Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverfahren; Haftung für Steuerschulden aufgrund Globalzession

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Abtretungsempfänger haftet nach § 13c UStG für die im vereinnahmten und an ihn weitergeleiteten Forderungsbetrag enthaltene USt, wenn über das Vermögen des leistenden Unternehmers das Insolvenzverfahren eröffnet wird und der Insolvenzverwalter die abgetretene Forderung einzieht oder verwertet. In diesem Fall vereinnahmt der Abtretungsempfänger den vom Insolvenzverwalter eingezogenen Geldbetrag aufgrund seines durch die Abtretung begründeten Absonderungsrechts.

2. Für die Haftung nach § 13c UStG kommt es nicht darauf an, ob die Festsetzung der fälligen, aber vom leistenden Unternehmer nicht bezahlten Umsatzsteuer und damit auch die zeitliche Zuordnung der ausgeführten Umsätze rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist.

 

Normenkette

UStG § 2; InsO § 55 Abs. 4; MwStSystRL Art. 205; UStG § 13c

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte die Klägerin zu Recht als Abtretungsempfängerin nach § 13c Umsatzsteuergesetz (UStG) für nicht geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlungen (USt-VZ) des Herrn O in Haftung genommen hat.

Die Klägerin betreibt ein Kreditunternehmen in der Rechtsform einer Genossenschaftsbank. Ihr Unternehmensgegenstand ist insbesondere die Vergabe von Krediten sowie die Führung von Giro- und Kontokorrentkonten.

Die Klägerin unterhielt bis 2014 eine laufende Geschäftsbeziehung zu Herrn O, der ebenfalls unternehmerisch tätig war. Gegenstand seines Unternehmens war ein Handwerksbetrieb für … in S. O trat als Sicherheitsleistung im Rahmen eines Vertrages vom 00./00.05.2008 über eine sog. Globalzession alle seine bestehenden und zukünftigen Forderungen aus seiner Geschäftstätigkeit an die Klägerin ab. Die Einziehung sollte weiterhin durch O erfolgen. Die Klägerin und O schlossen u.a. am 00.03.2011 einen Kreditvertrag über 700.000 €. Die Klägerin stellte O den Kreditbetrag zur Verfügung. Es war vereinbart, dass O einen Teilbetrag i.H.v. 450.000 € bereits bis zum 15.04.2011 zurückzuzahlen hatte. Den Restbetrag von 250.000 € stellte die Klägerin O von vornherein unbefristet zur Verfügung.

O reichte bis einschließlich für den Monat Februar 2014 monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen (USt-VA) ein. Die danach für den Monat Dezember 2013 festgesetzte USt-VZ wurde von O i.H.v. 10.875 € nicht bezahlt. Die für die Monate Januar und Februar 2014 festgesetzten USt-VZ blieben i.H.v. 30.073,06 € (01/2014) und i.H.v. 36.610,03 € (02/2014) unbezahlt.

Am 00.02.2014 stellte O einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im vorläufigen Insolvenzverfahren über das Vermögen des O wurde Herr Rechtsanwalt X zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2, Var. 2 der Insolvenzordnung (InsO) bestellt. Nach dem Beschluss des Amtsgerichts N vom 00.02.2014 (Az. 00 IN 000/00) war es den Schuldnern des Schuldners (Drittschuldner) verboten, an den Schuldner zu zahlen. Der vorläufige Insolvenzverwalter wurde ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen des Schuldners einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner wurden aufgefordert, nur noch unter Beachtung der Anordnung des Amtsgerichts N zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 2 InsO). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die öffentliche Bekanntmachung des Amtsgerichts N vom 00.02.2014 Bezug genommen.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte die Klägerin für O folgende Konten:

Kontonr.

Bezeichnung

Saldo

Kreditlinie

000 0000 600

Geschäftsgirokonto

- 80.901,56 €

120.000 €

000 0000 602

Geschäftsgirokonto

- 929.724,46 €

1.000.000 €

000 0000 636

Darlehenskonto

- 153.194,07 €

000 0000 637

Darlehenskonto

- 69.329,00 €

Der vorläufige Insolvenzverwalter Rechtsanwalt X kündigte noch am 26.02.2014 die Kontoverbindungen zu der Klägerin. Die Klägerin kündigte ebenfalls am 26.02.2014 gegenüber O die bestehenden Kreditvereinbarungen, stellte die ausstehenden Beträge fällig und widerrief die im Rahmen der Globalzession erteilte Einzugsermächtigung. Die Klägerin vereinbarte jedoch mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Rechtsanwalt X, dass dieser die an die Klägerin im Wege der Globalzession abgetretenen, aber bisher von O noch nicht eingezogenen Forderungen bei den Forderungsschuldnern einzieht und dafür eine Gebühr von insgesamt 9% des Einziehungsbetrags erhält (vgl. S. 3 der Abrechnung vom 12.08.2014 unter II., Gerichtsakte Bl. 285).

O stellte seine betriebliche Tätigkeit zum 01.04.2014 ein.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Rechtsanwalt X erstellte im Auftrag des Insolvenzgerichts, das Amtsgericht N, auf den 00.04.2014 ein Sachverständigengutachten im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des O. In diesem traf er u.a. folgende Feststellungen: Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 00.02.2014 habe der Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 393.000 € betragen. Bis zur Erstellung des Sachverständigengutachtens seien Forderungen i.H.v. insgesamt 95.000 € be...

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