Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgängigmachung der Sonderabschreibungen auf Vorauszahlungen für eine Eigentumswohnung im Fördergebiet bei Weiterverkauf des Objekts am Tag der Abnahme

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Sonderabschreibungen nach §§ 3, 4 FördG darf nur derjenige Steuerpflichtige beanspruchen, der anderenfalls die normale Abschreibung (§ 7 EStG) vornehmen dürfte.

2. Die Sonderabschreibung auf Vorauszahlungen nach § 4 Abs.1 Satz 5 FördG für eine erst noch zu erstellende Wohneinheit setzt daher voraus, dass der Steuerpflichtige später zumindest wirtschaftlicher Eigentümer werden muss, damit er AfA-befugt i.S. des EStG wird.

3. Hat der Steuerpflichtige mehrere Jahre die Sonderabschreibung nach § 4 Abs.1 Satz 5 EStG auf Vorauszahlungen auf eine Wohnung im Fördergebiet beansprucht und verkauft er die Wohnung mit Wirkung zum Tag der Abnahme -dem Tag, an die wirtschaftliche Verfügungsmacht an der Wohnung auf ihn übergeht- weiter, so stellt die Tatsache, dass er damit nie die AfA-Befugnis im einkommensteuerliche Sinne an der Wohnung erlangt hat, ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs 1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 dar.

 

Normenkette

FördG § 4 Abs. 1 S. 5, § 1 Abs. 2, § 3 S. 1; EStG § 7 Abs. 4; AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1; EStG § 7; FördG § 4 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.06.2004; Aktenzeichen IX R 7/01)

BFH (Urteil vom 29.06.2004; Aktenzeichen IX R 7/01)

 

Gründe

I.

Die Kläger sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 16.12.1993 erwarb der Kläger von der Technopark-Gewerbebau GmbH (T) eine noch zu errichtende Eigentumswohnung und einen Tiefgaragenstellplatz auf einem Grundstück der Gemarkung … vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, also im Fördergebiet i. S. des § 1 Abs. 2 Fördergebietsgesetz (FördG). Der Kaufpreis betrug 366.000 DM; der Anteil für den Grund und Boden wurde im Kaufvertrag mit 43.920 DM (12 %) beziffert (vgl. Kaufvertrag URNr. 1695/1993, Bl. 6 ff Akte Dauerunterlagen/Berlin). Auf den Kaufpreis leistete der Kläger 1993 109.800 DM, 1994 102.480 DM, 1995 103.080,84 DM, darin enthalten 7.320 DM Grunderwerbsteuer und 1996 40.041,40 DM Anzahlungen, insgesamt 355.402,24 DM. Der Kläger beabsichtigte, die Wohnung zu fremden Wohnzwecken zu vermieten.

Die Bezugsfertigkeit der Wohnung sagte der Verkäufer T bis zum 30.6.1995 zu. Für den Fall des Überschreitens dieses Termins wurde dem Kläger als Schadensersatz die entgehende ortsübliche Miete zugesagt. Der Fertigstellungstermin wurde um ca. ein Jahr überschritten. Der Verkäufer T erstattete deshalb dem Kläger entsprechend den vertraglichen Abmachungen die diesem entgehende ortsübliche Miete.

Aufgrund einer Ehekrise im Jahr 1996 entschloß sich der Kläger, die Wohnung in … (nahe Berlin) zu verkaufen und in der Nähe von München, in …, ein Vermietungsobjekt zu erwerben. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20.12.1996 verkaufte der Kläger die Eigentumswohnung in … für 366.000 DM an W (vgl. Kaufvertrag URNr. 2543/1996, Akte Dauerunterlagen, dem o.g. Vertrag nachgeheftet). Nummer IV dieses Vertrages lautet wie folgt:

1.Besitzübergabe

„Besitz, Nutzungen, öffentliche Lasten und Abgaben, sowie Gefahren aller Art gehen nach der Abnahme, am 23.12.1996 auf den Käufer über.

2.Miet- und Pachtverhältnisse

Miet- oder Pachtverhältnisse bestehen nach Angabe nicht.

3. …

4. …”

Die Abnahme der Wohnung durch den Kläger erfolgte am 23.12.1996.

In seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1993, 1994, 1995 und 1996 machte der Kläger 50 % der von. ihm in den einzelnen Jahren geleisteten Anzahlungen und der für das Objekt bezahlten Grunderwerbsteuer, insgesamt 50 % von 355.402,24 DM, als Abschreibungen nach den §§ 3 und 4 FördG geltend.

Der Beklagte (Finanzamt) berücksichtigte bei den Veranlagungen zunächst die Sonderabschreibungen wie erklärt und erließ die Einkommensteuerbescheide vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bis zur abschließenden Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht (Einkommensteuerbescheide 1993 vom 13.4.1995 geändert gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO am 26.6.1995, 1994 vom 3.11.1995 geändert gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO am 15.6.1995, 1995 vom 10.4.1996 geändert gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO am 15.6.1995 und 1996 vom 15.6.1998).

Nachdem das Finanzamt erfahren hatte, daß der Kläger die Wohnung in … im Jahr 1996 wieder verkauft hatte, änderte es die Einkommensteuerbescheide für 1993 am 16.12.1998 unter Bezugnahme auf § 165 Abs. 2 Satz 1 AO und für 1994, 1995 und 1996 am 4.1.1999 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. In diesen Änderungsbescheiden ließ es die Abschreibung auf die Anzahlungen nach dem Fördergebietsgesetz nicht mehr zu. In den Erläuterungen zu diesen Bescheiden wird auch auf die Änderungsvorschrift § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO Bezug genommen.

Der Einspruch der Kläger blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung vom 3.1.2000).

Mit der Klage begehren die Kläger die Anerkennung der Sonderabschr...

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