Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Versteuerung von Umsätzen aus Tierhaltungsbetrieb

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Senat hält die in § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG i.V.m. §§ 51, 51a BewG getroffene Regelung für unionsrechtskonform, da sie die Tierzucht und Tierhaltung nicht schlechthin begünstigt, sondern nur in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung. Der Senat hält darüber hinaus die in § 51 Abs. 1a BewG vorgesehene degressive Festsetzung von Vieheinheiten im Verhältnis zur Ackerfläche für unionsrechtskonform.

2. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Für die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG bedeutet dies, dass die landwirtschaftlich genutzten Flächen und Tierbestände für das gesamte Unternehmen zusammenzurechnen sind.

 

Normenkette

UStG § 24 Abs. 2 S. 1, 2, § 2 Abs. 1 S. 2, § 12 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.05.2021; Aktenzeichen V R 11/18)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die Umsätze des Klägers aus seinem Tierhaltungsbetrieb in den Jahren 2007 bis 2009 nach Durchschnittssätzen (§ 24 des UmsatzsteuergesetzesUStG –) zu versteuern sind.

Der Kläger ist Schweinemäster. Unter der Anschrift A-Str. 5 in T bewirtschaftete er zunächst eine von seinen Eltern gepachtete Schweinemast, die ihm im März 2008 zu Eigentum übertragen wurde. Mit Vertrag vom 30.1.2007 pachtete der Kläger außerdem die in der Nähe liegende Hofstelle unter der Anschrift A-Str. 6 mit einem weiteren Schweinemaststall mit ca. 900 Mastplätzen und der zugehörigen landwirtschaftlichen Nutzfläche. Daneben betrieb der Kläger eine Fotovoltaikanlage und lieferte entgeltlich Strom an den örtlichen Energieversorger.

Beginnend im Juni 2013 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N beim Kläger eine Außenprüfung durch. Ausweislich des Berichts über die Außenprüfung vom 10.7.2013 traf der Prüfer im Wesentlichen folgende Feststellungen: Im Wirtschaftsjahr 2007 / 2008 seien vom Kläger durch die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen die folgenden Vieheinheiten erzeugt worden:

Hofstelle A-Str. 5

landwirtschaftliche Nutzfläche

85,85 ha

mögliche Vieheinheiten

497,55

tatsächliche Vieheinheiten

447,84

Hofstelle A-Str. 6

landwirtschaftliche Nutzfläche

30,39 ha

mögliche Vieheinheiten

272,34

tatsächliche Vieheinheiten

261,12

Da die bisher getrennt geführten Betriebe nach seiner, des Prüfers, Ansicht und der Ansicht des amtlich bestellten landwirtschaftlichen Sachverständigen als einheitlicher Betrieb zu beurteilen seien, müssten in Abgrenzung landwirtschaftlicher zu gewerblicher Einkünfte folgende Werte angesetzt werden:

Hofstellen A-Str. 5 und A-Str. 6

landwirtschaftliche Nutzfläche

116,24 ha

mögliche Vieheinheiten

564,36

tatsächliche Vieheinheiten

708,96

Aufgrund der Inpachtnahme der Hofstelle A-Str. 6 liege ein sofortiger Strukturwandel von einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu einem Gewerbebetrieb vor. Die Umsätze eines gewerblichen Schweinemastbetriebs unterlägen der Regelbesteuerung und nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.

Der Kläger erklärte betreffend die Einkommensteuer der Streitjahre für beide Hofstellen Einkünfte nach § 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte erließ zunächst hiervon abweichend Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung. Im über diese Bescheide geführten Klageverfahren vor dem Finanzgericht Münster 11 K 3689/14 E,G kam der Beklagte nach Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 31.5.2017 mit dem Kläger überein, dass mit den Hofstellen A-Str. 5 und A-Str. 6 ertragsteuerlich von zwei getrennt geführten Betrieben auszugehen sei. Es würden lediglich angestellte Beschäftigte und einige landwirtschaftliche Maschinen in beiden Betrieben gemeinsam genutzt. Dies unterscheide sich aber nicht von der Inanspruchnahme eines Maschinenrings oder eines Lohnunternehmens. Ansonsten seien die Schweinemastbetriebe völlig getrennt bewirtschaftet worden. Der Beklagte half dem ertragsteuerlichen Klagebegehren vollständig ab.

Betreffend die in diesem Verfahren strittige Umsatzsteuer erklärte der Kläger lediglich Umsätze und Vorsteuern aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage. Die Umsätze aus dem Betrieb der Schweinemast erklärte er nicht. Mit Bescheiden vom 9.9.2013 unterwarf der Beklagte sämtliche Umsätze aus dem Betrieb der Schweinemast beider Hofstellen (A-Str. 5 und A-Str. 6) der Regelbesteuerung und setzte die Umsatzsteuer für 2007 um xxx €, die Umsatzsteuer für 2008 um xxx € und die Umsatzsteuer für 2009 um xxx € höher fest. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8.10.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger mit der langfristigen Inpachtnahme des Schweinemaststalles und der landwirtschaftlichen Flächen der Hofstelle A-Str. 6 den Entschluss umgesetzt habe, den eigenen Betrieb auf Dauer in einem Umfang zu erweitern, der über ...

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