Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsaufgabegewinn eines Architekten unter Berücksichtigung des Gartens eines gemischt genutzten Grundstücks

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der auf einen Garten entfallende Anteil des Veräußerungspreises entfällt auf den Garten als selbständiges Wirtschaftsgut und ist nicht Teil des Veräußerungspreises für dem Betriebsvermögen zugeordnete Büroflächen auf dem Grundstück, wenn der Garten keinen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zu den Büroflächen aufweist (hier: keine direkte Zugangsmöglichkeit von den im Dachgeschoss befindlichen Büroflächen zum Garten; rein private Nutzung des Gartens; aufwändig hergestellter bzw. umfangreich umgestalteter Garten mit besonderen Gestaltungselementen).

2. Die zu einem Wohngebäude gehörende Gartenanlage ist ein selbständiges, sowohl von dem Grund und Boden als auch von dem Gebäude zu trennendes Wirtschaftsgut (Anschluss an BFH-Urteile vom 30.01.1996 – IX R 18/91; vom 25.05.2011 – IX R 48/10). Gebäude, Grund und Boden sowie die Gartenanlage bilden zwar zivilrechtlich einen einheitlichen Vermögensgegenstand (§ 94 BGB), aber einkommensteuerrechtlich unterschiedliche Wirtschaftsgüter.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 3 S. 1, § 18 Abs. 3 S. 2, § 16 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welcher Höhe bei der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinnes ein im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Grundstücks nach einem notariellen Kaufvertrag auf einen Garten bzw. die Gartenanlage bzw. Außenanlage (Garten) entfallender Betrag zu berücksichtigen ist im Einkommensteuerbescheid 2014 (Streitjahr).

Herr H X (H), der am xx.xx.2014 verstarb und dessen Gesamtrechtsnachfolgerinnen die Klägerinnen zu 1) und zu 2) sind, war Architekt und Eigentümer des Grundstücks … in …. Das Grundstück ist 449qm groß, wovon ca. 151qm auf den Garten entfallen, und mit einem denkmalgeschützten ehemaligen Klostergebäude bebaut. H schaffte das Grundstück im Jahr 1995 an und renovierte das Gebäude umfassend. Im Rahmen dieser Baumaßnahmen wurde die Gartenfläche bis zu einer Tiefe von ca. 120 cm komplett ausgekoffert; es wurden teure Gewächse, wie beispielsweise eine Säuleneiche, eingebracht. Fortan wurde das Gebäude als Einfamilienhaus mit Architekturbüro und Mietwohnung genutzt; nach der Renovierung betrug die Gesamtfläche des Gebäudes 339,76qm, wovon 76,86qm (22,62%) auf das Büro des H entfielen; eine Zugangsmöglichkeit zum Garten von dem im Dachgeschoss befindlichen Büro bestand nicht. Das Büro war dem Betriebsvermögen des H zugeordnet.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 25.02.2014 veräußerte H das streitgegenständliche Grundstück zu einem Kaufpreis i.H.v. 850.000€. Ausweislich § 11 des Kaufvertrages entfiel ein Betrag i.H.v. 70.000€ auf den Grund und Boden, 680.000€ auf das Gebäude und 100.000€ auf den Garten.

Am 17.06.2014 erklärte H die Betriebsaufgabe zum 20.06.2014.

In der Einkommensteuererklärung 2014 erklärte H bei der Ermittlung des Aufgabegewinns zum 20.06.2014 im Rahmen seiner freiberuflicher Tätigkeit aus der Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks hinsichtlich der auf sein Büro entfallenden Flächen einen Betrag i.H.v. 165.000€. Diesen Betrag ermittelte er, indem er von dem Kaufpreis i.H.v. 850.000€ den nach dem Kaufvertrag auf den Garten entfallenden Betrag i.H.v. 100.000€ subtrahierte und von der Differenz i.H.v. 750.000€ einen Anteil i.H.v. 22% berücksichtigte.

In dem Einkommensteuerbescheid 2014 vom 21.12.2015 berücksichtigte der Beklagte bei der Ermittlung des Aufgabegewinns aus der Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks einen Betrag i.H.v. 192.270€. Diesen Betrag ermittelte er, indem er von dem Kaufpreis i.H.v. 850.000€ einen Anteil i.H.v. 22,62% berücksichtigte, d.h. keinen Abzug für einen auf den Garten entfallenden Kaufpreis vornahm.

Hiergegen legten die Klägerinnen am 30.12.2015 Einspruch ein. Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus, bei der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns sei ein Abzug i.H.v. 100.000€ vorzunehmen.

Der Bausachverständige der Finanzverwaltung führte am 13.08.2019 eine Bewertung des streitgegenständlichen Grundstücks im Sachwertverfahren durch. Dabei bewertete er den Grund und Boden mit 43.777€, das Gebäude mit 364.889€ und den Garten mit 14.596€; übertragen auf den notariellen Kaufvertrag ermittelte er einen Wert des Gartens i.H.v. 29.325€.

Mit Einspruchsentscheidung vom 08.10.2019 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, bei der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns sei auch der Kaufpreis für den Garten zu berücksichtigen, da dieser wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sei. Die Werte des Bausachverständigen seien zu übernehmen.

Hiergegen haben die Klägerinnen am 24.10.2019 Klage erhoben.

Die Klägerinnen sind im Wesentlichen der Auffassung, der auf den Garten entfallende Betrag sei bei der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns nicht zu berücksichtigen. Dabei sei die Kaufpreisaufteilung aus dem notariellen Kaufvertrag zu übernehmen. Der Garten schließe a...

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