Erstmals im Klageverfahren vorgetragene Umstände

Das FG Münster hat entschieden, dass im Klageverfahren gegen einen Haftungsbescheid vom Haftungsschuldner erstmals vorgetragene Umstände dazu führen können, dass sich die vom Finanzamt getroffene Ermessensentscheidung als rechtswidrig erweist.

Haftung eines Geschäftsführers

Vor dem FG Münster klagte der Geschäftsführer einer GmbH. Dieser wurde vom Finanzamt für Steuerrückstände der GmbH nach § 69 AO in Haftung genommen. Im Einspruchsverfahren wurde nicht der vollständige Sachverhalt dargelegt. Der Kläger gab aber dann in dem Verfahren vor dem FG erstmals wahrheitsgemäß an, dass er lediglich als sog. Strohmann fungiert habe und tatsächlich von einem faktischen Geschäftsführer von der Geschäftsführung ausgeschlossen gewesen sei.

Ermessensentscheidung war fehlerhaft

Außerdem stellte sich heraus, dass der Kläger seine Geschäftsführerstellung bereits vor Beginn des Haftungszeitraums aufgrund rechtskräftiger Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung kraft Gesetzes verloren hatte. Die Klage hatte Erfolg. Das FG sah die Ermessensentscheidung des Finanzamts nachträglich als fehlerhaft an. Zwar lag aus Sicht des Gerichts keine Ermittlungspflichtverletzung des Finanzamts vor, da der Kläger den Sachverhalt im Einspruchsverfahren nicht vollständig und zutreffend dargelegt hat. Doch das führe nicht dazu, dass nachträglich bekannt gewordene Umstände nicht mehr berücksichtigt werden dürften. Die Revision ist beim BFH unter dem Az. VII R 4/23 anhängig.

FG Münster, Urteil v. 19.12.2022, 4 K 1158/20 L, veröffentlicht am 15.2.2023


Schlagworte zum Thema:  Klage, Haftung