Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung eines Kommanditanteils und anschließende Übertragung eines Geschäftsanteils einer GmbH als grunderwerbsteuerrechtlich "einheitlicher Lebensvorgang" Einbringung eines Kommanditanteils in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als freigebige Zuwendung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist nach neuer BFH-Rechtsprechung auch auf Sachverhalte im Sinne des§ 1 Abs. 2a GrEStG anzuwenden

2a) Eine Übertragung von Vermögen durch Gesellschafter im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses ist als gesellschaftsrechtlicher Vorgang und nicht als Schenkung oder freigebige Zuwendung an die Gesellschaft zu beurteilen. Es ist dabei nicht entscheidend, ob der Gesellschaftszweck auf Gewinnerzielung gerichtet ist oder ob die Kapitalgesellschaft gemeinnützige Ziele verfolgt.

2b) Dies gilt auch, wenn sich nicht mehrere Gesellschafter zu einer Kapitalgesellschaft zusammengeschlossen haben und daher keine "Gemeinschaft" vorliegt, sondern die Gesellschaft nur einen Gesellschafter hat.

3a) Ein Vorgang, nämlich die Schenkung der Gesellschaftsanteile einer grundbesitzenden Personengesellschaft, kann für die Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG nicht in zwei Sachverhalte (Grundstücksübertragung einerseits und Anteilsschenkung andererseits) aufgespalten werden. In dem Umfang, in dem die Anteile schenkweise übertragen werden, ist der "einheitliche Lebensvorgang" deshalb steuerfrei nach § 3 Nr. 2 GrStG. Voraussetzung dafür ist aber, dass nur ein Lebenssachverhalt vorliegt

3b) Liegen zwei Übertragungen auf unterschiedliche Rechtssubjekte vor, die zeitlich auseinanderfallen (hier: Übertragung Kommanditanteil auf die Zweite Familien GmbH), Übertragung der GmbH-Anteile mit Handelsregistereintragung auf die Stiftung) liegt kein "einheitlichen Lebenssachverhalt" vor.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2a, § 3 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Übertragung eines Kommanditanteils und die anschließende Übertragung eines Geschäftsanteils einer GmbH grunderwerbsteuerrechtlich als ein "einheitlicher Lebensvorgang" behandelt werden können und ob die Einbringung eines Kommanditanteils in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine freigebige Zuwendung darstellt.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft (KG), an der im Jahr 2013 X zu 100 % als Kommanditist beteiligt war. Komplementär der Klägerin ohne eine vermögensmäßige Beteiligung ist die X GmbH, deren alleiniger Anteilseigener wiederum die Klägerin selbst ist (Einheitsgesellschaft). Die Klägerin ist Eigentümerin von in den Bezirken verschiedener Finanzämter belegenem Grundbesitz.

X gründete im Jahr 2014 die X Stiftung, deren Rechtsfähigkeit mit Anerkennungsurkunde der Regierung von 1 vom 01.07.2014 erteilt wurde. Eine der wesentlichen Zielsetzungen des Stiftungsprojektes ist nach Angaben der Klägerin die langfristige Sicherstellung des Unternehmens der X GmbH & Co. KG als ein in der Region fest verhaftetes eigenständiges Unternehmen und damit die langfristige Sicherung der Arbeitsplätze in der Region.

Mit notarieller Urkunde vom 17.09.2014 des Notars A, URNr. x, 2, übertrug X eine Kommanditbeteiligung an der Klägerin in Höhe von xxx € (= 66,8 % des Kommanditkapitals) auf die X Familien GmbH, deren Anteile wiederum zu 100 % von X gehalten wurden (nachfolgend als Vorgang 1 bezeichnet). Mit gleicher Urkunde übertrug X seine 100 %-ige Beteiligung an der X Familien GmbH auf die X Stiftung des bürgerlichen Rechts (Stiftung), nachfolgend als Vorgang 2 bezeichnet.

X verstarb am 18.03.2015 und wurde von seiner Ehefrau Y beerbt. Im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erwarb diese den noch bei X verbliebenen Kommanditanteil von 33,2 %.

Mit Urkunde vom 25.09.2017 des Notars B, URNr. x, 2, übertrug Y ihre Kommanditbeteiligung an der Klägerin in Höhe von XXX € (= 33,2 % des Kommanditkapitals) "in einem ersten Schritt" auf die Zweite X Familien GmbH, deren Anteile wiederum zu 100 % von Y gehalten wurden (nachfolgend als Vorgang 3 bezeichnet). Die Einbringung erfolgte gegen Gewährung eines neuen Gesellschaftsanteils. Mit gleicher Urkunde übertrug Y "in einem zweiten Schritt" ihre 100 %-ige Beteiligung an der Zweiten X Familien GmbH auf die Stiftung (nachfolgend als Vorgang 4 bezeichnet). Die Übertragung auf die Stiftung erfolgte nach den Regelungen des Vertrages aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister, die am 09.10.2017 (Veröffentlichung: 10.10.2017) erfolgte.

Das Finanzamt ging davon aus, dass sich aufgrund der Vorgänge 1 und 3 der Gesellschafterbestand der Klägerin innerhalb von fünf Jahren vollständig geändert habe und deshalb der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) erfüllt sei. Mit Bescheid vom 21.12.2017, geändert durch Bescheid vom 06.03.2018, stellte es die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG auf den Besteuerungszeitpunkt 30.09.2017 gesondert fest. Der hiergegen erhobene Einspruch bleibt ohne Erfolg, die anschließend erhoben...

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