Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsteuer: Beurteilung eines Mausoleums als Nachlassverbindlichkeit. nur Erstanlage der Grabstätte als „Grabstätte” im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 EStG. Vorrang des § 10 Abs.5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG vor § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter „angemessenem Grabdenkmal” im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG ist nur die Erstanlage der Grabstätte (unter anderem Grabstein, Grabeinfassung) zu verstehen. Ist der Erblasser bereits zeitnah nach seinem Tod in einem Grab bestattet worden hat und das Finanzamt die hierbei angefallenen Kosten (hier: 9.300 EUR) als Nachlassverbindlichkeiten zum Abzug zugelassen hat, scheidet der Abzug von Kosten einer weiteren Zweitgrabstätte (hier: Mausoleum) schon dem Grunde nach aus. Zudem sind Kosten eines Mausoleums in Höhe von 420.000 EUR im Verhältnis zur Höhe eines Nachlassvermögens von 556.938 EUR nicht „angemessen”.

2. Die Nichtabzugsfähigkeit der geltend gemachten Kosten für das Mausoleum verletzt nicht die Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG; Art. 9 Abs. 1 EMRK).

3. Betreffen Auflagen des Erblassers nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein Grabdenkmal oder die Kosten für die Grabpflege, so fallen sie ebenfalls unter den Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG und werden von ihm erfasst. § 10 Abs. 5 Nr.3 Satz 2 ErbStG enthält insoweit, als der Pauschbetrag angesetzt wird, eine spezielle Regelung, der Vorrang gebührt, und zwar in diesem Umfang auch gegenüber § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG.

 

Normenkette

ErbStG § 10 Abs. 5 Nrn. 1-2, 3 Sätze 1-2; BGB § 1922 Abs. 1, §§ 1940, 1967 Abs. 1; GG Art. 4 Abs. 1; EMRK Art. 9 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kosten für die Errichtung eines Mausoleums als Nachlassverbindlichkeit i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) abzugsfähig sind.

Der Kläger ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge der Alleinerbe seines am … in München verstorbenen Bruders …. (im Folgenden: Erblasser). Der Erblasser … wurde am … 2017 in … bestattet. Die Kosten für das Grabdenkmal betrugen 9.300 EUR.

Ausgehend von der am 1. Oktober 2018 beim beklagten Finanzamt (im Folgenden: FA) eingegangenen Erbschaftsteuererklärung, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, setzte das FA mit Erbschaftsteuerbescheid vom 16. Januar 2019 die Erbschaftsteuer i.H.v. 134.875 EUR fest. Hierbei ließ das FA Bestattungskosten i.H.v. 6.004 EUR sowie Grabpflegekosten i.H.v. 3.225 EUR als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zum Abzug zu. Der o.g. Bescheid erging vorläufig i.S.d. § 165 Abs. 1 der Satz 1 der Abgabenordnung (AO) hinsichtlich der Erbfallkosten, insbesondere der Kosten für ein Grabdenkmal.

Gegen den o.g. Bescheid vom 16. Januar 2019 legte der Kläger Einspruch ein und beantragte den Abzug von Kosten für die Erstellung eines Mausoleums i.H.v. 420.000 EUR als Nachlassverbindlichkeit.

Mit Bescheid vom 18. April 2019 setzte das FA unter Berufung auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die Erbschaftsteuer auf 134.225 EUR herab. Hierbei ließ das FA erstmals Kosten für ein Grabdenkmal i.H.v. 9.300 EUR als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zu, die Kosten für das Mausoleum berücksichtigte es nicht.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2019 wies das FA den Einspruch des Klägers gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom 16. Januar 2019 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 18. April 2019 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die am 28. August 2019 bei Gericht eingegangene Klage, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen Folgendes vorträgt: Die Kosten für das Mausoleum seien nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG, jedenfalls nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. So sei er, der Kläger, seinem Bruder, dem Erblasser sowohl vertraglich als auch sittlich-moralisch verpflichtet gewesen, das versprochene Mausoleum zu errichten. Auch sei das Mausoleum Teil der „Erstanlage der Grabstätte” des Erblassers. Auch seien die Kosten für die Errichtung des Mausoleums angemessen, da der Erblasser keine Kinder habe und sein islamischer Glaube mit einem solchem Baudenkmal in Einklang stehe. Da er bereits 80.000 EUR für das Baudenkmal bezahlt habe, sei dieser Betrag steuermindernd bei der Erbschaftsteuerfestsetzung zu berücksichtigen und hinsichtlich des (noch nicht bezahlten) Restbetrags i.H.v. 340.000 EUR sei der Vorläufigkeitsvermerk aufrechtzuerhalten.

Der Kläger beantragt,

den Erbschaftsteuerbescheid vom 16. Januar 2019 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 18. April 2019 und der Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2019 dahingehend zu ändern, dass weitere Nachlassverbindlichkeiten i.H.v. 80.000 EUR zum Abzug zugelassen werden und die Erbschaftsteuer entsprechend vermindert wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA trägt in ...

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