2008 hat die Klägerin Klage erhoben, die beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 1 K 1282/08 geführt wird.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass F am 29. November 1986 geboren sei und im Juni 2006 sein 20. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 c Einkommensteuergesetz - EStG - sei F bei der Kindergeldfestsetzung zu berücksichtigen. Er habe in 2006 sein 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und habe bis zum 15. Juli 2006 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Trotz seiner zahlreichen Eigenbemühungen nach seiner Schulausbildung habe F mangels Ausbildungsplatz eine Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können. Die Berücksichtigung von F hänge davon ab, dass es ihm trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen sei, seine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen. Den Anfordernissen der Beklagte, die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz durch geeignete Unterlagen nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, habe F genügt. Es sei eine detaillierte Liste darüber vorgelegt worden, dass F sich ernsthaft und intensiv um ein Praktikum und um eine Ausbildungsstelle bemüht habe. 2006 und 2007 habe er sich bei mindestens 8 Firmen in der Fahrradbranche telefonisch beworben, die Anfragen seien bereits im Vorfeld negativ beschieden worden. Über die Anfragen bei Fahrradhändlern hinaus habe sich das Kind bei Garten- und Landschaftsbaubetrieben telefonisch beworben. Auch hier habe er bereits entweder negative Auskünfte erhalten oder sei auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet worden. Er habe in 2006/2007 zahlreiche schriftliche Bewerbungen abgeschickt.

Die Klägerin beantragt,

  • den Aufhebungsbescheid vom 30. November 2007 und die Einspruchsentscheidung vom 07. Februar 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass die vorgelegten Bewerbungsunterlagen nicht den strittigen Zeitraum Juni 2006 bis Juli 2007 betreffen würden. Der Ausbildungswille des Kindes sei nicht zu erkennen. Die handschriftliche Bewerbungsliste reiche zum Nachweis eigener Aktivitäten zum Erhalt eines Ausbildungsplatzes eindeutig nicht aus.

Mit der Klage hat die Klägerin zugleich einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, der mit Beschluss des Senates vom 02. Mai 2008 Az.: 1 V 1284/08 zurückgewiesen wurde.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Die Beklagte hat zu Recht die Kindergeldfestsetzung ab Juni 2006 aufgehoben.

Für ein Kind, das - wie im Streitfall - das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird auf Antrag Kindergeld gewährt, wenn die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG vorliegen (§§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 S. 2, 67 Abs. 2). Gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG wird ein Kind berücksichtigt, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und eine Berufsaus...

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