rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung an falschen Inhaltsadressaten - Unzulässige Verrechnung von Umsatz- und Körperschaftsteueransprüchen des FA mit Körperschaftsteuerguthaben der GmbH - Feststellungslast des FA für Zugang einer Umbuchungsmitteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine an den Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH als Inhaltsadressaten bekannt gegebene Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und infolgedessen aufzuheben, wenn die Auslegung der Rechtsbehelfsschrift ergibt, dass Einspruchsführer die durch ihren Geschäftsführer vertretene GmbH ist.

2. Behauptet das FA, die von dem Steuerpflichtigen erklärte Aufrechnung sei unwirksam, weil ihm - dem Steuerpflichtigen - bereits vor der Erklärungsabgabe eine die Aufrechnung des FA mit anderen Steueransprüchen betreffende Umbuchungsmitteilung übersandt worden sei, trägt das FA die Feststellungslast für den Zugang dieser - die Aufrechnungserklärung enthaltenden - Mitteilung.

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 1, § 225 Abs. 2, §§ 226, 359 Nr. 1, § 365 Abs. 1, §§ 366, 380; BGB § 366 Abs. 2, §§ 387-388, 396 Abs. 1, 1 S. 1; AO 1977 § 47

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Verrechnung eines Körperschaftsteuerguthabens betreffend das Jahr 1995.

Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft E. mbH (GmbH). Am 28. September 1996 war der Antrag gestellt worden, über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren zu eröffnen. Der Antrag wurde mangels Masse abgelehnt.

Mit Haftungsbescheid vom 27. November 1996 nahm der Beklagte daraufhin den Kläger für rückständige Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag nebst Säumniszuschläge der GmbH in Höhe von insgesamt 78.257,33 DM (Monate 03/95 und 05/95 bis 09/96) in Anspruch. Im anschließenden Einspruchsverfahren setzte der Beklagte infolge der Abgabe geänderter Lohnsteueranmeldungen den Haftungsbetrag auf 33.985,67 DM herab (Monate 03/95 und 05/95 bis 08/96 – Änderungsbescheid vom 21. Juli 1998).

Im Rahmen des gegen den Haftungsbescheid gerichteten Einspruchsverfahrens machte der Kläger geltend, er habe mit Schreiben vom 18. Oktober 1996 hinsichtlich der rückständigen Lohnsteuerbeträge der GmbH die Aufrechnung mit dem Körperschaftsteuerguthaben der GmbH für das Jahr 1995 erklärt. Dadurch seien die Rückstände getilgt worden, so dass eine Haftung entfalle. Der Beklagte folgte dem nicht, sondern wies den Einspruch am 22. Juli 1998 als unbegründet zurück. Mit Beschluss vom 30. Oktober 1998 hat der 2. Senat des Finanzgerichtes Münster die Vollziehung des Haftungsbescheides ausgesetzt (2 V 5856/98) und auf die Möglichkeit der Klärung der streitigen Tilgung der Steuerschuld im Wege des Abrechnungsbescheides hingewiesen. Das weiterhin rechtshängige Hauptsacheverfahren betreffend die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides (2 K 5646/98) ruht.

Hieraufhin erging am 21. Januar 1999 der streitgegenständliche Abrechnungsbescheid über Umsatzsteuer 1994 und 1995 sowie Körperschaftsteuer 1995 der GmbH sowie die den Bescheid bestätigende Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 1999. Danach verrechnete der Beklagte – unter anderem – das streitige Körperschaftsteuerguthaben 1995 in Höhe von insgesamt 31.424,40 DM wie folgt:

Guthaben KSt

SolZuschl.

29.232,00 DM

2.192,40 DM

Verrechnung mit

– KSt

II/1996

Bzw. USt

04/1996

9.741,80 DM

– KSt

III/96

5.553,20 DM

Bzw. USt

04/96

5.696,80 DM

– Sz KSt

II/1996

388,00 DM

– Sz Sol. Zuschl.

II/1996

32,00 DM

– Sz KSt

III/1996

112,00 DM

– Sz Sol. Zuschl.

III/1996

8,00 DM

– LSt

04/1996

3.048,92 DM

– Sol. Zuschl. LSt

04/1996

817,35 DM

– rk KiSt

04/1996

591,98 DM

– ev KiSt

04/1996

315,92 DM

– LSt

05/1996

2.926,03 DM

– Sol. Zuschl KSt

II/1996

843,00 DM

– Sol. Zuschl KSt

III/1996

843,00 DM

– LSt

05/1996

506,40 DM

0,00 DM

0,00 DM

Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, dem Verrechnungsantrag des Klägers vom 18. Oktober 1996 zu folgen. Zu diesem Zeitpunkt habe das Finanzamt bereits durch eigene Aufrechnung über die entsprechenden Guthabenbeträge verfügt. Außerdem habe man entsprechende Umbuchungsmitteilungen versandt. Die das streitige Körperschaftsteuerguthaben betreffende Mitteilung datiere vom 9. Oktober 1996. Soweit der Kläger bestreite, diese Mitteilungen erhalten zu haben, sei die Aufrechnung (bereits) in den entsprechenden Steuerbescheiden, konkret im Körperschaftsteuerbescheid 1995 vom 9. Oktober 1996, erfolgt. Aus diesem Grunde sei man nicht an die gesetzliche Tilgungsreihenfolge gebunden gewesen.

Auf die Aufforderung des Berichterstatters zur Vorlage der Umbuchungsmitteilung vom 9. Oktober 1996 hat der Beklagte dargelegt, dass eine Übersendung nicht möglich sei. Umbuchungsmitteilungen würden maschinell vom Rechenzentrum erstellt und versandt. Das Finanzamt erhalte hiervon keine Durchschrift.

Der Kläger begründet seine Klage im Wesentlichen damit, dass der Abrechnungsbescheid bereits deswegen rechtswidrig sei, weil er sich an den Kläger, nicht hingegen an die Steuerschuldnerin, die...

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