Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsnachfolge in einer KG nach Tod des Komplementärs. Erbengemeinschaft als Komplementärin einer Liquidationsgesellschaft. Gewinnfeststellungsbescheid für Liquidationsgesellschaft. zweistufiges Feststellungsverfahren. Bindungswirkung des Grundlagenbescheides

 

Leitsatz (amtlich)

1. Fehlt im Gesellschaftsvertrag einer KG eine Nachfolgeklausel, so führt der Tod des Komplementärs nach § 131 Abs. 1 Nr. 4 HGB i.d.F. bis zum Inkrafttreten des HRefG am 1.7.1998 zur Auflösung der Gesellschaft, nicht aber zu deren sofortige Beendigung. Anstelle des verstorbenen Komplementärs tritt die aus dessen Erben bestehende Erbengemeinschaft als persönlich haftende Gesellschafterin in die Liquidationsgesellschaft ein.

2. Im Gewinnfeststellungsbescheid für die KG ist neben dem laufenden Gewinn der KG bis zum Zeitpunkt ihrer Beendigung durch Erbauseinandersetzung auch ein etwaiger Entnahmegewinn zu erfassen, der im Rahmen der Erbauseinandersetzung entstanden ist. Der Gewinnfeststellungsbescheid für die KG ist Grundlagenbescheid für das für die Erbengemeinschaft durchzuführende Feststellungsverfahren; der Feststellungsbescheid für die Erbengemeinschaft wiederum ist Grundlagenbescheid für die Einkomensteuerfestsetzung der Beteiligten der Erbengemeinschaft (zweistufiges Feststellungsverfahren).

 

Normenkette

HGB § 131 Abs. 1 Nr. 4 a.F.; AO § 179 Abs. 1 i.V.m, § 180 Abs. 1 Nr. 2a, § 182 Abs. 1, § 155 Abs. 2

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller sind die Söhne des am 8. April 1993 verstorbenen E. E betrieb die Firma A. zunächst als Einzelunternehmen. Mit Vertrag vom 13. Januar 1984 wurde die A-Kommanditgesellschaft (KG) gegründet, an der E. Komplementär und sein Sohn H. als Kommanditist beteiligt waren und die das bisherige Einzelunternehmen fortführte. § 11 des Gesellschaftsvertrages lautete wie folgt: „Verstirbt der persönlich haftende Gesellschafter, so ist der Kommanditist, H., berechtigt, das Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven zu übernehmen.” Sonstige Bestimmungen über die Fortführung der Gesellschaft beim Tod des Komplementärs enthielt der Vertrag nicht. E. war ferner Alleingesellschafter der H-GmbH. Die Beteiligung an der H-GmbH war in den Bilanzen der KG als Betriebsvermögen ausgewiesen.

E. hat in seinem Testament vom 20. Oktober 1982 seine beiden Söhne H. und S. je zur Hälfte als Erben eingesetzt. Im Wege der Teilungsanordnung bestimmte er, dass H. das Einzelunternehmen A. erhalten soll und sein Sohn S. das Unternehmen H-GmbH.

Am 4. August 1993 setzen sich H. und S. über den Nachlass ihres Vaters auseinander. H. übernahm das Unternehmen A., S. die Anteile an der H-GmbH sowie Privatgrundstücke.

Das Finanzamt (FA) hat zunächst eine qualifizierte Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag der KG angenommen mit der Folge, dass S. nicht Gesellschafter der KG, sondern H. unmittelbar Rechtsnachfolger von E. in der KG geworden sei. Das FA setzte bei der KG ein Entnahmegewinn an, weil die Beteiligung an der H-GmbH nicht mehr einem Gesellschafter der KG zuzurechnen sei. Nachdem der für die KG erlassene Gewinnfeststellungsbescheid mit Einspruch angefochten wurde, geht das FA nunmehr davon aus, dass der Gesellschaftsvertrag keine Nachfolgeklausel enthielt und die KG nur bis zum Tod des E. bestanden hat. In der Zeit zwischen 9. April 1993 und der Auseinandersetzung am 4. August 1993 habe eine aus H. und S. bestehende Erbengemeinschaft das Unternehmen A. fortgeführt. Das FA erließ am 15. Mai 2000 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für die Erbengemeinschaft und setzte darin neben dem pro-rata-temporis ermittelten laufenden Ergebnis des Unternehmens A. im Zeitraum 9. April bis 4. August 1993 in Höhe von – 69.146 DM einen Entnahmegewinn in Höhe von 5.973.227 DM für die Beteiligung an der H-GmbH fest. Die laufenden Einkünfte und der Entnahmegewinn wurden zu je ½ auf H. und S. verteilt.

Über das in der Hauptsache anhängige Klageverfahren (Az. 9 K 5400/01) hat der Senat noch nicht entschieden.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2001, die Akten, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und das Protokoll über die Erörterung des Sach- und Rechtsstandes vom 7. Mai 2002 Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt,

bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Vollziehung des Gewinnfeststellungsbescheides 1993 vom 15. Mai 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2001 wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit in voller Höhe auszusetzen.

Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,

den Antrag abzulehnen, hilfsweise die Aussetzung der Vollziehung nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag ist zulässig. Dabei legt der Senat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung und die Klage im Hauptsacheverfahren dahin aus, dass Antragsteller bzw. Kläger die Mitglieder der ehemaligen Erbengemeinschaft sind und nicht die Erbengemeinschaft als solche, da diese nicht mehr existent ist und damit n...

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