rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung gesundheitlicher Beeinträchtigungen bei der mündlichen Steuerberaterprüfung. Das Führen des Prüfungsgesprächs liegt im Ermessen des Prüfers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch im Fall der mündlichen Steuerberaterprüfung werden Nachteile von Behinderten nach amtsärztlicher Begutachtung ausgeglichen. Auch wenn § 26 DVStB keine Regelung über Prüfungserleichterungen für Schwerbehinderte enthält, verstößt die Vorschrift weder gegen Art. 3 GG noch gegen § 2 AGG; denn die mit der Durchführung der Steuerberaterprüfung beauftragten Stellen greifen zur Auslegung der Vorschriften der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) auf vergleichbare Prüfungsordnungen zurück.

2. Unterlässt der Prüfling den Prüfungsausschuss rechtszeitig von seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung in Kenntnis zu setzen, kann das Nichtgewähren einer Prüfungserleichterung kein Verfahrensfehler sein, der zur Rechtswidrigkeit der Prüfung führt.

3. Die Art und Weise, wie der einzelne Prüfer das Prüfungsgespräch führt, ist Bestandteil des prüfungsspezifischen Ermessens, welches der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist. Hierzu gehört auch die Freiheit des Prüfers zu entscheiden, ob er nachfragt oder nicht, um eine Konkretisierung der gegebenen Antwort zu erreichen oder zu ermöglichen. Zulässig ist auch, dass ein Prüfer im Ergebnis zutreffende Ausführungen nicht oder nur eingeschränkt bewertet, weil eine ausreichende Begründung, die sich mit den gestellten Problemen auseinander setzt, fehlt.

4. Der Umstand, dass die Prüfungszeit der Klägerin ggf. länger war als die jeweilige Prüfungszeit der Mitbewerber, stellt keinen Verfahrensfehler dar.

 

Normenkette

StBerG § 37; DVStB § 26; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; AGG § 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Leistungen der Klägerin in der Steuerberaterprüfung 2009 rechtmäßig bewertet worden sind.

Die am geborene Klägerin hat nach ihren Abschlüssen an der Hauptschule im Jahr und der Wirtschaftsschule in im Jahr in der Zeit von bis eine Ausbildung zur erfolgreich absolviert. In der Zeit von bis hat sie sich bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) zur geprüften Bilanzbuchhalterin und in der Zeit von bis bei der IHK zur geprüften Bilanzbuchhalterin International fortgebildet. Seit war die Klägerin in verschiedenen Arbeitsverhältnissen als Sachbearbeiterin im Vertrieb, als Finanz- und Lohnbuchhalterin, als Leiterin des Rechnungswesens, als Teamleiterin (Bilanzierung und Lohn-/Gehalt), in der Konzernbuchhaltung und als Internationale Bilanzbuchhalterin tätig.

Die vorliegende Steuerberaterprüfung 2009 ist der dritte Versuch der Klägerin, die Steuerberaterprüfung zu bestehen.

Zur Steuerberaterprüfung 2006 wurde die Klägerin aufgrund ihres Antrags vom 5. Januar 2006 mit Zulassungsbescheid vom 28. Juni 2006 zugelassen. Mit Schreiben vom 23. August 2006 bestätigte das Bayerische Landesamt für Steuern der Klägerin auf ihren Antrag für die Erstellung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten eine tägliche Prüfungszeitverlängerung von 60 Minuten, weil die Klägerin aufgrund eines Unfalls an verminderter Stressbewältigung und Konzentrationsstörungen leidet. Die Klägerin erzielte im schriftlichen Teil eine Gesamtnote von 4,5 und im mündlichen Teil eine Gesamtnote von 4,28. Hieraus ergab sich ein Durchschnitt der Gesamtnoten von 4,39. Dementsprechend wurde der Klägerin im Anschluss an die mündliche Prüfung am 8. Februar 2007 mitgeteilt, dass sie die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe.

Auch bei der Steuerberaterprüfung 2007, zu der die Klägerin mit Zulassungsbescheid vom 14. März 2007 zugelassen wurde, erhielt sie für die schriftliche Prüfung eine tägliche Prüfungszeitverlängerung von 60 Minuten. Die Klägerin erzielte im schriftlichen Teil eine Gesamtnote von 4,33 und im mündlichen Teil eine Gesamtnote von 4,42. Hieraus ergab sich ein Durchschnitt der Gesamtnoten von 4,37. Dementsprechend wurde der Klägerin im Anschluss an die mündliche Prüfung am 27. März 2008 mitgeteilt, dass sie die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe.

Zur Ablegung der hier streitgegenständlichen Steuerberaterprüfung 2009 wurde die Klägerin aufgrund ihres Antrags vom 28. April 2009 mit Zulassungsbescheid vom 5. Juni 2009 zugelassen. Mit Telefax vom 28. Juli 2009 verzichtete die Klägerin auf die Gewährung der von ihr in ihrem Zulassungsantrag vom 28. April 2009 ursprünglich beantragten Prüfungserleichterungen bei der schriftlichen Prüfung. In den drei schriftlichen Prüfungsarbeiten erzielte sie die Einzelnoten 4,5 (Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete), 4,5 (Ertragsteuern) und 4,0 (Buchführung und Bilanzwesen). Hieraus ergab sich eine Schriftliche Gesamtnote von 4,33.

In der am … 2010 durchgeführten mündlichen Prüfung erhielt die Klägerin für den mündlichen Vortrag (gewähltes Thema: Der Anhang und Lagebericht) die Note 4,5 und f...

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