Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarkeit des § 8 a KStG mit Artikel 43 EGV (Niederlassungsfreiheit)

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 8 a KStG verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 43 EGV (Niederlassungsfreiheit), da eine steuerliche Ungleichbehandlung einer Tochtergesellschaft ohne weitere rechtfertigende Gründe allein darauf beruht, dass die Anteilseignerin, die Muttergesellschaft, in einem anderen Mitgliedstaat als die Tochtergesellschaft ansässig ist.

 

Normenkette

KStG § 8 a Abs. 1; EG Art. 43 (früher Art. 52 EGVtr)

 

Beteiligte

L… H… GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer H…

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 12.12.2002; Aktenzeichen C-324/00)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Körperschaftsteuer- (KSt-) Bescheide 1997 und 1998 rechtswidrig sind, weil die Vorschrift des § 8 a Körperschaftsteuergesetz (KStG) gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 43 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 10.11.1997, Amtsblatt C 340 S. 173 ff., (EGV) verstößt.

Die Klägerin (Kl.) hat den Vertrieb von Schiffszubehör, Wassersportartikeln, Freizeit- und Bastelartikeln, Freizeit- und Berufskleidung, Dekorationsgegenständen sowie von Eisenwaren und ähnlichen Gegenständen zum Unternehmensgegenstand. Sie ist durch Gesellschaftsvertrag vom 19.01.1978 unter der Firma T… mit beschränkter Haftung gegründet worden. Durch Beschluß vom 15. 01. 1990 wurde die Firma geändert in L… – T… GmbH und durch Beschluß vom 12.08.1994 in L… – H… GmbH. Seit 1988 hat die Kl. ihren Sitz in R…

Das ursprüngliche Stammkapital der Kl. von 20 000,00 DM wurde durch Beschluß vom 19.03.1979 auf 100 000,00 DM, durch Beschluß vom 12.08.1994 auf 500 000,00 DM, durch Beschluß vom 22.03.1995 auf 1 Millionen DM und durch Beschluß vom 29.08.1996 auf 2 Millionen DM erhöht. Alleinige Gesellschafterin der Kl. ist die Firma L… H… B… (L. H. B…) mit Sitz in S…/Niederlande, deren alleinige Gesellschafterin wiederum die niederländische Firma L… T… (L. T. B…) mit Sitz in L… Niederlande ist.

Mit Vertrag vom 01.12.1996 gewährte die Firma L. T. B… der Kl. ein Darlehen in Höhe von 3 Millionen DM. Das Darlehen ist in zehn Raten à 300 000,00 DM jährlich, beginnend mit dem 01.10.1998, zurückzuzahlen. Der variable Zinssatz betrug bis Ende 1997 4,5 %. Die Zinsen waren zum Jahresende zu zahlen.

Zu dem gewährten Darlehen gab die Firma L. T. B… eine Patronatserklärung ab, wonach sie auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet, wenn die Kl. von Drittgläubigern in Anspruch genommen wird. Das Darlehen sollte kapitalersetzenden Charakter erhalten.

Mit der Darlehensvaluta führte die Kl. ein Bankdarlehen der A… i. H. v. 3 702 453,59 DM auf 911 174,70 DM zurück.

Im Jahr 1997 zahlte die Kl. 135 000,00 DM und im Jahr 1998 109 695,20 DM Darlehenszinsen an die L. T. B….

Die Bilanz der Kl. zum 31.12.1996 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i. H. v. 847 035,55 DM aus. Das Jahresergebnis 1996 beträgt ./. 763 807,00 DM. In der Bilanz zum 31.12.1997 ist der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag auf 1 074 843,21 DM und in der Bilanz zum 31.12.1998 auf 1 503 165,00 DM angewachsen. Das Jahresergebnis 1997 beträgt ./. 227 807,00 DM und das Jahresergebnis 1998 ./. 428 321,00 DM.

Der Beklagte (Bekl.) behandelte die gezahlten Darlehenszinsen in den KSt-Bescheiden 1997 und 1998 vom 28.06.1999 als Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 a KStG und stellte die Ausschüttungsbelastung her.

Den gegen diese KSt-Bescheide und die Bescheide über die gesonderte Feststellung gemäß § 47 Absatz 1 KStG zum 31.12.1997 und 1998 erhobenen Einspruch der Kl. wies der Bekl. mit Einspruchsentscheidung vom 14.02.2000 als unbegründet zurück.

Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage trägt die Kl. vor, bei der Darlehensgewährung habe es sich um einen Rettungsversuch der niederländischen Anteilseigner gehandelt. Ein solcher Rettungsversuch dürfe nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kl. ließen eine Zahlung der durch die fiktive verdeckte Gewinnausschüttung bewirkten Steuerzahlung i. H. v. 112 660,93 DM wegen ihrer hohen Verluste nicht zu. Die steuerliche Einordnung des Rettungsversuches des niederländischen Anteilseigner als verdeckte Gewinnausschüttung sei im Vergleich mit inländischen Anteilseignern als EG-rechtswidrig und diskriminierend anzusehen.

Das Darlehen sei durch die L. T. B… ausschließlich zur Kostenminimierung gewährt worden. Mit dem gewährten Darlehen sei ein Bankdarlehen der A… zurückgeführt worden. Das Darlehen sei von 3 702 453,59 DM zu Beginn des Jahres 1996 auf 911 174,70 DM zum 31.12.1996 zurückgeführt worden. Dies habe zu erheblichen Zinseinsparungen geführt. Die für das Bankdarlehen zu zahlenden Zinsen seien fast doppelt so hoch gewesen wie die nun an die L. T. B… zu zahlenden Zinsen. Mit der Darlehensgewährung bestehe die Chance, die Kl. wieder in die Gewinnzone zu führen und zu sanieren. Für das Jahr 1999 zeigten die Sanierungsmaßnahmen des Gesellschafters inzwischen erste Früchte.

Nach dem Willen des Gesetzgebers se...

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