Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.10.1998; Aktenzeichen X R 56/96)

 

Tenor

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1992 vom 27.07.1993 und der Einspruchsentscheidung vom 24.02.1994 wird die Einkommensteuer 1992 auf 3.692 DM festgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

Streitig ist, ob bei einem vorbehaltenen Nutzungsrecht an einzelnen Räumen im Einfamilienhaus eine durch Anbau geschaffene zweite Wohnung i.S.d. § 10 d EStG „überlassen” werden kann.

Die Eltern des Klägers (Kl.), die Eheleute E. übertrugen diesem mit Vertrag vom 06.09.1991 in vorweggenommener Erbfolge das bürgerlich-rechtliche Eigentum an dem Wohngebäude … in … einem Einfamilienhaus im Sinne des Bewertungsgesetzes. Nach Ziffer 4 a) des Vertrages erhielten sie „an allen Räumen der Oberwohnung des Hauses … zum jeweiligen Bestände ein lebenslängliches, das Recht zur Benutzung durch den Eigentümer ausschließendes Wohnrecht”.

Im Veranlagungszeitraum 1992 – dem Streitjahr – erweiterte der Kl. das Wohnhaus um einen Anbau, der sich auf das Erd- und Obergeschoß erstreckte. Die Baumaßnahme schuf im Obergeschoß ein bisher nicht vorhandenes Bad mit Toilette sowie einen Wohnungsabschluß. Bezüglich der anteiligen Herstellungskosten des Obergeschosses i.H.v. 58.015 DM begehrte der Kl. die Steuerbegünstigung nach § 10 h EStG. Die vor und nach Bezugsfertigkeit angefallenen Zinsen und Finanzierungskosten betrugen lt Erklärung insgesamt 19.420 DM.

Das Finanzamt (FA) führte mit Bescheid vom 27.7.93 die Einkommensteuerveranlagung für den Veranlagungszeitraum 1992 durch, wobei es wegen der gesetzlich geforderten „Überlassung der Wohnung” bei Nutzung durch den Vorbehaltsnießbraucher Steuererbegünstigung nach § 10 h EStG verneinte. Die Festsetzung berücksichtigte Aufwendungen nach § 10 h bzw. § 10 h Satz 3 i.V.m. 10 e Abs. 6 EStG i.H.v. 3.481 bzw. 8.004 DM nicht.

Das nachfolgende Einspruchsverfahren blieb erfolglos – Einspruchsentscheidung vom 24.02.1994 –.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, durch den Anbau sei im Obergeschoß erstmals eine Wohnung entstanden. Somit habe es sich nicht um die eine Wohnungsvergrößerung, sondern um das erstmalige Herstellen einer Wohnung im steuerlichen Sinne gehandelt.

Nach § 10 h EStG sei die unentgeltliche Überlassung der Wohnung zu Wohnzwecken an Angehörige begünstigt. Diese Voraussetzung werde auch bei der Übertragung des Eigentums unter Vorbehalt eines dinglichen Nutzungsrechtes an einzelnen Räumen erfüllt, wenn der neue Eigentümer anschließend darin eine Wohnung für den übertragenen Angehörigen herstelle. Auf die gleichlautende Kommentierung bei Hermann-Heuer zu § 10 h EStG, Anm. 47, werde verwiesen. Eine andere steuerliche Beurteilung würde auch der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen.

Die Kläger beantragen,

die ESt 1992 auf 3.692 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, wie in der Einspruchsentscheidung ausgeführt, die Räume des Altbaus würden nicht von den Klägern an die Eltern überlassen da diese daran ein eigenes Wohnrecht besäßen. Selbst wenn dies sich nicht auf die neu geschaffenen Räume im Obergeschoß erstrecke, sei § 10 e EStG nicht anwendbar, da diese Räume für sich genommen keine Wohnung bildeten (vgl. Littmann-Blitz-Hellwig EStG Kommentar, § 10 h Rdnr. 10).

Die Parteien haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte (Bekl.) hat zu Unrecht die Steuervergünstigung nach § 10 h EStG verneint; denn die allein streitige Voraussetzung des § 10 h Satz 2 Nr. 4 EStG ist erfüllt. Danach hängt die Voraussetzung unter anderem davon ab, daß der Steuerpflichtige die Wohnung insgesamt im jeweiligen Jahr des Zeitraums nach Satz 1 von unentgeltlich an einen Angehörigen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Abgabenordnung (AO) auf Dauer zu Wohnzwecken überlassen hat.

Der Kl. hat unstreitig durch den Anbau an das Wohngebäude Fangkampstr. 37 im Obergeschoß Aufwendungen getragen, die durch Baumaßnahmen zur Herstellung einer Wohnung entstanden sind (§ 10 h Satz 1 EStG). Diese neugeschaffene Wohnung hat er unentgeltlich an seine Eltern überlassen. Der Begriff des Überlassens ist im § 10 h EStG ebensowenig wie im EStG definiert. Nach allgemeinem Wortverständnis kann ein Gegenstand nur überlassen werden, wenn dieser dem Überlassenden zuvor rechtlich oder tatsächlich zuzurechnen ist. Nach Ansicht des Senats richtet sich die Zurechnung im Anwendungsbereich des EStG nach den Grundsätzen, die für die Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei vorbehaltenen Nutzungsrechten gilt. Hierzu hat der BFH mit Urteil vom 25. Juli 1991 XI R 4/89, BFH/NV 1992, 31 in einem vergleichbaren Fall entschieden, daß bei einem vorbehaltenen Recht an einigen Räumen in ei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge