Entscheidungsstichwort (Thema)

Voll- bzw. Optionsverschonung gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG nach Änderung einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 44/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Erklärung gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG zur Wahl der Optionsverschonung kann grundsätzlich so lange abgegeben werden, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist.

2. Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts ist auch zulässig, wenn und soweit ein Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Die Änderung der Antrags- oder Wahlrechtsausübung ist jedoch nur dann möglich, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die – aufgrund eines auf der Grundlage einer selbständigen Änderungsvorschrift ergangenen Änderungsbescheids bewirkte – partielle Durchbrechung der Bestandskraft eines Bescheides gesetzten Rahmen nicht verlässt. Die steuerlichen Auswirkungen der Gewährung der Optionsverschonung sind dann auf den nicht bestandskräftigen Umfang des Änderungsbescheids beschränkt.

3. Ein Vorläufigkeitsvermerk im Hinblick auf die durch das Bundesverfassungsgericht angeordnete Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung des ErbStG in vollem Umfang oder hinsichtlich der Einhaltung der Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 und 5 ErbStG eröffnet nicht die Möglichkeit einer nachträglichen Wahlrechtsausübung auf Vollverschonung gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG.

 

Normenkette

AO § 351 Abs. 1, § 165 Abs. 1; ErbStG § 13a Abs. 8; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antrag auf die sog. Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 Erbschaftsteuergesetz in der am 21.03.2013 geltenden Fassung (ErbStG) noch wirksam gestellt werden konnte.

Mit notariellem Vertrag vom 21.03.2013 (UR-Nr. 1 des Notars K. P. in B-Stadt) übertrug der Vater des Klägers, Herr X. Q., dem Kläger schenkweise mit Wirkung zum 31.12.2012 in seinem Eigentum stehende GmbH-Geschäftsanteile und Beteiligungen an Kommanditgesellschaften. Nach § 2 der Schlussbestimmungen des Vertrags sollte der Übertragungsgeber „eine etwa anfallende Erwerbssteuer” tragen. Im Einzelnen wurde übertragen:

  • • ein Kommanditanteil an der V-GmbH & Co. KG und ein zum Sonderbetriebsvermögen dieser Kommanditgesellschaft gehörender Geschäftsanteil an der V-GmbH,
  • • ein Kommanditanteil an der Q-GmbH & Co. KG und ein zum Sonderbetriebsvermögen dieser Kommanditgesellschaft gehörender Geschäftsanteil an der Q-GmbH sowie
  • • ein Kommanditanteil an der R-GmbH & Co. KG und zum Sonderbetriebsvermögen dieser Kommanditgesellschaft gehörende Geschäftsanteile an der R-GmbH und an der S-GmbH.

In der daraufhin beim Vater des Klägers angeforderten, von ihm erstellten und beim Beklagten am 08.10.2013 eingegangenen Schenkungsteuererklärung wurden der Wert des Erwerbs mit insgesamt 14.932.000 Euro sowie Vorerwerbe in Höhe von insgesamt 110.287 Euro erklärt. Unter „Sonstige Angaben” erklärte der Vater des Klägers, dass der Erwerber die Schenkungsteuer trage. Die amtliche Anlage „Steuerentlastung für Unternehmensvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG)” wurde nicht ausgefüllt, sondern mit dem Hinweis „s. Anlagen” durchgestrichen. Bei der in den Anlagen vorgenommenen Ermittlung des schenkungsteuerpflichtigen Betrags wurde zusätzlich zum persönlichen Freibetrag ein Verschonungsabschlag in Höhe von 85 Prozent des Wertes des Erwerbs in Abzug gebracht.

Am 10.10.2013 forderte der Beklagte beim ZAB (Zentralbearbeiter gesonderte Feststellung des Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften, Betriebsvermögen sowie sonstigen Vermögensgegenständen und Schulden) für die drei Kommanditgesellschaften jeweils die gesonderten Feststellungen des Werts des Anteile am Betriebsvermögen (§ 97 Abs. 1a Bewertungsgesetz (BewG), § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG), der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2a ErbStG), der Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2a ErbStG) sowie der Zahl der Beschäftigten und der Ausgangslohnsumme (§ 13a Abs. 1a ErbStG) an.

Mit Bescheid vom 23.10.2013 wurde Schenkungsteuer zunächst gegenüber dem Vater des Klägers festgesetzt. Im dagegen geführten Klageverfahren vor dem Finanzgericht Münster (Az. 3 K 1310/15 Erb) konnte der Vater des Klägers erfolgreich nachweisen, dass die Beteiligten im Vorfeld des notariellen Vertrags – ungeachtet der vertraglichen Regelung zur „etwa anfallenden Erwerbssteuer” – übereingekommen waren, dass der Kläger als Beschenkter auch die Schenkungsteuer tragen sollte. Der Schenkungsteuerbescheid wurde mit Bescheid vom 20.04.2016 aufgehoben.

Mit Schenkungsteuerbescheid vom 20.04.2016 wurde sodann gegenüber dem Kläger Schenkungsteuer auf den 21.03.2013 in Höhe von 358.367 Euro festgesetzt. Dabei wurde der Wert des Erwerbs ebenso wie die Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG in Höhe von 85 Prozent dieses Werts erklärungsgemäß berücksichtigt. Auf die sic...

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