Supermarkt-Bäckerei: welcher Steuersatz gilt?

Regelsteuersatz oder ermäßigter Steuersatz?
Der Beschluss des BFH (BFH, Beschluss v. 15.09.2021, XI R 12/21) setzt sich eingehend und unter Darstellung seiner Rechtsprechung und der Rechtsprechung des EuGH, der in Fragen des Umsatzsteuerrechts regelmäßig die oberste Deutungshoheit hat, mit der rechtlichen Problematik auseinander, wann eine Lieferung von Lebensmitteln und wann eine sonstige Leistung in Form der Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle vorliegt. Diese Abgrenzung hat erhebliche Bedeutung:
- Eine Lieferung unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 7 %,
- die Abgabe von Speisen dem Regelsteuersatz von 19 %.
Hat also ein Unternehmer fälschlicher Weise den ermäßigten Steuersatz angewendet, liegt in der Nachbelastung mit der Umsatzsteuerdifferenz zwischen 19 % und 7 % ein erheblicher Schaden für den Unternehmer. Insofern ist eine saubere Prüfung der umsatzsteuerlichen Rechtslage vor Ausführung des Umsatzes von immenser Bedeutung. Das Urteil bietet dabei gute Anhaltspunkte für eine zutreffende Abgrenzung. Im Einzelfall verbleiben gleichwohl oftmals Unsicherheiten.
Zentrale Bedeutung hat die Frage, ob aufgrund der Umstände die Möglichkeit besteht, die Speisen vor Ort zu verzehren. Ob diese Möglichkeit genutzt wird, ist nicht maßgeblich und kann im Einzelfall auch kaum nachvollzogen werden. Weitere Einrichtung, die für ein Restaurant prägend sind, insbesondere etwa Toiletten oder Garderoben sind nicht erforderlich.
Sachverhalt: Filialen im Vorkassenbereich
Die Klägerin ist eine Gesellschaft, die Backwaren herstellt und diese auch vertreibt. In insgesamt 84 Filialen stellte sie Tische und Stühle bereit. Viele der Filialen befanden sich im sog. Vorkassenbereich von Supermärkten. In allen Filialen erfolgte die Ausgabe der Waren und Speisen an die Kunden an den Verkaufstresen. Die Kunden wurden gebeten, das Geschirr wegzuräumen, hierfür standen Regale bereit. Sofern die Kunden das Abräumen unterließen, erfolgte dies durch die Angestellten. Diese waren ausschließlich Verkaufspersonal und nicht gastronomisch qualifiziert.
Die Klägerin erklärte in ihrer Umsatzsteuererklärung Umsätze zum ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt vertrat im Rahmen von Außenprüfungen die Auffassung, die Umsätze seien mit dem vollen Steuersatz zu erfassen. Im Einspruchsverfahren vertrat die Klägerin weiterhin die Auffassung, sie könne den ermäßigten Steuersatz anwenden, da sie Lebensmittel verkauft habe. Das Finanzamt vertrat hingegen die Ansicht, das Dienstleistungselement habe hier überwogen, so dass die Umsätze dem vollen Steuersatz zu unterwerfen seien. Der Einspruch und das sich anschließende Klageverfahren hatten keinen Erfolg, so dass sich die Klägerin im Wege der Revision an den BFH wandte.
BFH: Verzehr an Ort und Stelle
Der BFH wies die Revision allerdings ebenfalls ab. Ein ermäßigter Steuersatz kommt seiner Ansicht nach nicht zur Anwendung. Es liegt hier eine sonstige Leistung in der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr vor Ort vor und keine Lieferung von Lebensmitteln. Speisen und Getränke werden zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben, wenn sie nach den Umständen der Abgabe bestimmt sind, vor Ort verzehrt zu werden. Insbesondere müssen besondere Vorrichtungen für den Verzehr vor Ort bereitgehalten werden. Dies war hier aufgrund der Tische und Stühle der Fall. Für die Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen ist die Rechtsprechung des BFH und des EuGH maßgeblich, die auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände abstellen. Deshalb ergibt sich aus den Feststellungen des Finanzgerichts, an die der BFH gebunden ist, dass die Umsätze der Klägerin in den mit Sitzgelegenheiten ausgestatteten Filialen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sind.
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