rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Bestandskraftwirkung eines den Kindergeldanspruch ablehnenden Bescheids bis zum Monat seiner Bekanntgabe bei abweichendem Regelungsgehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Lehnt die Familienkasse einen Antrag auf Kindergeld ab, entfaltet der Ablehnungsbescheid keine Bestandskraftwirkung bis zum Monat seiner Bekanntgabe, wenn sich für den Anspruchsteller aus dem Gesamtinhalt des Bescheides ergibt, dass die Familienkasse den Kindergeldanspruch nicht bis zum Bekanntgabezeitpunkt, sondern nur für einen kürzeren Zeitraum geprüft hat.

 

Normenkette

AO § 119 Abs. 1, § 121 Abs. 1, § 91 Abs. 1, § 110; BGB §§ 133, 157

 

Tenor

1. Der Ablehnungsbescheid vom 14.07.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.08.2009 wird insoweit aufgehoben, als hierin die Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar 2008 bis April 2008 abgelehnt wurde.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 5/7 und die Beklagte zu 2/7.

5. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist der Vater der am …09.1987 geborenen R. R befand sich ab 01.03.2007 in einem Berufsausbildungsverhältnis zur …beamtin. Am 27.06.2007 beantragte der Kl für R Kindergeld.

Die Beklagte (die Familienkasse – FK –) stellte weitere Ermittlungen zu den Einkünften und Bezügen der R an und nahm am 23.04.2008 eine abschließende Berechnung der Einkünfte und Bezüge für das Kalenderjahr 2007 vor. Unter Ansatz von Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 8.903,50 EUR und Werbungskosten in Höhe von 1.380,50 EUR wurden anzusetzende Einkünfte in Höhe von 7.523 EUR ermittelt. Die FK lehnte daraufhin mit Bescheid vom 23.04.2008 die Kindergeldfestsetzung ab März 2007 wegen Überschreitung des anteiligen Grenzbetrags (10/12 von 7.680 EUR) ab. In der Begründung wies sie darauf hin, dass die angegebenen erhöhten Werbungskosten in Höhe von 1.380,50 EUR berücksichtigt worden seien. Hiergegen erhob der Kl keinen Einspruch.

Mit Formblattschreiben vom 26.05.2009 beantragte der Kl erneut Kindergeld und legte dem Antrag eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen für das Kalenderjahr 2007 sowie weitere Belege hierzu bei.

Die FK lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 14.07.2009 ab und führte zur Begründung u.a. aus, dass eine neue Kindergeldfestsetzung erst ab dem Folgemonat nach Bekanntgabe des ursprünglichen (bestandskräftigen) Bescheides möglich sei. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 18.08.2009 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Der Ablehnungsbescheid vom 23.04.2008 stelle keinen verbindlichen Verwaltungsakt dar, da er über eine unzureichende Begründung verfüge. Für den Kl sei nicht ersichtlich gewesen, weshalb das beantragte Kindergeld nicht gewährt worden sei. Die durchgeführte Berechnung sei dem Bescheid nicht beigefügt gewesen und dem Kl erst im Nachhinein bekannt geworden. Der Bescheid sei daher nicht wirksam, sondern nichtig. Folglich sei auch die Einspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Jedenfalls liege ein Begründungs- und Anhörungsfehler vor. Insoweit hätte die FK den Antrag des Kl vom 26.05.2009 als Wiedereinsetzungsantrag werten müssen. Die FK habe auch nicht beachtet, dass die Weisung bestanden habe, Ablehnungsbescheide im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung der Fahrtkostenpauschale mit einem Vorbehaltsvermerk zu versehen.

Der Kl beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 23.04.2008 und den Ablehnungsbescheid vom 14.07.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.08.2009 aufzuheben und die FK zu verpflichten, zu Gunsten des Kl Kindergeld ab März 2007 festzusetzen.

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und ergänzend darauf, dass der Ablehnungsbescheid vom 23.04.2008 nicht nichtig sei. Zudem habe der Kl aufgrund des hinsichtlich der Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit von seinen Angaben abweichenden Betrags erkennen können, dass die FK von anderen Zahlen ausgegangen ist.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 01.07.2010 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Die Klage ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Ablehnungsbescheid vom 23.04.2008 richtet, da der Bescheid infolge Versäumung der Einspruchsfrist Bes...

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