Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Kommanditisten für Steuerschulden seiner Gesellschaft. Zurückweisung verspäteten Vorbringens. Grundsätzlich keine Berücksichtigung von Schriftsätzen nach mündlicher Verhandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Haftung des Kommanditisten für Steuerschulden seiner Gesellschaft lebt nach geleisteter Einlage wieder auf, wenn der Kommanditist Entnahmen tätigt, während sein Kapitalanteil unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert war und die Entnahmen nicht aufgrund eines außerhalb des Gesellschaftsvertrages liegenden Grundes erfolgten (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO, §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB).

2. Die Verspätung des Vortrags von Erklärungen und Beweismittel nach einer Ausschlussfrist gemäß § 79b Abs. 2 FGO ist nicht genügend entschuldigt, wenn die Verspätung zwar mit einer kurzfristigen Erkrankung des Prozessbevollmächtigten während der gesetzten Ausschlussfrist begründet wird, der Kläger jedoch bereits bei Klageerhebung die Bedeutung der Beweismittel gekannt haben musste und es ihm ohne grossen Aufwand möglich gewesen wäre, die Beweismittel rechtzeitig vorzulegen (§ 79 b Abs. 3 FGO).

3. Einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung nachgereichten Schriftsatz braucht das Gericht grundsätzlich nicht mehr berücksichtigen (§ 155 FGO i.V.m. § 296 a ZPO). Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, wenn der Kläger erst in einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung nachgereichten Schriftsatz Beweismittel erbringt, von deren möglicher Entscheidungserheblichkeit er bereits bei Klageerhebung wissen musste (§ 93 Abs. 3 Satz 2 FGO).

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1 S. 1; HGB § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4; FGO §§ 79b, 93 Abs. 3 S. 2, § 155; ZPO § 296a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.01.2004; Aktenzeichen VII B 127/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin zu Recht als Kommanditistin in Haftung genommen wurde.

Die Klägerin war an der Firma X. GmbH & Co.KG mit Sitz in Y-Str. 92, Z. beteiligt. Gegenstand des Unternehmens war der gewerbliche Betrieb einer Kfz-Werkstatt, Neu- und Gebrauchtwagenverkauf, Ersatzteildepot etc. Neben der Komplementär-GmbH war Anfang 1989 als Kommanditist A. B. , der Ehemann der Klägerin beteiligt. Laut Eintrag vom 25. Oktober 1989 im Handelsregister des Amtsgerichts Z. trat die Klägerin mit einem Kommanditanteil i.H.v. 600.000 DM zum 01.06.1989 in die Firma ein.

Der ursprüngliche Kommanditvertrag vom 19.09.1979 wurde nicht geändert. Dort war unter Tz. D. 3. geregelt, dass Entnahmen der Gesellschafter auf Darlehenskonten zu buchen seien. Nach Tz. G. 1. war die persönlich haftende Gesellschafterin zur alleinigen Vertretung und Geschäftsführung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Unter Tz. M. 1. wurde bestimmt, dass die Gewinnverteilung nach Kapitalanteilen erfolgt. Die Kapitalbeteiligungen stellten sich zum 01.06.1989 wie folgt dar:

Komplementär GmbH

4.000 DM

Kommanditisten

A. B.

und

96.000 DM

B.B.

(Klägerin)

600.000 DM

Mit Datum vom 04.07.1990 schlossen die Klägerin mit der Firma X. GmbH & Co.KG einen Arbeitsvertrag, der in § 2 ihre Tätigkeit als „kaufmännische Angestellte und geschäftsführende Kommanditistin der Gesellschaft“ bestimmte; als Arbeitsentgelt wurde ein Bruttolohn i.H.v. 2.630,70 DM vereinbart.

Die Klägerin war zusammen mit ihrem Ehemann als Gesellschafter bürgerlichen Rechts Miteigentümerin des Betriebsgrundstücks Y-Str. 2 in Z. . Das Grundstück rechnete zum Gesellschaftsvermögen der zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann bestehenden BGB-Gesellschaft, die das Grundstück an die X. GmbH & Co.KG verpachtet hatte. Aufgrund des notariellen Vertrags vom 22.06.1989 schied die Klägerin aus der BGB-Gesellschaft aus, so dass deren Gesellschaftsanteil kraft Gesetzes ihrem Ehemann zuwuchs und dieser damit Alleineigentümer des Grundstücks wurde. Als Gegenleistung war ein Betrag i.H.v. 980.000 DM vereinbart, auf den mit Grundpfandrechten gesicherte Verbindlichkeiten angerechnet wurden. Laut notarieller Urkunde sollte die nicht durch die Übernahme der Verbindlichkeiten getilgte Gegenleistung i.H.v. 591.635,10 DM, bzw. ein entsprechend erhöhter oder ermäßigter Betrag bis 01. August 1989 an die Klägerin ausbezahlt werden.

Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tag wurde die Klägerin als Kommanditistin der Firma X. GmbH & Co.KG mit einem Anteil von 600.000 DM beim Handelsregistergericht zur Eintragung angemeldet. In der Handelsbilanz der KG wurde nur der hälftige Grundstücksanteil zum 01.06.1989 erfasst. Der andere hälftige Anteil des Ehemanns der Klägerin stand bereits seit Jahren in dessen Sonderbilanz als Sonderbetriebsvermögen.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.03.1991 verkaufte der Ehemann der Klägerin das ganze Grundstück Y-Str. 2 in Z. an C. D. zu einem Nettokaufpreis i.H.v. 2.200.000 DM. Der Ertrag aus dem Verkauf des Grundstücks wurde der KG gutgeschrieben, und zwar zu 50 % in ihrer Hauptbilanz und zu 50 % in der Sonderbilanz des Ehemanns der Klägerin.

Das Kapitalkonto der Klägerin wies zum 31.12.1991 einen Stand von 388.474,10 DM ...

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