Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von Lieferungen verzehrfertiger Waren zu sonstigen Leistungen

 

Leitsatz (amtlich)

Werden an einem in einer Gastronomie-Mall befindlichen Imbissstand Stehtische zur Verfügung gestellt, so liegt darin die Zur-Verfügung-Stellung einer Infrastruktur, die dazu führt, dass das Dienstleistungselement qualitativ so ins Gewicht fällt, dass insgesamt eine sonstige Leistung vorliegt, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Dies gilt auch dann, wenn die Stehtische nicht vom Betreiber des Imbissstandes, sondern von der die Gastronomie-Mall betreibenden Gesellschaft aufgestellt wurden. Ob der einzelne Kunde diese tatsächlich in Anspruch nimmt, ist irrelevant (Abgrenzung zu den Urteilen des FG Münster vom 13.11.2007 EFG 2008, S. 644 und 647).

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 3 Abs. 9 Sätze 4-5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.06.2011; Aktenzeichen XI R 33/08)

BFH (Urteil vom 08.06.2011; Aktenzeichen XI R 33/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Abgabe von Speisen im ...-Stadion anlässlich von Fußball-Spielen dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Die Klägerin, eine GbR, betreibt aufgrund Mietvertrags vom 03.05.1999 im ...-Stadion in der Gastronomie-Mall in der Nordtribüne einen Verkaufsstand, in dem sie anlässlich von Heimspielen des FC ... Pizza-Teile und Getränke verkauft. In der Gastronomie-Mall stehen Stehtische und Bierzeltgarnituren zur Verfügung, die vom Vermieter bereitgestellt werden.

Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das 3. Quartal 2002 vertrat der Prüfer die Auffassung, dass ein Verzehr an Ort und Stelle vorliege und die Umsätze der Klägerin daher mit dem Regelsteuersatz zu versteuern seien.

Der Beklagte setzte daraufhin mit Umsatzsteuerbescheid vom 06.08.2004 die Umsatzsteuer für 2002 unter Zugrundelegung des Regelsteuersatzes für die Umsätze der Klägerin fest; der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2003 folgte die Klägerin den Prüfungsfeststellungen und erklärte ihre Umsätze mit 16%. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung zu.

In ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das I. bis IV. Quartal 2004, sowie das I. und II. Quartal 2005 erklärte die Klägerin ihre Umsätze ebenfalls mit 16%.

Am 07.09.2005 beantragte die Klägerin die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 und 2003, sowie das I. bis IV. Quartal 2004 und das I. und II. Quartal 2005 dahin gehend, dass die Umsätze aus dem Pizza-Verkauf dem ermäßigten Steuersatz von 7% zu unterwerfen seien.

Mit Schreiben vom 06.10.2005 (2002 und 2003), bzw. vom 12.10.2005 (I. bis IV. Quartal 2004 und I. und II. Quartal 2005) lehnte der Beklagte die Änderungen ab. Die dagegen gerichteten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidungen vom 04.04.2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Für das Jahr 2004 wurde am 14.07.2006 ein erstmaliger und am 04.09.2006 ein geänderter Umsatzsteuerbescheid erlassen. Am 10.10.2007 wurde ein Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2005 erlassen.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, sie selbst unterhalte keine Stehtische. Die Stehtische würden durch eine von anderer Seite beauftragte Gebäudereinigungsfirma gereinigt. Bierzeltgarnituren befänden sich nicht in der Nähe ihres Verkaufsstandes.

Der BFH habe ausgeführt: "Bei Umsätzen eines Imbisswagens ist die mit der Lieferung der Speisen zusammenhängende Dienstleistung nur als sonstige Leistung anzusehen, wenn diese die Gesamtleistung maßgeblich prägt und besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten werden." Fehle es an einer "Gesamtheit von Speisesaal, Mobiliar und Geschirr", dann stehe die Nahrungsmittellieferung im Vordergrund. Im entschiedenen Fall hätten Bierzeltgarnituren des benachbarten Getränkeausschanks zur Verfügung gestanden. Der BFH habe dieses Vorrichtungen für unwesentlich gehalten, weil es an Absprachen mit den Mitanbietern gefehlt habe. Im Streitfall stünden keine Bierzeltgarnituren zur Verfügung.

Entscheidend sei, dass der BFH eine prägende Gesamtleistung verlange, die über den Verkauf hinaus gehe und das Leistungsangebot erweitere.

Daran fehle es im Streitfall. Ob die Stehtische von den Kunden benutzt würden, sei unwesentlich; diese seien nicht prägend für ein umfassendes Leistungsangebot der Klägerin. Entgegen der Darstellung des Beklagten würden die Stehtische auch nicht von der Klägerin gereinigt.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Bescheide vom 6. Oktober 2005 und der Einspruchsentscheidungen vom 4. April 2006 den Beklagten zu verpflichten, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2002 und 2003 dahin zu ändern, dass für das Jahr 2002 Umsätze in Höhe von 40.142 € und für das Jahr 2003 in Höhe von 22.701 € dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden,

den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2004 vom 4. September 2006 und den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 10. Oktober 2007 dahin zu ändern, dass die Umsätze des Jahres 2004 in Höhe von 25.984 € und des Jahres 2005 in Höhe von 15.408 € dem ermäßigten Steuersatz unterworf...

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