Entscheidungsstichwort (Thema)

Befangenheit des Geschäftsprüfers eines Lohnsteuerhilfevereins

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird die Geschäftsprüfung eines Lohnsteuerhilfevereins vom Sohn bzw. dem Vater des Vorstands, mithin der Verwandtschaft in gerader Linie ersten Grades durchgeführt, ist ein schwerwiegender Grund für die Besorgnis der Befangenheit nach § 22 Abs. 3 StBerG anzunehmen. Auf die tatsächliche Befangenheit kommt es ebenso wenig an wie darauf, dass zur Geschäftsprüfung zugelassene Rechtsanwälte und Steuerberater aus standesrechtlichen Gründen zur Unabhängigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Gewissenhaftigkeit verpflichtet sind.

 

Normenkette

StBerG § 22 Abs. 3, § 57 Abs. 1; ZPO § 41 Nr. 3, § 42 Abs. 2; AO § 15 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 1589 S. 3; HGB § 318; Bundesrechtsanwaltsordnung §§ 43, 43a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.04.2011; Aktenzeichen VII B 222/10)

BFH (Beschluss vom 14.04.2011; Aktenzeichen VII B 222/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der bei der Klägerin eingesetzte Geschäftsprüfer wegen Besorgnis der Befangenheit von seiner Tätigkeit auszuschließen ist.

Die Klägerin ist ein Lohnsteuerhilfeverein im Sinn des § 13 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StberG) und besteht bereits seit dem Jahr 1973. Im Vereinsregister des Amtsgerichts X ist seit jeher H, mit einer Wohnsitzangabe in …, als einziger Vorstand eingetragen. Auf seinerzeitige Anfrage bei der Oberfinanzdirektion … (OFD), einer der beiden Vorgängerbehörden der Beklagten, erhielt die Klägerin mit Schreiben der OFD vom 20. Oktober 1989 – Aktenzeichen … – dahingehend Bescheid, dass gegen die damalige Beauftragung des Steuerberaters F, des Vaters des Vorstands der Klägerin, mit der Geschäftsprüfung bei der Klägerin im Sinn des § 22 Abs. 1 StberG unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Besorgnis der Befangenheit des Geschäftsprüfers keine Bedenken bestünden. Die OFD begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass zum einen die besagte gesetzliche Regelung in erster Linie den Personenkreis beträfe, der auch in anderer Weise für den Lohnsteuerhilfeverein z.B. nichtselbständig tätig wäre und zum anderen Steuerberater F seinen Beruf aus standesrechtlichen Gründen unabhängig, eigenverantwortlich und gewissenhaft auszuüben hätte. Steuerberater F übte die Funktion als Geschäftsprüfer bei der Klägerin bis zum Jahr 1996 aus. Ab dem Geschäftsjahr 2001 wurde diese Funktion vom Sohn des Vorstands der Klägerin – dem Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren – übernommen. Letzterer vertritt die Klägerin auch in einem gleichfalls beim Senat unter dem Aktenzeichen 4 K 1849/07 derzeit noch rechtshängigen Klageverfahren gegen denselben Beklagten wegen des Widerrufs der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2006 forderte die Beklagte die Klägerin auf, künftig eine andere und von der Klägerin unabhängige Person mit der Geschäftsprüfung zu beauftragen. Die Beklagte begründete dies mit einer sich ihrer Ansicht nach aus dem nahen Verwandtschaftsverhältnis ergebenden Befangenheit des eingesetzten Geschäftsprüfers. Der mit Schreiben vom 25. Januar 2007 hiergegen eingelegte und der Beklagten auch an diesem Tag zugegangene Einspruch blieb erfolglos und wurde von der Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 5. März 2007 erhobene und am Folgetag bei Gericht eingegangene Klage, die die Klägerin wie folgt begründet:

Der klagegegenständliche Bescheid sei aufzuheben, weil keine Anhaltspunkte für die Befangenheit des eingesetzten Geschäftsprüfers nachgewiesen seien. Ein nahes Verwandtschaftsverhältnis des Geschäftsprüfers zum Vorstand eines Lohnsteuerhilfevereins sei allein für sich betrachtet kein hinreichender Grund für die Annahme seiner Befangenheit. Die Rechtslage sei mit den Anforderungen an die Auswahl eines Abschlussprüfers im Konzernrecht nach §§ 318 ff des Handelsgesetzbuches (HGB) vergleichbar, wonach auch hier ein Verwandtschaftsverhältnis kein grundsätzliches Hindernis sei. Ähnliches gelte nach § 21 der Satzung der Wirtschaftsprüferkammer. Insbesondere habe die Beklagte auch keine konkreten Umstände vorgetragen, die auf eine nicht fachgerechte Durchführung der Geschäftsprüfungen schließen ließen. Der eingesetzte Geschäftsprüfer sei weder bei der Klägerin angestellt noch stehe er zu ihr in einem anderweitigen persönlichen Abhängigkeitsverhältnis. Letztlich habe die Vorgängerbehörde der Beklagten der Klägerin auch verbindlich bestätigt, dass ein derartiges Verwandtschaftsverhältnis nicht ohne Weiteres die Besorgnis der Befangenheit begründe. Der seinerzeitige Bescheid der OFD stelle einen nach wie vor die Beklagte bindenden Verwaltungsakt dar. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der seinerzeitigen Regelung lägen schließlich auch nicht vor.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 28. Dezember 2006 über die Aufforderung zur Beauftrag...

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