rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Nachfolgevorstands einer Aktiengesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Vorstand einer AG kann sich nicht damit entschuldigen, dass die Geschäfte tatsächlich von einem anderen geführt worden sind.

 

Normenkette

AO §§ 69, 34

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Haftungsforderungen für Lohnsteuer Januar 2003 (1.388,50 EUR) sowie Nebenleistungen zur Lohnsteuer Januar 2003 i. H. v. 372,10 EUR und unter Änderung des Haftungsbescheids vom 9. Februar 2006, der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2006 und des Haftungsbescheids vom 16. April 2007 wird die Haftungsschuld auf 27.884,45 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 8/9, das FA zu 1/9.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Kläger zu Recht für Steuerschulden der Firma A AG i. L. (nachfolgend AG) in Haftung genommen hat.

Der Kläger war in der Zeit vom 17. Juni 2002 bis 26. März 2003 Vorstand der AG. Diese kam ihren steuerlichen Verpflichtungen nur unzureichend nach, die Beitreibung der Rückstände blieb wegen Vermögenslosigkeit der AG erfolglos. Nach Antragstellung der K vom 27. Dezember 2002 und des Klägers vom 10. Januar 2003 wurde mit Beschluss vom 26. März 2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG eröffnet (Bl. 1, 3, 14 Inso-Akte des FA).

Das Finanzamt (FA) nahm den Kläger daraufhin nach vorheriger Ankündigung und Anhörung mit Bescheid vom 9. Februar 2006 in Höhe von 31.759,30 EUR in Haftung (Bl. 28 der Haftungsakte). Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte überwiegend keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 27. Oktober 2006 setzte das FA die Haftung hinsichtlich Umsatzsteuer viertes Quartal 2001 um 300 EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Mit seiner hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass er dem Grunde nach zu Unrecht zur Haftung herangezogen werde und zudem die Haftungsinanspruchnahme auch hinsichtlich der Höhe einer Nachprüfung nicht standhalte. Als Nachfolgegeschäftsführer könne er nicht für die Erledigung der bei seinem Amtsantritt offenen steuerlichen Pflichten zur Verantwortung gezogen werden, da er sich keine Pflichtverletzung vorwerfen könne. Er sei nie mit der Vorstandstätigkeit befasst gewesen, für die Geschäftsführung und Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten der AG sei vielmehr H als faktischer Vorstand verantwortlich gewesen. Es habe niemals Anlass gegeben, an einer zuverlässigen Aufgabenerledigung zu zweifeln.

Außerdem sei die AG bereits am 14. Oktober 2002 und nicht erst am 16. Januar 2003 – wie vom FA angenommen – nach einem fruchtlosen Vollstreckungsversuch der K zahlungsunfähig gewesen. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2002 habe die K die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Es sei zwar richtig, dass die Gesellschaft im Jahr 2002 Umsatzerlöse von 264.546,25 EUR erzielt habe. Andererseits hätten ausweislich des Jahresabschlusses auch Forderungen in Höhe von 54.160,74 EUR bestanden, die vom FA hinsichtlich der Änderung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt worden seien.

Arbeitslöhne hätten im Dezember 2002 nur noch teilweise und im Januar 2003 überhaupt nicht mehr ausbezahlt werden können. Durch Klage vom 3. Februar 2004 beim Amtsgericht T habe die Insolvenzverwalterin gegenüber H die Rückzahlung der Löhne für Dezember wegen Gläubigerbenachteiligung angefochten. In diesem Fall entfalle seine Haftung für die Lohnsteuer, die innerhalb von drei Monaten vor Insolventantrag fällig geworden sei, aufgrund insolvenzrechtlicher Vorschriften.

Darüber hinaus habe das FA auch die durchschnittliche Tilgungsquote unzutreffend ermittelt. Zugrundezulegen sei vielmehr die Berechnung des Steuerberaters B vom 12. Juli 2005.

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 9. Februar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2006 und des Haftungsbescheides vom 16. April 2007 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Ergänzend führt es aus, dass hinsichtlich der Haftung für Lohnsteuern Januar und Februar 2003 nach Beiziehung des Insolvenzgutachtens vom 24. März 2003 den Angaben des Klägers gefolgt werden könne, wonach am 10. Januar 2003 alle Arbeitsverhältnisse aufgelöst worden seien.

Mit Bescheid vom 16. April 2007 wurde der Haftungsbescheid in Höhe von 1.814,25 EUR entfallend auf Februar 2003 hinsichtlich Lohnsteuer, Säumniszuschläge zur Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer, Säumniszuschläge zum Solidaritätszuschlag sowie evangelische und römisch-katholische Kirchenlohnsteuer zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteilig...

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