rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung des Steuerpflichtigen als Voraussetzung für eine Zuständigkeitsvereinbarung von Finanzämtern über die örtliche Zuständigkeit für den Steuerpflichtigen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zuständigkeit für die Besteuerung des Steuerpflichtigen kann mit dessen Zustimmung nach § 27 S. 1 AO auf ein anderes als das örtlich zuständige FA übertragen werden, ohne dass die Vereinbarung über den Zuständigkeitswechsel zweckmäßig sein muss (Anschluss an FG München, Urteil vom 17.11.2015 – 14 K 2326/15, EFG 2016, 523).

2. Die Aufhebung einer gemäß § 27 AO begründeten Zuständigkeitsvereinbarung bedarf nicht der Zustimmung des Steuerpflichtigen, der dem Abschluss der Zuständigkeitsvereinbarung zwischen den beteiligten Finanzämtern als Betroffener zugestimmt hatte.

3. Wurde die Zuständigkeitsvereinbarung ursprünglich getroffen, weil die Ehefrau des Steuerpflichtigen damals bei dem für die Einkommensteuer und die betrieblichen Steuern des Steuerpflichtigen örtlich zuständigen Finanzamt beschäftigt war, ist die Ehefrau zwischenzeitlich schon lange nicht mehr bei diesem Finanzamt beschäftigt und ist auch ein Wechsel der bei diesem Finanzamt für den Steuerpflichtigen zuständigen Bediensteten eingetreten, so hat sich die Sachlage geändert und der Widerruf der Zuständigkeitsvereinbarung durch das Finanzamt gegen den Willen des Steuerpflichtigen verstößt nicht gegen Treu und Glauben.

 

Normenkette

AO § 27 Sätze 1-3, § 17; VwVfG § 54; EStG § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BGB § 242

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.07.2021; Aktenzeichen VI R 13/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Verspätungszuschlägen zur Lohnsteuer für die Anmeldezeiträume Februar bis Juni 2015, insbesondere, ob der Beklagte (das Finanzamt A) für die Festsetzung der Lohnsteuern des Klägers örtlich zuständig war.

Der Kläger ist mit seiner Betriebsstätte im Bezirk des Finanzamts A Arbeitgeber. Die Ehefrau des Klägers war bis zum 31. Dezember 2001 beim Finanzamt A beschäftigt.

Das Finanzamt A und das Finanzamt B schlossen am 26./31. Mai 1994 eine Zuständigkeitsvereinbarung, wonach das Finanzamt B ab sofort für die Personen- und Betriebssteuern der Eheleute zuständig war. Zur Begründung wurde in der Vereinbarung auf die Amtsangehörigkeit der Ehefrau beim Finanzamt A und den Wunsch der Eheleute verwiesen. Der Kläger und seine Ehefrau hatten den Abschluss der Zuständigkeitsvereinbarung mit Schreiben vom 28. Januar 1994 beantragt. Die Zuständigkeitsvereinbarung wurde von den Amtsleitern der beteiligten Finanzämter unterzeichnet. Vor dem Abschluss dieser Vereinbarung scheiterte das Bestreben des Finanzamts A, mit anderen Finanzämtern eine entsprechende Zuständigkeitsvereinbarung abzuschließen, wegen deren fehlenden Einverständnisses. Erst nach Einschalten der übergeordneten damaligen Oberfinanzdirektion München kam die Zuständigkeitsvereinbarung vom 26./31. Mai 1994 zustande.

Mit Schreiben vom 25. November 2013 teilte das Finanzamt B dem Kläger und seiner Ehefrau mit, dass wegen der Beendigung des Angestelltenverhältnisses der Ehefrau des Klägers beim Finanzamt A und des zwischenzeitlich eingetretenen Wechsels der mit dem Besteuerungsverfahren betrauten Amtsträger der Grund für die im Jahre 1994 getroffene Zuständigkeitsvereinbarung entfallen und § 27 der Abgabenordnung (AO) nicht mehr anwendbar sei; hiermit waren der Kläger und seine Ehefrau nicht einverstanden. Das Bayerische Landesamt für Steuern forderte mit Schreiben vom 28. April 2014 das Finanzamt A auf, die Besteuerung der Eheleute zu übernehmen und legte seine Rechtsauffassung dem Kläger und seiner Ehefrau mit Schreiben vom 10. Juli 2014 dar; dies bestätigte auch das damalige Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (StMFLH) mit Schreiben vom 6. Oktober 2014.

Demgemäß teilte das Finanzamt A dem Kläger und seiner Ehefrau unter anderem für Zwecke der Anmeldung der Lohnsteuer eine auf das Finanzamt A lautende Steuernummer zu. Das Finanzamt B teilte dem Kläger und seiner Frau am 30. Juli 2014 zudem mit, dass es deren bei ihm als unzuständigem Finanzamt eingereichte Schreiben nicht mehr an das zuständige Finanzamt A weiterleiten, sondern unbearbeitet ablegen werde.

Mit Schreiben vom 4. November 2014 forderte das Finanzamt A den Antragsteller auf, die Lohnsteueranmeldungen nunmehr dem Finanzamt A zu übermitteln. Am 23. Februar 2015 forderte das Finanzamt A den Kläger nochmals schriftlich auf, die sein Unternehmen betreffenden Lohnsteueranmeldungen elektronisch beim Finanzamt A einzureichen. Sämtlichen Aufforderungen kam der Kläger nicht nach und gab die monatlichen Lohnsteueranmeldungen weiterhin ausschließlich beim Finanzamt B ab – bis Mai 2014 gemäß § 41a Abs. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdatenübermittlungsverordnung...

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