Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Dotationskapitals der inländischen Betriebsstätte einer ausländischen Versicherung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 3/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für inländische Versicherungsbetriebsstätten ist neben der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode auch die Mindestkapitalausstattungsmethode für die Zuordnung von Dotationskapital von Bedeutung, da sie die Untergrenze für die rechnerische Ausstattung mit Dotationskapital festlegt.

2. Die im Rahmen des § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG vorzunehmende Funktions- und Risikoanalyse, mit der die Gestalt und die Funktion der Betriebsstätte als fiktiv eigenständiges und unabhängiges Unternehmen bestimmt werden soll, bietet die Grundlage für die Art der Geschäftsbeziehungen zwischen der inländischen Betriebsstätte und dem ausländischen Unternehmen.

3. Bei Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten gemäß § 25 Abs. 1 BSGaV und § 25 Abs. 2 BsGaV dürfen auch Schwankungsrückstellungen berücksichtigt werden. Hingegen sind Abrechnungsforderungen aus dem Rückversicherungsgeschäft nicht einzubeziehen.

4. Das Mindesteigenkapital, das ein selbständiges Versicherungsunternehmen in der Situation der Versicherungsbetriebsstätte im Inland versicherungsaufsichtsrechtlich ausweisen müsste, darf durch die inländische Versicherungsbetriebsstätte nicht unterschritten werden.

 

Normenkette

KStG § 2 Nr. 1; AStG § 1 Abs. 5; BsGaV §§ 25, 12; HGB § 341h

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine in X (EU-Ausland) ansässige Aktiengesellschaft mit einer inländischen Zweigniederlassung. Gegenstand ihres Unternehmens ist das Rückversicherungsgeschäft sowohl im Lebens- als auch im Nichtlebensbereich.

In ihrer für die inländische Versicherungsbetriebsstätte eingereichten Körperschaftsteuererklärung 2015 gab die Klägerin das Dotationskapital in Höhe eines Negativbetrags an. Sie wies gegenüber dem Finanzamt ausdrücklich darauf hin, dass ihre Berechnungsweise den von der Finanzverwaltung aufgestellten Grundsätzen (vgl. Randnummer (Rn) 320 Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa); Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. Dezember 2016, BStBl I 2017 S. 182) widerspreche. Die Berechnung sei nach der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode (§ 25 Abs. 1 und 2 Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (BetriebsstättengewinnaufteilungsverordnungBsGaV) erfolgt.

Abweichend davon errechnete das Finanzamt unter Anwendung der sogenannten Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten nach § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV, Rn 320 VWG BsGa ein positives Dotationskapital. Den Berechnungen wurden die Verhältnisse zu Beginn des Wirtschaftsjahres zugrunde gelegt. Das fiktive aufsichtsrechtliche Mindestkapital wurde nach den Vorschriften der Verordnung über die Kapitalausstattung von Versicherungsunternehmen (Kapitalausstattungs-Verordnung – KapAusstV 1983) ermittelt. Das Finanzamt nahm außerdem eine zusätzliche indirekte Zurechnung von Vermögenswerten vor, die der Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen und des Eigenkapitals dienten (§ 25 Abs. 4 BsGaV).

Mit der dagegen gerichteten Klage wendet sich die Klägerin gegen die von der Betriebsprüfung vorgenommene Berechnung des Dotationskapitals und hält diese in drei Punkten für unzutreffend:

  1. Entgegen der Ansicht des Finanzamts sei es zulässig, die Bestimmung des Dotationskapitals unter Berücksichtigung von Jahresdurchschnittswerten vorzunehmen.
  2. Darüber hinaus seien Abrechnungsforderungen aus dem Rückversicherungsgeschäft in die nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BsGaV zu verteilenden Vermögenswerte einzubeziehen.
  3. Schließlich sei die vom Finanzamt angewandte Mindestkapitalausstattungsmethode (§ 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV) im Streitfall nicht anwendbar, sondern greife nur, wenn die Öffnungsklausel des § 25 Abs. 3 Satz 1 BsGaV zur Anwendung komme.

Zu Punkt 1:

Bei der Bestimmung des Dotationskapitals sei nicht auf die Werte der Bilanzpositionen zum 1. Januar 2015 abzustellen. Durch die Verwendung von Jahresdurchschnittswerten werde ein getreulicheres Abbild der wirtschaftlichen Situation erreicht. Die nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BsGaV zu verteilenden Vermögenswerte, die der Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen und des Eigenkapitals der Klägerin dienten, seien nach den im Ansässigkeitsstaat allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen (GAAP) und auf Basis von Jahresdurchschnittswerten aus Sicht der Klägerin mit insgesamt … EUR anzusetzen (vgl. Tabelle 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 30. Oktober 2020). Der anzuwendende Allokationsschlüssel errechne sich aus dem Verhältnis der versicherungstechnischen Rückstellungen der Klägerin zu den in der Bilanz des im EU Auland ansässigen Unternehmens insgesamt ausgewiesenen versicherungstechnischen Rücksteilungen gemäß GAAP mit 28,6 % (vgl. Tabelle 2 zum Schriftsatz der Klägerin vom 30. Oktober 2020).

Das Dotationskapital eine...

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