rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Festsetzungsfrist für die Erbschaftsteuer. Verjährung ErbSt § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO. Erbschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frist für die Festsetzung der Erbschaftsteuer beginnt schon mit Ablauf des Jahres, in dem der Erwerbsvorgang dem zuständigen FA in einer Weise bekannt wird – sei es durch Abgabe einer Steuererklärung oder Anzeige nach § 30 Abs. 1 ErbStG oder durch Mitteilung einer Amtsperson i. S. des § 30 Abs. 3 ErbStG –, dass es – ggf. nach weiteren Ermittlungen – prüfen kann, ob ein erbschaftsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt oder nicht.

2. Eine Kenntnis i. S. des § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO liegt bereits bei Kenntnis von der allgemeinen gesetzlichen Erbfolge vor. Aus der BFH-Entscheidung vom 8. März 1989 II R 63/86 (BFH/NV 1990, 444), nach der der BFH bei gesetzlicher Erbfolge Kenntnis i. S. der Vorschrift dann annimmt, wenn der Erbe sicher weiß, dass ein Verwandter vorhergehender Ordnung nicht vorhanden ist und zu welchem Anteil er am Erbe beteiligt ist, weil er dann in der Lage ist und von ihm auch erwartet werden kann, dass er seine Anmelde- und Anzeigepflicht erfüllt, kann nicht gefolgert werden, dass bei einer Nachlassspaltung wegen ausländischer Erblassergrundstücke eine solche Kenntnis erst vorliegt, wenn der Erwerber die jeweilige Rechtsnachfolge nach ausländischem Erbstatut kennt.

3. Sinn der Regelung des § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO ist es, Schwierigkeiten zu vermeiden, die auftreten können, wenn der Erbe oder ein anderer Begünstigter erst nach Jahren Kenntnis von seinem Erwerb erhält und deshalb auch nicht in der Lage ist, seiner Anzeigepflicht nach § 30 ErbStG so rechtzeitig nachzukommen, dass die Veranlagung vor Ablauf der sich aus § 170 Abs. 1 und 2 AO ergebenden Frist erfolgen kann.

 

Normenkette

AO 1977 § 170 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 2; ErbStG § 30 Abs. 1, 3

 

Tenor

1. Der Änderungsbescheid vom 7. November 1996 und die Einspruchsentscheidung vom 28. September 1998 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

Streitig ist, ob zum Zeitpunkt der Änderung der Erbschaftsteuerfestsetzung die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war (§ 170 Abs. 5 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz –ErbStG–).

I.

Die am … 1984 verstorbene Erblasserin Frau A. wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge von ihrem Ehemann, B. zu ½-Anteil sowie von ihren Kindern, … (Kläger), … und Frau … zu je 1/6-Anteil beerbt (s. Erbschein des Amtsgerichts Miesbach vom 23. Oktober 1984, Bl. 61/3 Band I FA-Akten).

Zum Nachlass gehörte u. a. ein Ferienhaus in …/Frankreich, dessen Wert in der nach Aufforderung vom 8. November 1984 (Bl. 34/Band I FA-Akten) vorgelegten Erbschaftsteuererklärung vom 2. August 1985 (Bl. 49) mit 130.000 DM (Anschaffungskosten) erklärt wurde (s. Bl. 48 FA-Akten) und bei einer Änderung der Erbschaftsteuerfestsetzung einvernehmlich vom Beklagten, dem Finanzamt (FA), auf 180.000 DM erhöht wurde (s. Bl. 61/21 FA-Akten). Die gegenüber den Erben ergangenen geänderten Bescheide vom 22. Dezember 1989 (Bl. 61/76 FA-Akten) ergingen vorläufig, u. a. hinsichtlich der Zurechnung und des Wertes des Ferienhauses am Todestag (s. Beilage zum Steuerbescheid Bl. 61/75 FA-Akten). Entsprechende Anfragen hierzu blieben ebenso wie die eingelegten Einsprüche erfolglos. In den endgültigen Bescheiden vom 11. Dezember 1991 wurde der Wert unverändert mit 180.000 DM zugrunde gelegt und hiervon 1/6 dem Kläger und ½ dem Miterben B. … zugerechnet. Die dagegen eingelegten Einsprüche wurden nicht begründet. Das seit 1. Januar 1992 örtlich zuständige Finanzamt … (vorher Finanzamt München für Grundbesitz und Verkehrsteuern) kündigte mit Schreiben vom 10. Januar 1996 (Bl. 46/Band II FA-Akten) eine Änderung der Bescheide vom 11. Dezember 1991 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) an, wonach der Wert des Ferienhauses lt. erzieltem Einvernehmen im Rahmen einer Betriebsprüfung mit 504.631 DM anzusetzen sei (Bl. 42/Band II FA-Akten). Der entsprechende Betriebsprüfungsbericht der Oberfinanzdirektion … beim FA am 3. Juni 1996 ein (Bl. 108/Band II FA-Akten). Daraus ergibt sich neben der Bewertung (s. Tz. 2.3.1 des Betriebsprüfungsberichts, Bl. 127/Band II FA-Akten) u. a., dass nach dem maßgebenden französischen Erbrecht das Eigentum direkt auf die Abkömmlinge übergehe, während der überlebende Ehegatte bis zu seinem Ableben am 3. Oktober 1988 nur ein Nutzungsrecht gehabt habe (s. Tz. 2.3.2, Bl. 127/Band II FA-Akten). Über diese zur Erbschaftsteuer (Wertfeststellung auf 504.631 DM) bzw. zur Vermögensteuer (erbrechtliche Zurechnung) getroffenen Feststellungen sei Einigung erzielt worden. Zur Erbfolge bezüglich des Ferienhauses in Frankreich legte der steuerliche Vertreter des Klägers eine Stellungnahme des … von der Juristischen ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge