rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchbrechung der Festsetzungsverjährung nach § 174 Abs. 4 und 5 AO. Nachholung der Festsetzung von Hinterziehungszinsen. Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer 1995

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Werden innerhalb der einjährigen Festsetzungsfrist (§ 239 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 AO) aufgrund einer Umsatzsteuerhinterziehung einer Ehegatten-Grundstücksgemeinschaft Hinterziehungszinsen gegen die Gemeinschaft anstatt gegen den Ehemann als Zinsschuldner festgesetzt und wird aufgrund eines nur namens des Ehemanns eingelegten und damit unzulässigen Einspruchs die Festsetzung gegenüber der Ehegatten-Grundstücksgemeinschaft aufgehoben, so ist das FA nicht nach § 174 Abs. 4, 5 AO nach Ablauf der Festsetzungsfrist zu einer Nachholung der Festsetzung von Hinterziehungszinsen gegen den Ehemann als zutreffenden Zinsschuldner berechtigt.

2. Der Ehemann war in diesem Fall nicht als „Dritter” i.S. von § 174 Abs. 5 S. 1 AO beteiligt, wenn er nur aufgrund eines unzulässigen Einspruchs an der Aufhebung des unzutreffend an die Gemeinschaft gerichteten Hinterziehungszinsen-Bescheids beteiligt war.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4 Sätze 1-3, Abs. 5 S. 1, § 239 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3, § 235 Abs. 1

 

Tenor

1. Der Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer 1995 vom 28.4.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.8.2001 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (Finanzamt – FA) gegen den Kläger einen Bescheid über Hinterziehungszinsen erlassen durfte.

Am 1.7.1997 (bzw. am 2.7.1997 „Frühleerung”) ging beim Finanzamt eine Umsatzsteuererklärung des Klägers für 1995 ein, die zu einer Abschlußzahlung von 120.996 DM führte.

Am 15.4.1998 setzte das FA gegenüber „…” (ohne Angabe einer Steuernummer) deswegen Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer 1995 fest (Bl. 29 und 82 USt 1995).

Dagegen erhob der Klägervertreter namens des Klägers am 15.5.1998 Einspruch (Bl. 30 und 33 USt 1995). Mit am 17.10.1999 eingegangen Schreiben des Klägervertreters machte dieser namens, … die Nichtigkeit dieses Bescheids geltend.

Mit Bescheid vom 15.1.1999 hob das FA bei der Umsatzsteuerfestsetzung des Klägers für 1995 den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Mit Schreiben vom 28.4.2000 hob das FA die Zinsfestsetzung vom 15.4.1998 auf (Bl. 56 USt 1995) und erließ unter diesem Datum einen Bescheid über Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer 1995 in Höhe von 8.463 DM gegen den Kläger.

Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 24.8.2001 als unbegründet zurück.

Dagegen ist die Klage gerichtet. Zur Klagebegründung trägt der Kläger vor, § 174 AO lasse eine Korrektur nicht zu, da der ursprüngliche Bescheid wegen der Adressierung an die … nichtig sei. Außerdem sei der Kläger nicht vor Eintritt der Festsetzungsverjährung zum Verfahren gegen den Erstbescheid hinzugezogen worden und auch nicht als Einzelperson beteiligt gewesen.

Im übrigen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 22.5. und 11.7.2002 verwiesen.

Der Kläger beantragt, den Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer 1995 vom 28.4.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.4.2001 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf dessen Schriftsatz vom 1.8.2000 wird verwiesen.

Es wird ferner Bezug genommen auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet.

1. Bei Erlass des Bescheids vom 28.4.2000 gegen den Kläger war für Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer 1995 Festsetzungsverjährung eingetreten und damit der Zinsanspruch erloschen (§ 47 AO).

Nach § 239 Abs. 1 Satz 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist für Zinsen ein Jahr. Die Festsetzungsfrist beginnt in dem hier vorliegenden Fall des § 235 AO (Verzinsung von hinterzogenen Steuern) „mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist, jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist.”

Eine Steuerfestsetzung ist unanfechtbar, wenn sie nicht oder nicht mehr mit ordentlichen Rechtsbehelfen angefochten werden kann; auf die Unabänderbarkeit kommt es dabei nicht an (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. dazu BFH-Urteile vom 11.12.1997 V R 50/94, BStBl II 1998, 420, vom 28.5.1998 V R 98/96, BFH/NV 1998, 1536, und BFH-Beschluß vom 6.8.1998 V B 146/97, BFH/NV NV 1999, 223; Finanzgericht Köln, Urteil vom 23.8.1996 6 K 3936/92 – rechtskräftig, EFG 1997, 8539).

Die am 1.7.1997 eingegangene Umsatzsteuererklärung für 1995, die zu keiner Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder einer Steuervergütung geführt hat, ist als Steuerfestsetzung (unter dem Vor...

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