Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerkürzung bei Kfz-Privatnutzung. Nachweis einer nur betrieblichen Nutzung eines Kfz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Anscheinsbeweis, dass ein Kfz typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt wird, kann entkräftet werden, indem ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt. Zum Nachweis einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung bedarf es objektiv nachprüfbarer Unterlagen, wie z. B. eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs. Allerdings kann der Nachweis, ein betriebliches Kfz nicht für private oder unternehmensfremde Zwecke eingesetzt zu haben, auch auf andere Art und Weise als durch die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs geführt werden (vgl. BFH v. 21.12.2006, VI B 20/06, BFH/NV 2007, 716).

2. Die Führung eines Fahrtenbuches kann nicht unter Hinweis auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 AO verweigern werden.

3. Es ist gemeinschaftsrechtlich ausdrücklich zugelassen, dass in den Mitgliedstaaten neben der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten auch die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten vorgenommen wird.

 

Normenkette

UStG 1999 § 15 Abs. 1b; AO § 102; EWGRL 388/77 Art. 10 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.12.2010; Aktenzeichen XI B 7/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Kürzung des Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung eines dem Unternehmen des Klägers zugeordneten Kfz und ob das deutsche Umsatzsteuerrecht gemeinschafts- bzw. verfassungswidrig ist.

Der Kläger erzielt steuerpflichtige Umsätze aus der selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Im Rahmen einer bei ihm durchgeführten Außenprüfung erhöhte der Prüfer die steuerpflichtigen Umsätze für 2000 um 21.383,– DM und brachte bei der Bemessungsgrundlage wegen der Privatnutzung des am 16. August 2000 für das Unternehmen des Klägers angeschafften Audi A 8 nach der 1 %-Regelung weitere 11.136,– DM zum Ansatz. Als abziehbare Vorsteuerbeträge wurden zusätzlich 1.917,24 DM aus der Anschaffung des Audi A 8 anerkannt.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA) setzte daraufhin mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 23. August 2006 die Umsatzsteuer 2000 unter Erhöhung der Bemessungsgrundlage um 32.519,– DM und entsprechender Erhöhung der abziehbaren Vorsteuerbeträge auf 50.743,00 DM (= 25.944,48 EUR) fest.

Auf den hiergegen eingelegten Einspruch hin setzte das FA die Umsatzsteuer 2000 mit Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2009 auf 50.413,– DM (= 25.775,76 EUR) herab, indem es den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Audi A 8 i.H.v. 1.917,24 DM und den laufenden Kfz-Kosten i.H.v. 987,– DM gemäß § 15 Abs. 1b Umsatzsteuergesetz in der im Streitjahr maßgeblichen Fassung (UStG 1999) um 50 % (= 1.452,12 DM) kürzte und im Gegenzug gemäß § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG 1999 für die Privatnutzung des Audi A 8 keine unentgeltliche Wertabgabe mehr ansetzte.

Mit seiner hiergegen erhoben Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor, dass ihm das FA zu Unrecht eine gemischte Nutzung des Audi A 8 unterstellt habe. Er habe ausreichend dargelegt, dass er den Audi A 8 nur für dienstliche Fahrten und den Golf nur für Privatfahrten genutzt habe.

Die ihm gegenüber erfolgte Festsetzung der Umsatzsteuer sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Die Soll-Besteuerung widerspreche dem Wesen der Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer. Er, der der Ist-Besteuerung unterliege, sei gegenüber seinen Mandanten, die der Soll-Besteuerung unterliegen, benachteiligt, da diese anhand der gestellten Rechnungen, die Vorsteuer geltend machen könnten, ohne ihn zu bezahlen und dabei anhand seiner Rechnungen Liquiditätsvorteile oder bei nachfolgender Insolvenz Geldvorteile erlangten. Aufgrund struktureller Erhebungsdefizite und des Soll-Prinzips komme es zu Mehrwertsteuerausfällen in einem so erheblichen Ausmaß, dass das Umsatzsteuergesetz gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße und damit verfassungswidrig sei.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Umsatzsteuerbescheids für 2000 vom 23. August 2006 und der Einspruchsentscheidung, die Umsatzsteuer für 2000 auf 0,– EUR herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen

und nimmt hierzu auf seine Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2009 Bezug.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamtsakte und die im Verfahren eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung hingewiesen.

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2009 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

Die Umsatzsteuerfestsetzung für 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

1. Das FA hat den Vorsteuerab...

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