Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerabzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 4 EStG a. F. bei Zahlung an ausländischen Unternehmer für die Übertragung des Know-hows an einem Herstellungsverfahren. Know-how-Transfer als beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Einbehaltungs- und Abführungspflicht des Vergütungsschuldners nach § 50a Abs. 4 EStG knüpft daran an, dass die von dem Vergütungsschuldner geleisteten Zahlungen aus der Sicht des Vergütungsgläubigers dem Einkünftekatalog des § 49 EStG unterfallen.

2. Bei § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG handelt es sich u. a. um eine lückenschließende Bestimmung für Einkünfte aus der Überlassung gesetzlich nicht geschützten Erfahrungs- und Fachwissens (sog. Know-how).

3. Für die Verwirklichung des Tatbestands des § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG spielt es keine Rolle, dass der vereinbarte Technologietransfer im Streitfall letztlich nicht verwirklicht wurde, weil das Vertragsverhältnis vorzeitig beendet worden ist.

 

Normenkette

EStG 2007 § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f, Nr. 9, § 50a Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 S. 5; EStDV § 73g

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.10.2021; Aktenzeichen I R 18/18)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH mit Sitz in D, schloss am 27.07.2007 mit der Firma P kft (P), einer der deutschen GmbH vergleichbaren Kapitalgesellschaft ungarischen Rechs mit Sitz in …, Ungarn einen Vertrag, der laut Überschrift als „Vertrag über den exklusiven Transfer eines Verfahrens zur Herstellung eines Wirkstoffes … (nachfolgend X) verbunden mit dem Transfer des „know hows” und aller Prozessdokumentationen sowie der Vorführung des Verfahrens und der Lieferung von X und Zwischenstufen” bezeichnet wurde (nachfolgend als Technologietransfervertrag bezeichnet). Gemäß dem Vertrag ist P im Besitz eines Verfahrens zur Herstellung des Wirkstoffes X, welches seit … in der Betriebsstätte der P entwickelt, optimiert und durchgeführt worden ist und welches auf der internationalen Patentanmeldung der Fa. Q … beruht. P besitze derzeit das Recht, dieses Verfahren für die Wirkstoffproduktion exklusiv anzuwenden, wobei P derzeit seinerseits X exklusiv für Q produziere. P verfüge über Know-how und Einrichtungen zur Herstellung und Lieferung von pharmazeutischen Wirkstoffen nach GMP-Bedingungen und habe demgemäß Kriterien der GMP-Produktion im Zuge der Entwicklungsarbeiten berücksichtigt. Die Klägerin sei an der Übertragung des Rechtes der P zur exklusiven Herstellung mitsamt des Know-hows und der Dokumentationen für die Herstellung von X bzw. von dessen Vorstufen, welche nach dem oben genannten Verfahren und nach GMP-Bedingungen hergestellt werden sollten, durch P interessiert. Da die Klägerin über das hergestellte X nach eigenem Gutdünken verfügen wolle, werde für die exklusive Nutzung des Patentes der Q durch die Klägerin eine Regelung in einem gesonderten Lizenzvertrag getroffen. Es werde im Rahmen dieses Vertrages die Übertragung des Rechts der P zur exklusiven Herstellung von X übertragen. Die Klägerin erwerbe mit diesem Vertrag das uneingeschränkte Recht der Nutzung des durch P erarbeiteten Know-hows zur Herstellung von … X nach dem von der Q zum Patent angemeldeten Herstellungsverfahren. Verbunden sei das Recht auf Transfer jeder einzelnen Prozessstufe in die Produktionsanlagen der Klägerin. Auch wenn die Klägerin zunächst auf den kompletten Prozesstransfer verzichte und einzelne Prozessschritte bei der P belasse, bedeute dies in weiterer Folge keinen Verzicht auf dieses Recht. P verliere in gleichem Zug das Recht zur Produktion von X und seinen Zwischenstufen, sofern sie nicht von der Klägerin beauftragt werde und sich verpflichte, dafür zu sorgen, dass Informationen über das Verfahren bzw. Know-how zum Verfahren auch später nicht aus ihrem Bereich an Dritte weitergegeben würden. Hinsichtlich der weiteren von P zur erbringenden Leistungen, darunter die Lieferung von ca. 3x1 kg. X und 60 kg. HX, wird auf Ziff. 1 des Vertrages verwiesen. Ziff. 2 des Vertrages enthält ein Arbeitsprogramm und ein Zeitschema. Ziff. 3 des Vertrages legt die Qualitätsgrundlagen und Bedingungen des Technologietransfers fest, insbesondere von P einzuhaltende Qualitätskriterien, Besetzung des Transferteams und die Definition des Abschlusses des Transfers der jeweiligen Stufe. In Ziff. 4 sind weitere Pflichten der P bei der Durchführung des Technologietransfers geregelt, in Ziff. 5 die Mitwirkungspflichten der Klägerin. Dazu gehört auch eine Regelung, dass die Rechte zur Nutzung der Technologie auf P übergingen, wenn die Klägerin an einer weiteren Produktion nach dem Verfahren nicht interessiert sei. P werde im Falle einer späteren Verwertung maximal 50 % der für die Übertragung der Rechte geleisteten Zahlung an die Klägerin vergüten. Als Vergütung ist ein Pauschalbetrag von 1 Mio. EUR für die Übertragung der exklusiven Rechte zur Nutzung der Technologie, zur Abgeltung der Kosten für d...

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