Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftliches Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteile geht auf eine Erwerber über, wenn der Erwerber des Anteils aufgrund eines Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.

2) Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfalls zu bestimmen.

3) Räumt der Vater seinem Sohn eine Unterbeteilung an einem Kapitalgesellschaftsanteil ein (10%), für den der Vater weiterhin gegenüber der Gesellschaft alle Gesellschaftsrechte ausübt, einschließlich der Stimmrechte, für den dem Sohn ferner nur ein begrenzter Gewinnanteil zusteht, über den der Sohn ferner nicht frei verfügen kann und für den dem Sohn zudem die Vermögens- und Verwaltungsrechte nicht uneingeschränkt zustehen, ist auf den Sohn kein wirtschaftliches Eigentum an dem Anteil übergegangen.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 S. 1; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1; EStG § 17 Abs. 1 S. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.08.2012; Aktenzeichen IX R 6/11)

BFH (Urteil vom 01.08.2012; Aktenzeichen IX R 6/11)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Veräußerungsgewinn im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 5 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegt.

Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Vater des Klägers, R 3, war als Kommanditist an der KG C in C (im Folgenden KG C, früher: R 4 GmbH & Co. KG, C) sowie an der KG H in H (im Folgenden KG H, früher: B GmbH & Co. KG, H) mit einer Einlage von jeweils 300.000 DM beteiligt.

1978 hatte R 3 an seinen Kommanditbeteiligungen seinem Sohn R 2, dem Kläger, sowie dessen Geschwistern R 5 und R 6 Unterbeteiligungen in Höhe von jeweils 100.000 DM eingeräumt. Die Unterbeteiligten waren am Gewinn und Verlust mit 10 %, höchstens jedoch mit jährlich 15.000 DM beteiligt. An den stillen Reserven waren die Unterbeteiligten jeweils ebenfalls beteiligt; eine Beteiligung an dem Geschäftswert und/oder an etwa schwebenden Geschäften war demgegenüber ausgeschlossen. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf die Unterbeteiligungsverträge vom 16.08.1978 UR-Nr. 53/1978 und UR-Nr. 56/1978 des Notars U in S Bezug genommen, Bl. 54 ff., Bl. 58 ff. der Gerichtsakte.

Mit Vertrag vom 12.08.1988 brachten die Gesellschafter der KG C ihre Gesellschaftsanteile gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (Kommanditbeteiligungen) in die KG H ein. Mit weiterem Beschluss vom 12.08.1988 erhöhten die Gesellschafter das Gesellschaftskapital der KG H auf 5 Mio. DM.

Am 15.08.1988 wandelten die Gesellschafter die KG H nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes (UmwG) in die R AG (im Folgenden AG) um. Der Vater des Klägers hielt nach der Unternehmensumwandlung 48,9 % des Grundkapitals der AG (48.900 Stammaktien zum Nennbetrag von je 50 DM).

Hinsichtlich der Unterbeteiligungen schloss der Vater des Klägers mit dem Kläger und dessen Geschwistern am 10.08.1988 drei getrennte Unterbeteiligungsverträge und am 15.08.1988 einen gemeinsamen Konsortialvertrag.

In den Unterbeteiligungsverträgen vom 10.08.1988 gründete der Vater des Klägers mit dem Kläger und dessen Geschwistern hinsichtlich der von ihm erworbenen Aktien an der AG eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wonach jedes Kind im Innenverhältnis zu 1/3 an seinen Aktien an der AG beteiligt sein sollte. Im Vertrag heißt es dazu: „Demgemäß setzt sich die Unterbeteiligung an den von Herrn R 3 erworbenen Aktien an der R AG in derselben Weise wie bisher fort, und zwar entsprechend der geänderten Rechtsform anteilig an jeder Akte.” An den auf die Aktien des Vaters des Klägers entfallenden Gewinnanteilen war jeder Unterbeteiligte mit 10%, höchstens jedoch mit jährlich 30.000 DM beteiligt. Die Unterbeteiligten hatten Anspruch auf alle Informationen, die ihrem Vater als Aktionär über die wesentlichen Geschäftsvorfälle bekannt wurden. Bei der Ausübung der Gesellschafterrechte sollte der Vater des Klägers auch die Interessen der Unterbeteiligten wahren und sich vor Beschlussfassungen mit ihnen abstimmen. Das Unterbeteiligungsverhältnis war bis zum 31.12.1991 fest vereinbart, danach sollte es sich um jeweils ein Jahr verlängern, falls keine Kündigung erfolgte. Im Falle der Beendigung des Unterbeteiligungsverhältnisses sollte der Unterbeteiligte Anspruch auf Abfindung in Höhe des seinen Anteilen entsprechenden Wertes der Aktien haben. Wegen der Einzelheiten wird auf Unterbeteiligungsverträge Bezug genommen, Bl. 62 ff. der Gerichtsakte bzw. Vertragsakte.

Nach dem Konsortialvertrag vom 15.08.1988 waren der Vater des Klägers, der Kläger und dessen Geschwister Mitglieder des Konsortiums „Familienstamm R”; sie waren sich darüber einig, dass sich die bishe...

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