Entscheidungsstichwort (Thema)

Wärmeabgabe aus einer sogenannte Kraft-Wärme-Koppelungsanlage als unentgeltliche Wertabgabe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG vorausgesetzte Zuwendung eines Gegenstandes erfasst auch die Abgabe von Wärme.

2. Subventionen und Zahlungen aus öffentlicher Hand an einen Unternehmer, der Leistungen an Dritte erbringt, gehören zum Entgelt für diese Umsätze, wenn der Zuschuss dem Leistungsempfänger zugutekommt.

3. Der sog. KWK-Bonus nach § 8 Abs. 3 EEG 2004, den der Betreiber einer Biogasanlage mit Blockheizkraftwerk von seinem Stromnetzbetreiber erhält, ist nicht als Entgelt von dritter Seite im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die Wärmeabgabe zu beurteilen. Vielmehr handelt es sich um eine Vergütung des Stromnetzbetreibers für den an ihn gelieferten Strom.

4. Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe sind grundsätzlich die Selbstkosten für die insgesamt produzierte Strom- und Wärmemenge je kWh. Liegen diese weit über dem bundesweit einheitlichen durchschnittlichen Fernwärmepreis des Vorjahres, können stattdessen die entsprechenden Durchschnittswerte angesetzt werden.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 1, 1b S. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 1 S. 3, Abs. 4 S. 1 Nr. 1; EGRL 112/2006 Art. 16 Abs. 1-2; EEG § 8 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.03.2022; Aktenzeichen V R 34/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Wärmeabgabe aus einer sog. Kraft-Wärme-Koppelungsanlage.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 1. Februar 2001 wurde die AA Stromerzeugung GbR als sogenannte Innengesellschaft gegründet. Gesellschafter sind neben dem Kläger, AA, seine Ehefrau AB sowie sein Sohn AC. Die Gesellschaft wird vom Kläger, der als Unternehmer die Geschäfte der Gesellschaft nach außen hin abwickelt, vertreten (vgl. Gesellschaftsvertrag). Gegenstand des Unternehmens ist die Stromerzeugung aus Biomasse in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) ohne Fremdbezug zur Verteilung. Die durch die Stromproduktion in dieser Kraft-Wärme-Koppelungsanlage (KWK-Anlage) ebenfalls entstehende Abwärme wurde z. T. auch zur Versorgung des privaten Wohnhauses, des von AA und AB betriebenen Hühnermaststalls (Hühnermaststall I), des von der AA GbR betriebenen Hühnermaststalls (Hühnermaststall II), des Fermenter sowie des Fernwärmenetzes der Gemeinde D verwendet. Der Kläger erhielt für den erzeugten Strom von seinem Stromnetzbetreiber neben der Mindestvergütung den sog. KWK-Bonus nach § 8 Abs. 3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 21. Juli 2004, BGBl I 2004, 1918).

Am 31. Juli 2007 vereinbarten die Gemeinde D (nachfolgend: Gemeinde) und der Kläger, dass der Erzeuger (Kläger) der Gemeinde zunächst für die Dauer von 20 Jahren Wärme durch die von ihm betriebene Biogasanlage für verschiedene Objekte der Gemeinde (z. B. für das Rathaus und das Feuerwehrhaus) unentgeltlich zur Verfügung stellt, solange der Erzeuger die Möglichkeit hat, einen sog. KWK-Bonus gemäß des zum Vertragszeitpunkt gültigen § 8 EEG zu erhalten (vgl. Vertrag über die Zurverfügungstellung und Abnahme von Wärme, nachfolgend: Vertrag, Tz.: 4.1, Rb-Akte, Bl. 68 ff). Für die dafür zu errichtende Infrastruktur und ggf. deren späteren Rückbau sollte die Gemeinde sorgen (vgl. Tz. 3 des Vertrags). Tz.4.2 des Vertrages lautet: „Sollte aufgrund gesetzlicher Regelungen eine unentgeltliche Zurverfügungstellung der Wärme nicht möglich oder der Erzeuger hierdurch Teile oder den kompletten KWK-Bonus gemäß derzeit gültigem EEG verlieren oder der KWK-Bonus nach EEG an sich wegfallen, werden die Vertragspartner eine Lösung vereinbaren, die für den Erzeuger das gleiche finanzielle Ergebnis bringt wie die Regelung des KWK-Bonus nach EEG. In diesem Fall wird der Erzeuger mit dem Verwerter (Gemeinde) nach einem Jahr eine Abrechnung über die gelieferte Wärme erstellen.”

Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 kam der Prüfer u. a. zu dem Ergebnis, dass die Wärmeabgabe an die Gemeinde sowie an die übrigen Einrichtungen unentgeltlich erfolgte. Er behandelte sie entsprechend dem BMF-Schreiben vom 10. September 2014, BStBl I 2014, 1287 als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Umsatzsteuergesetz in der in den Streitjahren maßgeblichen Fassung (UStG). Er erhöhte die ausweislich des Prüfungsberichts bisher in 2010 und 2011 nur für das Wohnhaus erklärte unentgeltliche Wertabgabe in Höhe von je 800 EUR um insgesamt netto 145.831 EUR (2010) bzw. 129.568 EUR (2011) und die bisher in 2012 für das Wohnhaus in Höhe von 4.630 EUR und für die Mastställe I und II in Höhe von 22.728 EUR bzw. 11.110 EUR erklärte unentgeltliche Wertabgabe um insgesamt 108.582 EUR. Dabei legte der Prüfer seiner Berechnung jeweils den bundeseinheitlichen durchschnittlichen Fernwärmepreis des Vorjahres zu Grunde, da die ermittelten Selbstkosten der Streitjahre s...

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