BFH: Umsatzsteuersatz bei Abgabe von Speisen

Der BFH hat zur Abgrenzung einer Lieferung von einer sonstigen Leistung bei der Abgabe von Speisen Stellung genommen.

Wird bei Schnellrestaurants ein gemeinsamer Verzehrbereich genutzt, müssen 19 % USt abgerechnet werden

Gerade das Umsatzsteuerrecht ist oftmals in seinen Abgrenzungen sehr „kleinteilig“. Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass sich aufgrund der Abgrenzungen entscheidet, welcher Steuersatz anzuwenden ist. So auch bei dem Fall, der dem BFH-Urteil zugrunde lag (BFH Urteil vom 26.08.2021 - V R 42/20) . Es stellte sich nämlich die Frage, ob Lebensmittel bzw. Speisen zur Mitnahme abgegeben wurden, was dann zur Anwendung des verminderten Steuersatzes führt oder ob hier Restaurantleistungen erbracht wurden, die dem Regelsteuersatz unterliegen. Ketzerisch könnte man die Frage stellen, inwieweit die Abgabe von Speisen in einem Fast-Food-Imbiss-Lokal wirklich noch unter die herkömmliche Auffassung von einer Restaurantleistung zu subsumieren ist. Doch so einfach ist die Frage nicht.

Gerade in den letzten Jahren haben sich nach US-amerikanischem Vorbild zunehmend sog. Food-Courts in Einkaufszentren etabliert. Bei diesen sind um einen zentralen Sitz- und Verzehrbereich eine Vielzahl von verschiedenen Schnellrestaurants gruppiert, die jeweils über keinen eigenen Verzehrbereich verfügen. Ob der allgemeine Verzehrbereich den einzelnen Restaurants zuzuordnen ist bzw. ob die Käufer der Speisen diesen nutzen, hat hierbei erhebliche Bedeutung für die Beantwortung der oben gestellten Ausgangsfrage. Der BFH vertritt hierbei die Auffassung, dass es darauf ankommt, ob der Durchschnittsverbraucher aufgrund der Umstände davon ausgehen kann, dass er als Kunde des jeweiligen Unternehmens zur Nutzung des zentralen Sitz- und Verzehrbereichs berechtigt ist. Das wird das Finanzgericht jetzt neu zu würdigen haben. Meines Erachtens kann dabei die Antwort nur sein, dass er davon ausgeht. Insofern dürfte es letztendlich darauf hinauslaufen, dass hier Restaurantleistungen vorliegen – trotz der im Einzelfall kulinarisch durchaus fragwürdigen Qualität der gereichten Speisen.

Schnellrestaurant ohne eigenen Sitz- und Verzehrbereich

Die Klägerin betreibt eine Kette von Schnellrestaurants („Fast-Food-Restaurants“) im Bereich der Systemgastronomie. Im März 2011 mietete sie eine Fläche in einem Einkaufszentrum an und eröffnete dort eine Filiale. Das Restaurant verfügte über keinen eigenen Sitz- und Verzehrbereich. Allerdings gab es einen gemeinsamen Sitz- und Verzehrbereich, der vertragsgemäß allen Restaurants zur Nutzung zur Verfügung stand („sog. Food-Court“). Die Klägerin bot in ihrer Filiale Speisen zur Mitnahme an. Die Klägerin vertrat hierbei die Auffassung, sie würde Lieferungen von Lebensmitteln erbringen, sodass ein Steuersatz von 7 % anzuwenden sei. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die ihren Kunden keine eigenen Sitz- und Verzehrgelegenheiten stelle. Hingegen meinte das Finanzamt, aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass die Klägerin Restaurantleistungen erbringe, die mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu versteuern seien. Das Finanzgericht Düsseldorf bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Die Klägerin wandte sich im Wege der Revision an den BFH. 

BFH: Finanzgericht muss prüfen, wie sich der Durchschnittskunde verhält - nutzt er den Food-Court sind 19 % USt ans Finanzamt abzurechnen

Die Revision zum BFH hatte Erfolg, da dieser die Entscheidung des FG Düsseldorf aufhob. Ob dies allerdings letztlich zu einem Erfolg der Klägerin führen wird, bleibt abzuwarten, da das Finanzgericht erneut in die Beweisaufnahme einzutreten hat. Nach Ansicht des BFH kommt es nicht darauf an, dass der sog. Food-Court auch als Wartebereich oder Treffpunkt genutzt werden kann. Nach seiner Bestimmung dient er nämlich primär dem Verzehr von Speisen. Zutreffend hat das Finanzgericht entschieden, dass es nach den vertraglichen Umständen den Kunden der Klägerin gestattet ist, diesen Bereich zu nutzen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Durchschnittskunde der Klägerin den sog. Food-Court nutzt, um die bei der Klägerin erworbenen Speisen zu verzehren. Ist dies der Fall, ist der Regelsteuersatz anzuwenden. Das Finanzgericht wird dabei nunmehr zu prüfen haben, wie sich der Durchschnittskunde verhält und hierbei auch zu prüfen haben, ob im Schätzwege ermittelt werden kann, wie viele Kunden den Food-Court nutzen und wie viele nicht.  


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