Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligungsveräußerung innerhalb mehrstöckiger Personengesellschaften: Gewerbesteuerschuldnerin und Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einkommensteuerlich können Personenhandelsgesellschaften Gesellschafter und Mitunternehmer einer Personenhandelsgesellschaft im Sinne des § 15 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein mit der Folge, dass bei einer mehrstöckigen Gesellschaftsstruktur die Gesellschafter der Obergesellschaft nicht zugleich auch die Mitunternehmer der Untergesellschaft sind.

2. Der Gewinn aus der Veräußerung oder Einbringung des Anteils eines Gesellschafters gehört zum Gewerbeertrag aus dem Betrieb nur derjenigen Gesellschaft, an der dieser Gesellschafter unmittelbar beteiligt ist.

3. Der Gewinn aus der Veräußerung bzw. Einbringung eines Mitunternehmeranteils ist nicht (hier nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG) steuerfrei, wenn im Falle einer mehrstöckigen Gesellschaftsstruktur die Anteilsveräußerung auf der Ebene der Obergesellschaft stattfindet und der Veräußerungsgewinn im Wesentlichen aus der Realisierung von stillen Reserven des Anlagevermögens von Untergesellschaften resultiert, die allein Gewerbeerträge aus einer steuerbefreiten Tätigkeit erzielen.

 

Normenkette

GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. b, § 7 S. 2 Nr. 2, § 5 Abs. 1 S. 3; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig sind die gewerbesteuerlichen Folgen eines im Wege der Ersatzrealisation nach § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 6 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) erzielten sog. Einbringungsgewinns I nach vorheriger Einbringung von Anteilen einer KG in eine ausländische GmbH.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (A-KG) gehörte bis zu ihrem Erlöschen zu einem Konzernverbund, der ganz überwiegend Krankenhäuser und Kliniken betreibt. Die A-KG wurde als Konzernobergesellschaft gegründet, um die Beteiligungen an diversen Klinik-KGs rechtlich zu bündeln und ein einheitliches Kreditrating zu erreichen. Sie hielt demzufolge meist 100% des Kommanditkapitals der beteiligten Klinik-KGs. Neben diesen Beteiligungen waren lediglich die Konzernzentrale sowie konzerninterne Forderungen und Bankguthaben im Betriebsvermögen der A-KG.

Ihre Komplementär-GmbH (A-GmbH), die überwiegend zugleich als Komplementärin der Klinik-KGs fungierte, erbrachte gesellschaftsübergreifende Tätigkeiten (Buchführung, Controlling, Rechts- und Steuerberatungsleistungen, einheitliches Marketing) für die Klinik-KGs.

Das Kapital der A-KG hielten bis zum Streitjahr ausschließlich zwei Kommanditisten, die B-GmbH zu 90,5% und die C-Stiftung zu 9,5%, beide mit Sitz in einem EU-Ausland. An der B-GmbH war wiederum die C-Stiftung zu 90,1% beteiligt.

In 2010 kam es zu einer Umstrukturierung des Konzerns. Die C-Stiftung brachte ihre Beteiligung an der A-KG (9,5%) auf Antrag (§ 20 Abs. 1 und 2 Satz 2 UmwStG) zu Buchwerten in die B-GmbH ein und erhielt dafür Anteile an der B-GmbH. Insgesamt wuchs die Beteiligung der C-Stiftung an der B-GmbH auf 91,2 %. Die erhaltenen Anteile an der B-GmbH unterlagen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG der Sperrfrist von 7 Jahren.

In 2021 wurde die C-Stiftung aufgelöst. Das Stiftungsvermögen, darunter die Beteiligung an der B-GmbH, wurden auf X als Letztbegünstigtem übertragen. X verlegt seinen Wohnsitz in 2012 in ein Nicht-EU-Ausland. Die Auskehrung der sperrfristbehafteten Anteile an der B-GmbH erfolgte in 2013 an X, der als Rechtsnachfolger der C-Stiftung als Einbringender i.S.d. § 22 Abs. 6 UmwStG galt. Wegen der Wohnsitzverlagerung waren bei X die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UmwStG nicht mehr gegeben, so dass der Ersatzrealisationstatbestand des § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 6 UmwStG rückwirkend im Streitjahr 2010 erfüllt war (Fiktion des sog. Einbringungsgewinns I unter Anwendung der Regelungen des § 22 Abs. 1 Sätze 1 bis 5 UmwStG). In 2014 gab die Klägerin an, dass der verpflichtende jährliche Nachweis nach § 22 Abs. 3 UmwStG nicht mehr erfolgen könne.

Im Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2010 war kein Einbringungsgewinn I aus o.g. Sachverhalt angesetzt.

Im Rahmen einer für die Jahr 2010 bis 2012 durchgeführten Außenprüfung kamen die Prüfer zu der Auffassung, dass infolge der Ersatzrealisation rückwirkend im Streitjahr sowohl im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung (Gewinnfeststellung) als auch im Rahmen des Gewerbesteuermessbetrags ein Einbringungsgewinn I i.H.v. … EUR anzusetzen sei, der – nach einer Unternehmensbewertung – errechnet wurde (§ 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG).

Dementsprechend erließ der Beklagte (Finanzamt -FA-) neben einem geänderten Gewinnfeststellungsbescheid einen geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheid, mit dem u.a. deswegen der Gewerbesteuermessbetrag erhöht wurde.

Den hiergegen gerichteten Einspruch begründete die Klägerin wie folgt:

Der Einbringungsgewinn sei nicht in den Gewerbeertrag einzubeziehen, da bei richtiger Lesart die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG darau...

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